Dieser Beitrag ist zuerst bei "f3 - farm. food. future" erschienen.
Das frisch gegründetes Unternehmen „Hamwa“ will bargeldlose mobile-only Bestellungen im Foodservice-Bereich etablieren. Erklären Sie doch bitte einmal für alle Nicht-Digital-Natives, was das bedeutet. Wer kann was wo bestellen und wie kommt er an seine Ware?
Marie-Luise Meyer: Hamwa ist eine Click & Collect-Plattform für Unternehmen in der Foodservice-Branche und konzentriert sich somit auf den Ausbau des Take-away-Geschäfts. Jeder, der Hunger und ein Smartphone hat, kann demnächst bei teilnehmenden Betrieben wie Bäckereien, schnell und unkompliziert bestellen. Die Bestellungen werden nicht über einen Webshop aufgegeben, der über einen PC aufgerufen werden kann. Wir ermöglichen Bestellungen ausschließlich in unserer App. Daher ist der Einkauf auch nur mit einem Smartphone möglich („mobile-only“).
Der Bestellprozess ist so einfach wie möglich gehalten: Der Kunde kann in wenigen Schritten seinen gewünschten Abholzeitpunkt auswählen, das dann vorrätige Angebot seiner Lieblingsfiliale einsehen, die Artikel seinem Warenkorb hinzufügen und abschließend mit einer etablierten mobilen Zahlungsmethode, wie PayPal, ApplePay und GooglePay, begleichen. Eine Registrierung ist optional – so kann der Kunde nochmals Zeit sparen. Warum sollte er auch seine Adresse hinterlegen müssen, wenn er die Bestellung doch eh in der Filiale abholt?
Digital vorbestellen, bargeldlos zahlen, einfach abholen
Hamwa ist eine Omnichannel-Lösung mit angeschlossener App. Was bedeutet Omnichannel? Was haben die Bäckereien davon?
Marie-Luise Meyer: Omnichannel-Vertrieb bedeutet, dass Betriebe für ihre Kunden „omnipräsent“ sind. Das heißt, dass sie an diversen Orten sowohl online als auch offline erreichbar sind und den Verkauf überall und jederzeit ermöglichen.
Derzeit spürt der Kunde noch den Wechsel von der digitalen in die analoge Welt. Ein Beispiel: Wenn ich online Brötchen bestelle und dann zur Abholung in die Filiale wechsle, sage ich: „Hallo, ich hatte online bestellt und wollte meine Brötchen jetzt abholen. Brauchen Sie die Bestellnummer?“ Ich gebe zu erkennen, dass ich vorab einen anderen Absatzweg als das klassischen Thekengeschäft gewählt habe. In diesem Fall spricht man von einem „Crosschannel-Vertrieb“. Unternehmen sind zwar sowohl online als auch offline vertreten, aber die Absatzwege sind nicht optimal miteinander verzahnt.
Mit Hamwa wollen wir das ändern: In Zukunft soll es keinen Unterschied mehr machen, ob vorab digital bestellt wurde oder nicht. Ich komme in die Filiale, werde nett begrüßt und bekomme direkt meine Bestellung ausgehändigt. Es soll das normalste der Welt werden, dass Snacks vorab mit dem Smartphone gesichert und sogar über eine Fast-Lane abgeholt werden können. Unsere App ermöglicht es mir in Zukunft, meinen eigenen persönlichen Online-Marktplatz zusammenzustellen und gleichzeitig weiterhin Betriebe vor Ort zu unterstützen, indem ich meine Bestellungen bei ihnen abhole. Schließlich will ich ja weiterhin bei meinem Lieblingsbäcker meine Sonntagsbrötchen kaufen – nur eben bequemer und mit der Sicherheit, dass ich noch meine favorisierten Produkte erhalte, selbst, wenn ich mal eine Stunde später aufstehe.
Warum Foodservice wie Bäckereien und Tankstellen?
Die Technologie soll im Foodservice-Bereich eingesetzt werden, damit meinen Sie z.B. Tankstellen und Bäckereien. Wieso ist Click-and-Collect ausgerechnet dort ein Thema? Zum Bezahlen meiner Tankfüllung muss ich doch eh reingehen?
Marie-Luise Meyer: Click & Collect im Foodservice-Sektor ist für mich als Konsument attraktiv, da ich mich bereits vorab in Ruhe über neue Produkte und Angebote informieren kann. Denn Betriebe wie Bäckereien und Metzgereien haben einen entscheidenden Nachteil gegenüber Nonfood-Unternehmen: das Face-to-Face-Selling. Wieder ein Beispiel: Man betritt die Bäckerei und vor einem stehen drei Kunden, die einem die freie Sicht auf den Tresen versperren. Sobald die Sicht frei ist, ist man schon an der Reihe und verspürt den Zeitdruck der Kunden, die hinter einem warten. Wer traut sich jetzt zu fragen, was gerade so im Angebot ist und welche Produkte empfohlen werden? Wohl die wenigsten. Also wird es dann doch wieder das bekannte Käsebrötchen.
In der Hamwa-App kann ich mir künftig die Tagesdeals ansehen und mich z. B. in Ruhe über vegane Optionen informieren. Zudem habe ich im Gegensatz zu einer telefonischen Vorbestellung immer schwarz auf weiß, was und zu wann ich bestellt habe. Das ist besonders hilfreich, wenn ich größere Bestellungen wie für eine Barbecue-Party tätige und z. B. Grillfleisch in einer Metzgerei vorbestelle.
Mit Click & Collect werde ich folglich den digitalen Erwartungen der Digital Natives gerecht, also den Generationen, die mit dem Internet und mobilen Devices groß geworden sind. Denn sie weisen ein gesteigertes Convenience- und Informationsbedürfnis auf. Aspekte, die auch für Unternehmen in der Foodservice-Branche relevant sind, wenn sie die kaufkraftstärkste Kundengruppe für sich gewinnen wollen.
Und zu den Tankstellen: Zum Bezahlen einer Tankfüllung muss ich schon länger nicht mehr reingehen. Denn ich kann beispielsweise mit „Zahlz“ direkt an der Zapfsäule den Saldo begleichen. Darüber hinaus ist Click & Collect aber auch noch für weitere Anwendungsfälle spannend, wie z. B. die Buchung einer Autowäsche, sodass ich direkt durchfahren kann. Oder die Abholung eines Coffee-to-go’s am Drive-in-Fenster. Hier existieren schon viele spannende Konzepte, die wir sukzessive angehen werden. Die Relevanz für Click & Collect bei Tankstellenkonzepten wird auch daran deutlich, dass sich Frederick Beckmann als Investor einbringt und somit als First Mover in dieser Branche auftritt. Er ist Vorstand der Q1 Energie AG, die über 200 Tankstellen in Deutschland betreibt.
Wie generieren Sie Einnahmen?
Marie-Luise Meyer: Unser Ertragsmodell sieht vor, dass wir einen Basispreis für die monatliche Bereitstellung der Plattform berechnen. Darüber hinaus wird eine Bearbeitungsgebühr pro Transaktion fällig.
EU-Verordnungen eingeplant
Wollen Sie das Konzept später auf andere Handelsbereiche übertragen? Und wäre es bei Kleidung, Haushaltswaren und Technik nicht viel einfacher umzusetzen?
Marie-Luise Meyer: Vorerst ist kein Einsatz in anderen Handelsbereichen geplant. Ich habe damals meine Ausbildung im Textilsektor gemacht und weiß, wie sehr sich die Anforderungen zum Foodservice unterscheiden. Mit Hamwa platzieren wir uns bewusst als Spezialist für die Lebensmittelbranche. Es gibt unglaublich viel zu beachten, gestartet bei der Kennzeichnungspflicht gemäß der EU-weiten Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) bis hin zur anstehenden Mehrwegpflicht. Wir wollen alle unsere Ressourcen darauf verwenden, dass wir ein Produkt auf den Markt bringen, dass sich exzellent für den Einsatz in Foodservice-Betrieben eignet. Aber sag niemals nie! Wer weiß, welche Chancen und Potenziale sich in Zukunft noch in anderen Märkten ergeben.
Sie haben eben ihren Investor Frederick Beckmann genannt. Auch Wolf Goertz von Netrocks ist an Bord. Sie haben ihrer Pressemeldung zufolge ein siebenstelliges Investment gleich zur Gründung bereitgestellt. Woher kommt das Kapital und was haben Sie zu so einem frühen Zeitpunkt damit vor?
Marie-Luise Meyer: Das Investment ist an Meilensteine geknüpft und in mehrere Tranchen aufgeteilt. Das Kapital werde ich für die Produktentwicklung und den Product Launch einsetzen. Für Mitte 2022 ist dann eine weitere Finanzierungsrunde geplant.
Kommt das Konzept in den Q1-Tankstellen direkt zum Einsatz?
Marie-Luise Meyer: Beim Rollout werden wir uns vorrangig auf Bäckereien konzentrieren. Ein „Tap & Go“-Betastore soll aber schnell folgen, um Hamwa auch für Tankstellenbetriebe wie die Q1 validieren zu können. Schließlich erwarten die Digital Natives auch in dieser Branche digitale Tools und ein bequemes Einkauferlebnis.
Über die Gründerin
Marie-Luise Meyer ist 26 Jahre alt, stammt von einem landwirtschaftlichen Betrieb in Niedersachsen und studierte nach einer Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau Wirtschaftspsychologie an der Fachhochschule Osnabrück. Sie sieht ihre Aufgabe darin, veränderte Kundenerwartungen zu analysieren und für Traditionsbetriebe aufzudecken. Sie arbeitet an Konzepten für Future Stores und Omnichannel-Strategien und gründete nun die „Hamwa GmbH“ in Osnabrück.