Schreib mir eine Rede für das Sommerfest! Entwerfe ein Computerprogramm für die Fütterungsanlage! Schreibe ein Uni-Referat zur Digitalisierung im Pflanzenbau!
Solche Fragen kann man neuerdings federleicht lösen lassen. Einfach die Aufgabe in den Computer oder ins Handy tippen – und zack: Vor unseren Augen entsteht am Bildschirm wie von Geisterhand die Antwort: Wort für Wort, Satz für Satz. In fehlerfreiem Deutsch.
Wie arbeitet KI?
Möglich macht dies eine Technik namens GPT. Es handelt sich um ein neues Verfahren digitaler Datenverarbeitung und ist eine Form der „Künstlichen Intelligenz“ (abgekürzt: KI – oder auch AI für „artificial intelligence“). An solchen Anwendungen forschen Wissenschaften und Digitalkonzerne wie Google oder Microsoft seit Langem. In der Öffentlichkeit bekannt ist das Thema spätestens, seit die US-Firma OpenAI Ende 2022 ihr Programm ChatGPT zur kostenlosen Nutzung bereitgestellt hat.
Das Kürzel GPT steht für „Generative Pre-trained Transformer“, zu Deutsch etwa: erzeugender, vorgebildeter Umwandler. Das mag nicht so cool klingen wie das englisch ausgesprochene GPT, sagt aber schon viel über die Arbeitsweise:
● Umwandler: Das Programm fischt seine Informationen nicht einfach aus dem Netz und nestelt sie irgendwie zusammen, wie in Medien-Berichten zu lesen war. Vielmehr kann es in digitalen Texten, Bildern und anderen Daten komplexe Muster und Strukturen erkennen und nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit neu und sinnvoll zusammensetzen, eben „transformieren“. Das funktioniert mit einem digitalen Netzwerk, dessen Aufbau dem menschlichen Hirn nachempfunden ist.
● Vorgebildet: Rund 45 Mio. Seiten Text waren die Grundlage für die erste Version von GPT. Es hat daraus 1,5 Mrd. Kennzeichen, sogenannte „Parameter“, herausgelesen und sich selbst trainiert. Die neueste, erst vor einigen Wochen vorgestellte Variante GPT 4 soll sich auf 1 Billion Parameter stützen.
● Erzeugend: Aus der astronomischen Menge an Daten erkennt und sortiert GPT Zahlen und Buchstaben, Formeln und Sätze, Regeln und Ausnahmen – und mehr noch: Es kann sie eigenständig verarbeiten und in einer Art von Hochrechnung erweitern. Kurzum: Es kann „lernen“ und Neues erzeugen.
Programme für "das Hirn"
Seiner Wirkungsweise nach ist GPT letztlich eine Mega-Grammatikmaschine. Sie beherrscht nicht nur die Grammatik der Sprache, sondern jeder Art, die sie auf Anfrage in Echtzeit neu erzeugen kann – egal, ob es sich um einen Börsenbericht, einen Düngeplan, eine Bundestagsrede oder ein Bild van Goghs handelt.
GPT ist das Hirn, das künstliche neuronale Netzwerk, für das derzeit viele Anwendungen entwickelt werden. Am bekanntesten ist ChatGPT („chat“ ist englisch und bedeutet so viel wie: reden, plaudern, schwätzen). Es kann menschliche Sprache verstehen und in Echtzeit eigenständige Antworten geben: vom einfachen Satz bis zum seitenlangen Referat. Eine weitere Anwendung namens „DALL-E“ kann aus Textbeschreibungen Fotografien oder Bilder gestalten.
AgriGPT, TaxGPT und Agenten
Ausdrücklich an Landwirte wendet sich ein Angebot, das erst in der vergangenen Woche als vorläufige Version („Beta“) gestartet ist. Es nennt sich AgriGPT und wird von einem Agrartechnik-Blogger aus Frankreich bereitgestellt. AgriGPT verspricht, Fragen aus Ackerbau und Viehhaltung, Agrartechnik und Marktentwicklung zu beantworten. Die derzeitige Datengrundlage ist unklar. Auf der Internetseite des Betreibers heißt es, die Beta-Version sei „noch nicht mit speziellen Datensätzen“ trainiert. Erst in künftigen Versionen würden Agrardaten aus den USA und der EU, Klima- und Bodendaten, Subventionsprogramme, Gesetzestexte, wissenschaftliche Studien sowie „spezielle Datenbanken“ für Agrarprodukte und -dienstleistungen integriert werden.
Das Fachportal Heise online stellte auf seinem Onlineportal kürzlich „TaxGPT“ vor, ein assistierendes Programm zur Steuerberatung. Es sei mit 16 Seiten Steuerrecht gefüttert worden und habe anschließend eine komplexe steuerliche Aufgabe fehlerfrei gelöst.
Der jüngste Trend sind GPT-gestützte „Agenten“. Sie können über das Internet beauftragt werden und eigenständig Aufgaben lösen, beispielsweise eine Reiseplanung zu tagesaktuellen Bedingungen inklusive aller Vorreservierungen.
Viele neue Fragen ungeklärt
Aber noch einmal zu TaxGPT: Sollte es eingesetzt werden, stellt sich nicht nur die Frage nach der Sicherheit der Steuerdaten. Sondern auch: Darf TaxGPT aus diesen Daten „lernen“? Wenn ja: Was eigentlich lernt es da? Und wer darf vom digital Gelernten profitieren: nur die Programmierfirma? Nur der eine Kunde, der dafür gezahlt hat? Oder alle Kunden von Tax GPT?
Dieses Beispiel zeigt, dass die neuen Systeme der Künstlichen Intelligenz viele Fragen aufwerfen. Neben Datenschutz und Persönlichkeitsrechten betrifft dies auch das Urheberrecht. Auf welche Texte und Bilder greifen die Systeme eigentlich zu? Dürfen sie sie verwerten, ohne die Urheber bzw. Rechteinhaber zu fragen?
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