Biomethan mit CO2-Zertifikat

Werden Biogasanlagen bald Kraftstoff statt Strom produzieren? Technisch ist das aufwändig, aber machbar. Politisch ist es gewollt.

Dieser Beitrag ist zuerst auf "f3 - farm. food. future." erschienen.

Die hauseigene Biogas-Tankstelle der Biologischen Reststoff Verwertung GmbH (BRV) ist gefragt. Die elf LKWs der Anlage holen sich dort regelmäßig ihre Tankfüllung ab. Statt mit Diesel treibt die Inhaberfamilie Rupp ihre Flotte mit dem selbstproduzierten und am Standort veredelten Biomethan an. Denn das aus Rohbiogas aufbereitete, komprimierte Erdgas (CNG) ist nahezu CO2-neutral. Es soll rund 250.000 l Diesel im Jahr ersetzen. Bis hierhin ist das erstmal nichts Neues. „Biomethan wird bei uns am Standort seit mehr als zehn Jahren produziert“, sagt der Technische Leiter Thomas Rupp, der die 1-MW-Biogasanlage mit Speiseresten befüllt. „Doch erst jetzt können wir es mit einem CO2-Zertifikat versehen. Und das macht es richtig interessant.“

Der Grund: Das CO2-, das Familie Rupp beim Kraftstoff einspart, können Mineralölunternehmen in ihrer eigenen CO2-Bilanz gutschreiben, wenn sie es ihr in Form von Quoten abkaufen. Diese Quote heißt im Energiebereich Treibhausgasminderungs-Quote (THG). Aber wie soll ein einzelner Anlagenbetreiber mit einem Mineralölkonzern Geschäfte machen?

Start-up vermittelt Landwirte an Mineralölunternehmen

Hier kommen die Gründer Henning Dicks und Thorsten Rohling vom Start-up „agriportance“ ins Spiel. Der Agraringenieur und der Bioinformatiker bauen im westfälischen Münster eine Plattform auf, die Biogasanlagenbetreiber mit Mineralölunternehmen zusammenbringt. Sie helfen Landwirten bei der komplizierten Zertifizierung ihrer Anlage und suchen einen passenden Abnehmer. „Wir glauben, dass Biomethanproduktion wegen der THG-Quote ein attraktives Standbein für landwirtschaftliche Betriebe werden kann“, sagt Henning Dicks. „Vor allem, wenn sie aus der EEG-Förderung herausfallen und sich die Stromerzeugung nicht mehr lohnt.“ Also künftig Kraftstoff statt Strom?

CO2 sparen im Schwerlastverkehr

Eins der drei Mineralölunternehmen, das mit agriportance und mit Landwirten zusammenarbeiten will, ist der Tankstellenbetreiber Q1 mit Sitz im niedersächsischen Osnabrück. Hier haben Henning und Thorsten offene Türen eingerannt. „Wir haben das Thema Biomethan schon länger auf dem Radar“, erklärt Martin Hoffschröer vom Fachbereich Nachhaltige Energien. Er spricht allerdings nicht (nur) vom gasförmigen Biomethan, das Rupp tankt, sondern meint die verflüssigte Version namens Bio-LNG (Begriffe siehe ganz unten).

Für diesen Kraftstoff entsteht derzeit im Schwerlastverkehr ein neuer Markt, der durch den CO2-Handel weiteren Schwung erhält. „Bio-LNG ist der ideale Antriebsstoff für den Schwerlastverkehr“, sagt Martin Hoffschröer. Dort könnte durch nachhaltige Kraftstoffe sehr viel CO2 eingespart werden. Mit dem Ziel der Bundesregierung, bis 2030 65 % weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990, sei das auch nötig. Allerdings, so Hoffschröer, brauche es jetzt sofort eine Lösung. Er sagt: „Grüner Wasserstoff ist interessant, aber noch nicht marktreif. Elektromobilität ist im Schwerlastverkehr auch keine Option. Also gibt es auf kurze Sicht keine Alternative zum Bio-LNG. Deshalb wächst der Markt derzeit so stark.“ Von 10 % Wachstum pro Monat berichten der Q1-Mitarbeiter und das Team von agriportance übereinstimmend.

Q1 will also den LNG-Markt erschließen und macht sich dafür die Mühe, mithilfe eines Start-ups ein dezentrales Netz einzelner Biogasanlagen aufzubauen. Die Landwirte könnte es freuen. Hoffschröer bestätigt: „Biomethan ist tatsächlich ein regionales Thema mit regionalen Playern, die in der Regel...