Mehr als „nur“ Holz

Nicht nur Privatwaldbesitzer blicken derzeit mit gemischten Gefühlen nach Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof könnte die tätige Mithilfe der Forstbehörden kippen und damit viele Tausend Hektar Wald sich selbst überlassen. Volkswirtschaftliche Konsequenzen hätte dies beonders für ländliche Räume.

Am kommenden Dienstag geht der Rechtsstreit zwischen dem Bundeskartellamt und dem Land Baden-Württemberg vor dem Bundesgerichtshof in die nächste Runde.

Die Sitzung wird auch von der Forstpartie in Nordrhein-Westfalen gespannt verfolgt – mit gemischten Gefühlen. Denn je nach Prozessausgang könnte die sogenannte tätige Mithilfe der Forstbehörde gekippt werden. Damit würde Wald und Holz NRW untersagt, aktiv Waldbau für den Privatwaldbesitz zu betreiben – selbst zu Vollkosten. Besonders für den Kleinstprivatwald hierzulande wäre das ein Desaster, welches an preußische Verhältnisse erinnert.

Damals kümmerten sich die preußischen Förster infolge der klammen Kassen durch die Kriege gegen Napoleon ausschließlich um den Großprivatwald. Hier ließen sich schnell und mit wenig Aufwand große Holzmengen mobilisieren. Um den Kleinstprivatwald kümmerte sich niemand. Dementsprechend waren die waldbaulichen Verhältnisse verheerend.

Eine erste wirkliche Kleinstprivatwaldbetreuung richtete die Landwirtschaftskammer zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein und intensivierte sie nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit dem Aufbau der Kammerforstämter kam die flächendeckende forstliche Betreuung in Schwung. Die Förster standen den Waldbesitzern mit Rat und Anleitung zur Seite. Die Wälder wurden gepflegt und nachhaltige Forstwirtschaft betrieben. Bis heute.

Mit dem Ausstieg von Wald und Holz NRW aus der gebündelten Rohholzvermarktung für Privat-, Staats- und Kommunalwald sind die etwa 150. 000 Waldbesitzer vom kommenden Jahr an selbst für die Vermarktung ihres Rohholzes zuständig. Eines steht bereits fest: Für den Kleinstprivatwald droht Forstwirtschaft sich nicht mehr zu lohnen.

Viele Tausend Hektar Wald würden dann sich selbst überlassen werden. Das ist auch volkswirtschaftlich nicht ohne Konsequenzen. Bleibt das Holz aus dem Kleinstprivatwald ungenutzt, schwächt das die Wertschöpfungskette „Forst und Holz“ – eine der derzeit größten Arbeitgeber im Land, besonders im ländlichen Raum.

Die Folgen für das Klima durch die fehlende Kohlenstoffdioxid-Bindung sind genauso wenig absehbar wie der Einschnitt in die Erholungsfunktion des Waldes. Ohne regelmäßige Pflegeeingriffe entmischen sich Wälder, werden dunkler und unattraktiver. Das Urteil des ­Bundesgerichtshofes ist deshalb für alle weg­weisend – ­Privatwaldbesitzer oder nicht.