Von Top zu Flop – das geht schnell in der Schweinebranche. Nach Rekordpreisen von 2,02 €/kg im März vergangenen Jahres stürzte der Schlachtschweinepreis innerhalb von acht Monaten auf 1,19 € ab. Der Ferkelpreis rauschte zeitgleich von 83 € auf 18 € pro Stück in den Keller.
Corona als Faktor
Ursache war die Corona-Pandemie. Die veränderte nicht nur das Alltagsleben erheblich, sondern sorgte auch für einen beispiellosen Absturz der Fleischmärkte. Geschlossene Restaurants und Kantinen sowie der Wegfall von Großveranstaltungen ließen die Inlandsnachfrage einbrechen.
Und auch auf wichtigen Exportmärkten war kaum noch Ware gefragt. Parallel dazu sorgten die Corona-Ausbrüche in zahlreichen Schlachtbetrieben für einen bis dahin ungekannten Rückstau der Schweine in den Ställen: Hunderttausende Tiere konnten nicht pünktlich geschlachtet werden.
Die Schweinepest
Kurz darauf folgte der nächste Tiefschlag. In Brandenburg hatte der erste Fall von Afrikanischer Schweinepest (ASP) sofortige Auswirkungen auf die internationalen Handelsströme: Zahlreiche Exportländer nehmen wegen ASP kein Schweinefleisch aus Deutschland mehr ab. Die Preise sind seither dauerhaft im Keller.
Steigende Produktionskosten
Als wäre das nicht schon schlimm genug, kämpfen die Schweinehalter zudem mit explodierenden Produktionskosten. Diesel, Dünger, Ersatzteile, Handwerkerleistungen – alles ist teurer geworden. Und die Futterkosten haben mittlerweile ein Niveau erreicht, welches Getreide, Sojaschrot oder Eiweißergänzer zum Luxusartikel im Stall werden lässt. Im Ergebnis fehlen den Landwirten zwischen Produktion und Verkauf bei jedem Ferkel bzw. jedem Mastschwein derzeit rund 30 €!
Nun könnte man natürlich die problematische Abhängigkeit von den Exportmärkten kritisieren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass etliche weniger wertvolle Schlachtkörperteile wie Pfoten, Ohren, Schwanz und Schnauze von den heimischen Verbrauchern verschmäht werden, während sie in Fernost zum Teil als Delikatessen gelten. Daher ist der Export dieser Teile nach Asien ein Beitrag zur Nachhaltigkeit. Trotzdem: Offenbar hatte die Branche keinen „Plan B“ für den Fall eines ASP-Ausbruchs und Exportstopps vorbereitet. Und die Zeche zahlen jetzt die Landwirte.
Vorgaben der Politik
Allerdings können die Bauern auch nicht mal eben ihre Produktion komplett verändern. So fordern zahlreiche Politiker, Tierschutz- und Verbraucherorganisationen eine grundsätzliche Umstellung der Haltungsverfahren. Ziel sind mehr Platz, Luft und Licht für die Tiere sowie eine möglichst regionale Erzeugung. Die großen Lebensmittelkonzerne (LEH) haben bereits angekündigt, ihr Fleischangebot mittelfristig auf die Haltungsformen 3 und 4 umzustellen (doppeltes Platzangebot, Außenklimareiz bzw. Auslauf). Die bisherigen Haltungsstufen 1 und 2 sollen künftig komplett ausgelistet werden.
Das Problem: Die Haltungsumstellung funktioniert nur in der Theorie! Zum einen fehlt den Bauern bei den katastrophalen Ferkel- und Schlachtschweinepreisen schlichtweg das Geld für Investitionen. Zum anderen scheitert der Umbau der Ställe am geltenden Bau- und Umweltrecht: Es gibt kaum Genehmigungen für die Umwandlung von konventionellen zu Außenklimaställen.
Im Ergebnis fürchten viele Landwirte, dass der Handel die fehlende Ware größtenteils aus dem Ausland ordert. Hier hilft nur ein klares Bekenntnis des LEH zur 5 x D-Produktion (geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet und verarbeitet in Deutschland). Aber ob Aldi, Lidl, Edeka und Co sich darauf wirklich festlegen werden?
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