Roland Schulze Lefert ist Biogasberater der Landwirtschaftskammer NRW.
Am 1. April findet die nächste Biomasseausschreibung statt. Die Bedingungen für den zehnjährigen Weiterbetrieb von Biogasanlagen sind sehr interessant. Doch eine hohe potenzielle Gebotsmenge trifft auf niedriges Ausschreibungsvolumen. Betreiber sollten sich nicht zu unwirtschaftlichen Geboten hinreißen lassen.
Am 26. Februar hat die Bundesnetzagentur die neue Festlegung der Höchstgebotswerte für die diesjährige Biomasseauschreibung im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) veröffentlicht. Demnach können bestehende EEG-Biomasseanlagen (Biogasanlagen, Holzheizwerke usw.) in den diesjährigen Ausschreibungen am 1. April und am 1. Oktober Gebote für den 10-jährigen Weiterbetrieb mit einem Gebotshöchstwert von bis zu 19,83 ct/kWh abgeben.
Der Gebotshöchstwert für neue Biomasseanlagen größer 150 kW installierter Leistung für eine 20-jährige erste Förderperiode wurde sogar um weitere zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 19,43 ct/kWh angehoben. Bei einem erfolgreichen Gebot sichern sich Betreiber einer Anlage mit einer installierten Leistung von bis zu 500 kW zusätzlich einen Sonderaufschlag von 0,5 ct/ und unabhängig von der Anlagengröße einen Flexibilitätszuschlag von maximal 65 € je kW installierter Leistung und Jahr. Der Maisdeckel für die diesjährigen Ausschreibungsrunden beträgt 35 %.
Interessante Ausschreibungsbedingungen
Für diese durchaus interessanten Ausschreibungsbedingungen können sich ausgehend von einem Umstiegszeitraum von bis zu 60 Monaten bestehende Biomasseanlagen ab einem Inbetriebnahmezeitpunkt von 2008 oder früher teilnehmen. Der Ausschreibungstermin im Oktober ist dann sogar für Anlagen mit einem Inbetriebnahmedatum von 2009 interessant.
Durch die jüngsten Veränderungen im EEG können auch Anlagen, die in den Jahren 2021 bis 2023 bereits einen Zuschlag in der Biomasseausschreibung erhalten haben, diesen mit einem sogenannten Zusatzgebot in der Menge ausweiten. Dieses ist besonders für Anlagen im EEG 2021 interessant, die ungünstigen Eigenstrombedingungen und eventuellen Nachteilen beim Flexibilitätszuschlag in ihren aktuellen Zuschlägen aus dem Weg gehen wollen.
Entsprechend der Vorgaben des EEG 2023 beträgt das Ausschreibungsvolumen für die beiden diesjährigen Ausschreibungstermine jeweils 239,878 MW. Dieses sehr kleine Ausschreibungsvolumen trifft auf eine potenzielle Gebotsmenge von über 2.700 MW und dürfte eine noch höhere Konkurrenz erzeugen als im Vorjahr, wo für eine Ausschreibungsmenge von 587,852 MW Gebote in Höhe von 1.442,59 MW abgegeben wurden. Diese massive Konkurrenz zeigte sich auch entsprechend in den Höchstzuschlagswerten: Bei der April-Ausschreibung 2023 lag der Höchstzuschlag außerhalb der Südregionen noch bei 19,40 Cent pro kWh. Im Oktober sank er auf 18,48 Cent pro kWh.
Zuschlag ist nicht das Entscheidende
In Anbetracht der hohen Konkurrenz um einen Zuschlag in der Ausschreibung fragen sich etliche Anlagenbetreiber nun, wie hoch bzw. niedrig das Gebot denn ausfallen muss, um tatsächlich einen Zuschlag in der Ausschreibung zu erhalten. Doch Vorsicht: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das nicht die richtige Fragestellung. Vielmehr sollte die Frage heißen, welches Gebot kann ich abgeben um auch in Zukunft kostendeckend wirtschaften zu können. Grundsätzlich kann bei der Kalkulation dieses Wertes das folgende mehrstufige Verfahren angewendet werden:
- Investitionen in die Generalüberholung, Nachrüstung oder Neuerrichtung von BHKW, den Bau von Pufferspeichern und die Ertüchtigung oder Erweiterung von Gasspeichern sowie eventuell noch vorhandene Abschreibungen aus vergangenen Investitionen sollten aus der Flexibilitätsprämie refinanziert werden. Sollte ein Teil der Investitionen nicht durch die Einnahmen aus dem Flexibilitätszuschlag gedeckt sein, müssen diese Fixkosten in die Ermittlung des Gebotswertes einbezogen werden.
- Die variablen Kosten der Biogaserzeugung spielen die Hauptrolle bei der Ermittlung des Gebotswertes. Hier sollte ein Durchschnitt aus den letzten Buchführungen ermittelt werden. Die Substrat- und Lohnunternehmerkosten sowie die Wartungskosten dürften hier die Hauptrolle spielen, aber auch die Stromkosten und die Kosten für Versicherung, (Steuer-)Beratung und Analysen sind häufig nicht gering. Speziell bei Eigenstrombezug aus Solaranlagen und der Arbeitserledigung durch Familienarbeitskräfte sollten diese nicht in der Buchführung abgebildeten Kosten als kalkulatorische Positionen mit einbezogen werden.
- Aus der Summe der eventuell einzurechnenden Fixkosten und den variablen Kosten geteilt durch die durchschnittliche Stromproduktion errechnet sich dann der auf keinen Fall zu unterschreitende Gebotswert. Speziell bei jüngeren Anlagen sollte auf diesen Wert noch ein Aufschlag zur Abfederung der künftigen Inflation gemacht werden.
Defizitärer Anlagenbetrieb?
Auch wenn der systematisch ermittelte Gebotswert über den Höchstzuschlägen des letzten Jahres liegt, sollte dieser bei der Gebotsabgabe nicht unterschritten werden. Anlagen, die einen Zuschlag unterhalb ihres systematisch ermittelten Gebotswertes erhalten, müssen zwangsläufig einen Teil ihrer Kosten aus den Wärmeerlösen und den Erlösen an der Strombörse decken.
Speziell bei Anlagen mit lediglich kleinen oder gar fehlenden Wärmenutzungskonzepten sowie geringen Überbauungen dürften die schmalen Gewinne an der Strombörse dann schnell aufgebraucht sein. Der daraus resultierende defizitäre Anlagenbetrieb führt dann genauso zur Einstellung des Anlagenbetriebs wie ein zum Ende der ersten Förderperiode fehlender Zuschlag.
Trotz allem bitte teilnehmen
Gleichwohl sollten Betreiber mit systematisch ermittelte Gebotswerten von über 19 ct/kWh trotzdem in die Ausschreibung gehen. Zum einen lassen sich die niedrigen Gebotswerten im letzten Herbst zum Teil mit einer Panikreaktion etlicher Bieter, ausgelöst durch die Unsicherheit über die diesjährigen Gebotshöchstwerte und den sinkenden Maisdeckel, erklären. Das muss sich unter den aktuellen Ausschreibungsbedingungen nicht zwangsläufig wiederholen.
Zum anderen ist eine erneut deutlich überzeichnete Ausschreibung ein weiterer Fingerzeig für die Politik nun endlich etwas für die Verbesserung der Ausschreibungsvolumina für Biomasseanlagen zu unternehmen. Die sehr hohen Gebotsmengen in 2023 haben hier bereits einen ersten Druckpunkt gesetzt, der nun in der Fortführung der attraktiven Ausschreibungsbedingungen durch die Bundesnetzagentur ein erstes positives Ergebnis liefert. Und gerade in der aktuellen Diskussion um das Potenzial der Biomasseanlagen für die Energiewende und der Integration selbiger in die Kraftwerksstrategie dürfte eine stark überzeichnete Ausschreibungsrunde am 1.April ein weiteres Argument für entsprechende Verbesserungen im EEG liefern.
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