Im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung steht: „Neueinsteigerinnen und -einsteiger in die Landwirtschaft wollen wir unterstützen.“ Was das genau bedeutet, bleibt bisher offen.
Einen konkreten Vorschlag machte schon 2021 ein breites Bündnis aus sechs agrarpolitischen Jugendverbänden in NRW: die Existenzgründungsprämie.
Unter anderem der Ring der Landjugend und die junge Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) möchten Neugründern und Hofnachfolgern mit neuen Ideen bis zu 75000 € aus der Zweiten Säule der GAP zukommen lassen.
Ihre Forderung bekräftigten die Verbände am Donnerstag vergangener Woche auf Gut Havichhorst in Münster. Sie diskutierten mit Vertretern aus Landes- und Bundespolitik.
Hof aus dem Nichts
Junge Gründerinnen und Gründer machten deutlich, wie wichtig eine Starthilfe ist. Ohne eigene Flächen gibt es kein Geld aus der Junglandwirteförderung der Ersten Säule. Doch kaum etwas ist so kapitalintensiv wie der Kauf von Land.
Eine Gründerprämie würde den Einstieg erleichtern und könne als Sicherheit bei der Bank dienen, so der Tenor.
Was sich aus einer Starthilfe machen lässt, erzählte Lorenz Sökefeld aus Borgentreich im Kreis Höxter. Der Landwirt ohne elterlichen Hof bekam einen Zuschuss von 60 000 € aus einem Förderfond der Biosupermarkt-Kette Alnatura.
Damit konnte er 2016 den Grundstein für seinen Biobetrieb legen. Der Versuch einer außerfamiliären Hofübernahme war zuvor gescheitert. Mittlerweile hat er einen Milchziegenstall für 500 Tiere gebaut.
In anderen Bundesländern gibt es eine Niederlassungsprämie schon länger, zum Beispiel in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Ähnliches angekündigt haben Bayern, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Thüringen. Niedersachsen hat im Koalitionsvertrag versprochen, ein Existenzgründungsprogramm für die Landwirtschaft aufzusetzen.
Seit fünf Jahren gibt es die Starthilfe in Sachsen-Anhalt. Davon profitierte Junglandwirt Robin Gürth, der 110 ha bewirtschaftet und Mutterkühe hält. Die Ausgründung aus dem elterlichen Betrieb hätte er ohne die Finanzspritze nicht gewagt. „Für den Schritt hatte ich keine eigenen finanziellen Rücklagen“, sagte der Landwirtschaftsmeister.
Volker Rost vom Landwirtschaftsministerium in Magdeburg berichtete, dass seine Abteilung bisher 100 Anträge bekommen habe. 81 seien bewilligt worden. Weniger als die Hälfte seien aber komplette Neustarts.
Ministerium dagegen
NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen sagte in ihrem Grußwort per Video, dass sie die Existenzgründungsprämie nicht aufgreifen wolle. Sie verwies auf die bestehende Junglandwirteförderung der Ersten Säule, die Fortschreibung des Agrarinvestitionsförderungsprogramms (AFP) und Kredite der Landwirtschaftlichen Rentenbank.
In eine ähnliche Richtung argumentierte ihr Staatssekretär Dr. Martin Berges in der Podiumsdiskussion. Er verwies auf die knappe Fläche in NRW und dass die Mittel der Zweiten Säule ausgereizt seien.
Der Staatssekretär versprach, dass sich jede Einsteigerin und jeder Einsteiger individuell über die Landwirtschaftskammer beraten lassen könne und warb für das Programm „Außerfamiliäre Hofübernahme“. Das vermittelt zwischen Betriebsleitern, die abgeben wollen, und jungen Landwirten ohne Hof.
In anderthalb Jahren hätten sich bisher 19 abgebende und 50 interessierte Landwirte gemeldet, berichtete Jan Tappert vom Ring der Landjugend.
Innovation fördern
Dr. Ophelia Nick, Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, hat für die Grünen den Koalitionsvertrag in NRW mit ausgehandelt. Seitens des Bundes möchte sie ein Bürgschaftsprogramm bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank für Existenzgründungen anstoßen und sprach sich auch für die Prämie in NRW aus.
Laut Lena Jacobi, von der AbL, sollten außerbetriebliche Neugründung bevorzugt gefördert werden. Die innerbetrieblichen Übernahme solle aber bei der Prämie nicht ausgeschlossen werden, betonte Philipp Sander vom Ring der Landjugend. So gebe der Zuschuss die nötige Planungssicherheit für innovative Konzepte und weitere Betriebszweige.
11 Mio. € aus Zweiter Säule
Ganz konkret fordern die Jugendverbände, 1 % aus der Zweiten Säule der GAP für eine Existenzgründungsprämie einzusetzen. In NRW wären das in der laufenden Förderperiode rund 11 Mio. €. Damit wäre laut Bündnis die Unterstützung von rund 150 neuen Existenzen möglich.
Im Falle einer Überzeichnung des Budgets ließen sich die Anträge anhand eines Punktesystems in Reihenfolge bringen.
Voraussetzung für die Förderung soll ein Geschäftsplan sein. Wichtig dabei sind Maßnahmen zur ökologischen Nachhaltigkeit und zum Ressourcenschutz.
Als prämienberechtigt definieren die Verbände Menschen unter 41 Jahren. Die Existenzgründungsprämie soll Personengesellschaften und juristische Personen einbeziehen, wenn der Junglandwirt das Unternehmen kontrolliert. Zudem soll eine abgeschlossene Ausbildung zum Landwirt Voraussetzung sein.
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