Die Getreidepreise haben in den vergangenen Wochen deutlich nachgelassen. Im Verkauf wird im Münsterland für Brot- und Futterweizen aus der Ernte 2023 noch 160 €/t gezahlt. Für Gerste und Triticale ungefähr 150 €/t. Von Knappheit keine Spur. Des einen Leid ist des anderen Freud. Die Kaufbereitschaft der Veredelungsbetriebe hat zugenommen. Der eine oder andere schließt beim Blick auf die eigenen Felder auch etwas längerfristige Kontrakte ab.
Davon können Verkäufer gerade nur träumen. Die Preise sind bei Weitem nicht vollkostendeckend. Nicht einmal, wenn die Flächenprämie und der Stroherlös mit eingerechnet werden. Bei einem Weizenertrag von 8 t/ha, einer Flächenprämie von 200 €/ha und einem Stroherlös ab Feld von 130 €/ha dürfen die Vollkosten inklusive Löhne und der Pacht zum aktuellen Preisniveau von 160 €/t lediglich 1600 €/ha betragen. Allein die Pacht nimmt häufig die Hälfte der Kosten in Anspruch. Auch wenn die Jahre 2021 bis 2023 aus Ackerbauerperspektive gut waren, zeigt dies, dass perspektivisch allein mit Getreide, Mais und Leguminosen kein Geld zu verdienen ist. Zugleich verdeutlicht dies die Relevanz der Tierhaltung für landwirtschaftliche Betriebe in Westfalen. Ohne diese wären wir vielerorts landwirtschaftliches Entwicklungsland. Wird die Tierhaltung weiter abgeschafft, müssen zumindest Intensivkulturen angebaut werden, die für auskömmlichere Einkommen sorgen können.
Was bedeuten aber diese Preise für die Praxis? Jedem muss klar sein, dass man bei solchen Preisen für die 2023er-Ernte draufzahlt. Von Lohnansätzen für Betriebsleiter und Familienmitgliedern braucht man gar nicht zu sprechen. Wer kann, sollte sein Getreide deshalb zurückhalten und auf bessere Preise hoffen. Eine anziehende Futtermittelnachfrage ist hier ein erstes Indiz. Zudem wird auch die globale Getreidebilanz durch das USDA (amerikanisches Landwirtschaftsministerium) seit vergangener Woche etwas knapper geschätzt. Für die neue Ernte werden mit etwa 180 €/t Weizen zwar höhere Kontraktpreise geboten, aber auch diese sind mit Abstand nicht kostendeckend. Zudem spricht die Bestandsentwicklung für eine Verknappung im Sommer, daher: Auch hier den Markt weiter beobachten.