Die Entsorgung von toten Tieren ist keine schöne Aufgabe. Glücklicherweise kümmern sich darum Spezialfirmen. Im Kreis Coesfeld ist dafür die Firma Secanim aus Lünen zuständig. Seit Jahresbeginn nutzt das Unternehmen dort geeichte Waagen an den Transportfahrzeugen, um die Menge der zu entsorgenden Tierkadaver zu erfassen.
Pro Tonne jetzt 199 €
Zeitgleich hat Secanim die Entsorgungskosten im Kreis Coesfeld um etwa 25 % erhöht. So kostet die Entsorgung einer Tonne Tierkadaver mittlerweile 199,69 € (netto). In den vergangenen vier Jahren waren es nur 152,07 €. Auch in anderen Kreisen hat Secanim die Preise zu Jahresbeginn angezogen. So zum Beispiel in Kleve, wo das Unternehmen seinen Vertrag mit dem Kreis zum 1. Januar ebenfalls verlängert hat.
Grund für die erhöhten Preise sind laut Secanim die hohen Energie- und Kraftstoffpreise zum Zeitpunkt der Ausschreibungen für den Entsorgungsauftrag im letzten Jahr. Hinzu kommen die Kosten für den Einbau der Verwiegetechnik und der höhere Arbeitsaufwand für die Fahrer.
Landesanteil bleibt gleich
Gleich geblieben ist jedoch die Beteiligung der Kreise und kreisfreien Städte an den Entsorgungskosten. Sie übernehmen per Gesetz einen Anteil von 75 %. Denn es besteht ein öffentliches Interesse daran, die Seuchenvorsorge zu fördern. Allerdings gibt es eine jährliche Kappungsgrenze für den Zuschuss. Diese liegt weiterhin bei 640 € (netto) pro Betrieb. Sind die Nettokosten höher, muss der Landwirt die Gebühren komplett allein bezahlen. Die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % trägt der Tierhalter in jedem Fall selbst.
Die Kreise steuern also maximal 480 € bei. Im Kreis Coesfeld gilt dieser Freibetrag pro Tierbesitzer. Unterhält derselbe Tierhalter mehrere Ställe mit verschiedenen VVVO-Nummern, gilt die Obergrenze von 640 € für alle Ställe zusammen.
Der zugehörige Gesetzestext bietet jedoch einen gewissen Spielraum bei der Auslegung. So betrachtet zum Beispiel der Kreis Borken jede VVVO-Nummer als Einzelbetrieb. Deshalb können einige Tierhalter den Freibetrag dort mehrfach in Anspruch nehmen.
Bonus bald erschöpft
Für die Tierhalter im Kreis Coesfeld wird es ab diesem Jahr also teurer. Nach ersten Einschätzungen geht der Kreis davon aus, dass ein Großteil der Betriebe den jährlichen Zuschuss im zweiten Quartal 2023 bereits ausgeschöpft haben wird.
Teilweise bekommen Tierhalter allerdings erst spät mit, dass sie den Freibetrag überstiegen haben. Vor allem kleinere Betriebe erhalten oft nur halbjährlich oder sogar jährlich eine Abrechnung von den Entsorgern. Bei größeren Betrieben sei die monatliche oder quartalsweise Abrechnung jedoch Standard, so die Auskunft der Firma Secanim. Auf Wunsch könnten auch Betriebe mit geringeren Entsorgungsmengen regelmäßiger eine Abrechnung bekommen. Nachfragen kann sich hier also lohnen, damit man am Jahresende keine böse Überraschung erlebt.
Ist Wiegen fairer?
Erst im vergangenen Jahr beschwerten sich etliche Landwirte, weil sie die Erfassung der Kadavermengen als unfair empfanden. Damals hatte das Entsorgungsunternehmen in den Kreisen Coesfeld, Recklinghausen und Kleve die Kosten nicht mehr nach der angemeldeten Stückzahl der Kadaver abgerechnet. Stattdessen nutzte Secanim die statistischen Durchschnittsgewichte der einzelnen Tierarten.
Das sorgte vor allem bei den Ferkelerzeugern für Ärger. Weil Nachgeburten und Saugferkel nicht zählbar sind, verwendete Secanim hier die Füllstände der Kadaverbehälter als Grundlage für die Abrechnung. In den Augen der Tierhalter wurden die Füllstände jedoch häufig zu hoch angesetzt. Secanim hielt dagegen und argumentierte, dass zuvor die Landwirte oft mehr Kadaver zur Abholung in die Behälter gelegt hatten, als angemeldet waren.
Um diesen Streit beizulegen, schreibt der Kreis Coesfeld seit Jahresbeginn vor, dass die Entsorger die Tierkadaver genau verwiegen müssen. Denn in NRW sind die Kreise für die Beseitigung von getöteten und gefallenen Nutztieren zuständig. Sie übertragen die Aufgabe per Ausschreibung an private Entsorgungsunternehmen. Secanim konnte diese Vorgabe erfüllen und bekam zum 1. Januar 2023 für vier weitere Jahre den Entsorgungsauftrag im Kreis Coesfeld.
Coesfeld ist der einzige Kreis, in dem die Firma das Wiegeverfahren nutzt. In anderen Kreisen rechnet Secanim weiterhin nach Durchschnittsgewichten ab. Denn diese fordern die Verwiegung bislang nicht. Weil das Wiegen höhere Kosten und mehr Aufwand verursacht, will das Unternehmen dort auch vorerst nicht freiwillig umsteigen. Anna Hüttenschmidt
Kommentar: Auch die 640-€-Grenze anpassen!
Wieder einmal steigen die Kosten für die Tierhalter – diesmal für die Entsorgung der toten Tiere. Der Grund dafür ist durchaus nachvollziehbar: Die Entsorgungsunternehmen müssen höhere Energie- und Kraftstoffkosten bei der Beseitigung der Tierkadaver weitergeben. Ihre Preise dafür können sie in der Regel nur alle vier Jahre anpassen – und nicht spontan nach Marktlage. Sie müssen also bei jeder Ausschreibung einen Preis kalkulieren, ohne zu wissen, welche politischen und wirtschaftlichen Ereignisse die Kosten in den nächsten Jahren beeinflussen werden. Nicht nachvollziehbar ist hingegen, dass der Gesetzgeber in NRW seit 2015 strikt den Geldhahn zudreht, sobald die Entsorgungskosten 640 € übersteigen. Der Zuschuss für die Tierhalter müsste dringend an die gestiegenen Kosten angepasst werden. Klar, öffentliche Gelder sind derzeit in allen Bereichen knapp. Allerdings bedeuten die hohen Entsorgungskosten vor allem für kleinere und mittelgroße Betriebe eine zusätzliche Belastung. Und gerade diese wollte der Gesetzgeber durch die Kostenübernahme eigentlich unterstützen. Anna Hüttenschmidt