Wochenblatt: Herr Assheuer, der fehlende Regen beschäftigt aktuell die Landwirtschaft. Wie ist die derzeitige Lage auf Milchvieh-, Mutterkuh- und Bullenmastbetrieben?
Assheuer: Aktuell müssen weder Kühe noch Bullen hungern. Auf Milchvieh- und Mutterkuhbetrieben konnte in diesem Jahr der erste Aufwuchs des Grünlandes mit hervorragender Qualität und Menge eingebracht werden. Bullenmäster füttern derzeit noch den Silomais aus dem Vorjahr.
Der nächste Winter könnte für Rinderhalter allerdings länger werden als üblich. Aufgrund der Trockenheit ist der Grünlandaufwuchs zum Erliegen gekommen. Kuhhalter füttern bereits jetzt ihre Futterreserven und das bei deutlich geringer ausfallenden zweiten und dritten Grünlandschnitten als üblich.
Besonders dramatisch entwickelt sich die Situation beim Silomais. Hier sind vor allem die Betriebe im westlichen Münsterland und am mittleren Niederrhein betroffen. Aber auch andernorts ist mit erheblichen Mindererträgen zu rechnen.
Wochenblatt: Schätzen Sie die Sorgenfalten der Tierhalter im Hinblick auf die mögliche Futterknappheit als berechtigt ein?
Assheuer: Sorgenfalten allein machen keine Rinder satt. Jetzt kommt es darauf an, einzelbetrieblich die richtigen Schritte einzuleiten. Dazu gehört zunächst einmal, die vorhandenen und die noch zu erwartenden Futtermengen zu ermitteln und dem Viehbestand gegenüberzustellen. Hier müssen für das Winterhalbjahr etwa 15 m3 Silagemenge je Großvieheinheit (GV) eingeplant werden. Mit jedem Monat vorzeitiger Silagefütterung kommen noch einmal 2 bis 3 m3 je GV hinzu. Anschließend gilt es, die zu erwartende Futterlücke zu schließen.
Wochenblatt: Was können die Betriebe tun? Worauf kommt es jetzt an?
Assheuer: Dort, wo die Futterknappheit schon früh absehbar war, haben sich Rinderhalter rechtzeitig Getreide-Ganzpflanzen-Silagen (GPS) gesichert. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch der Zukauf von energiereichen Saftfuttermitteln, allen voran Biertreber und Pressschnitzel, eine Alternative.
Auch der Austausch von Silomais durch Weizen und Stroh in der Ration ist möglich, wird aber nur selten praktiziert. Hält die Trockenheit an, dürfte auch ein Großteil der ursprünglich 70 000 ha Körnermaisfläche in NRW zur Silage angeboten werden und zu einer Entspannung führen. Zusätzlich kann der Anteil an Wintergetreide in der Fruchtfolge erhöht werden, um im nächsten Frühsommer selbst GPS ernten zu können.
Grundsätzlich sollte alles unternommen werden, um eine zwangsweise Abstockung des Viehbestandes zu vermeiden. Dies würde zu einem Umsatzrückgang bei gleichbleibenden Festkosten führen. Und wer weiß, eine Futterknappheit hätte nicht zum ersten Mal einen höheren Milchpreis zur Folge.
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