Gleich am ersten Tag seines dritten Ausbildungsjahres fuhr Bernd Lütke Friehe sich mit dem Pflug fest. Der Schlepper drohte zu kippen. „Ich dachte, das war es jetzt. Mein Chef schmeißt mich sofort wieder raus“, erinnert er sich. Doch sein damaliger Ausbilder Hubert Bücker blieb ruhig. Zusammen mit den Nachbarn bargen sie das Gespann. Gemeinsam denken sie an diese Anekdote aus dem August 2009 zurück.
Seit 2020 führen der ehemalige Lehrling und sein damaliger Lehrherr den Betrieb Bücker in Beckum-Vellern mit 450 Sauen sowie 52 ha Land. Beide sind jeweils zur Hälfte in einer GbR. In wenigen Jahren soll der heute 32-jährige Bernd Lütke Friehe den kompletten Betrieb übernehmen – ohne dass er mit dem Ehepaar Doris und Hubert Bücker verwandt ist.
Keinen in der Familie
Doch spulen wir etwa zehn Jahre zurück: Bei den beiden Söhnen – heute in ihren 30ern – des Ehepaares hat es sich schon früh gezeigt, dass sie an der Landwirtschaft kein ausreichendes Interesse haben. Mittlerweile haben sie studiert und leben in Berlin und Frankfurt. Heute sind die Söhne dankbar, dass sie ihren eigenen Interessen folgen und ihren eigenen Weg gehen durften.
Die Geschichte des Hofes lässt sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Seit mindestens dem 17. Jahrhundert wirtschaften dort die Vorfahren der Familie Bücker. „Ich habe den Hof von meinen Eltern 1987 übernommen und möchte, dass er in meinem Sinne weitergeführt wird“, sagt Hubert Bücker, Jahrgang 1960.
Er hat den Betrieb immer weiterentwickelt. Zunächst schaffte er die Kühe ab und setzte dann konsequent auf die Sauenhaltung. Als es klar war, dass die Söhne nicht weitermachen wollen, hat das Ehepaar in der Verwandtschaft gefragt. Und die ist groß. Hubert Bücker hat noch elf Geschwister, einige von ihnen leben in Süddeutschland. Aber weder ein Neffe noch eine Nichte hatte Interesse an dem Hof.
Seit der Ausbildung hielt das Ehepaar Kontakt zu Bernd Lütke Friehe. Er vertrat sie im Urlaub und brachte sich als Aushilfe ein.
Eigene Akzente setzen
Sein elterlicher Hof liegt etwa 11 km entfernt in Beckum. Auf dem Nebenerwerbsbetrieb hielten seine Eltern 120 Sauen. „Der Betrieb Bücker war schon in meiner Ausbildung sehr gut gemanagt“, sah Bernd Lütke Friehe schon damals die guten Perspektiven des Betriebes. Während der Fachschulzeit war für den Beckumer klar, dass er zunächst als Angestellter arbeiten wird. Eine Selbstständigkeit war zwar ein Traum, aber damals in weiter Ferne. Der Hof zu Hause besaß nicht die erforderliche Größe, um ihn im Vollerwerb zu betreiben.
Nach dem Abschluss in Wolbeck fragte sein ehemaliger Ausbilder ihn, ob er wieder bei ihnen arbeiten möchte. 2012/13 stockten sie die Sauen auf Bernds elterlichem Betrieb ab und ziehen seit 2014 die Ferkel für den Hof Bücker auf. Der Maschinenpark beider Betriebe verschmolz. Zunächst verkauften sie die Ferkel und seit 2016 mästen sie die Schweine in Pachtställen im geschlossenen System selbst. In dieser Zeit wuchs Bernd Lütke Friehe immer mehr in die Betriebsführung rein und konnte eigene Akzente setzen.
Doch wichtiger war, dass das Vertrauensverhältnis beider Seiten immer stärker wurde. So stark, dass sie 2016 einen Erbvertrag aufsetzten. Im Einvernehmen mit ihren Söhnen setzten sie Bernd Lütke Friehe als Begünstigten im Todesfall des Betriebsleiters ein. Die Abfindung der Kinder regelten sie klar.
GbR seit 2020
„Bernd ist Landwirt durch und durch. Er brennt dafür“, ist sich das Ehepaar einig. Hubert Bücker macht den Sauenstall. Bernd übernimmt den Ackerbau und die Mast. Auch Bernds Bruder ist eine volle Arbeitskraft im Betrieb und seine ganze Familie packt mit an. In den vergangenen zehn Jahren haben sie den Betrieb gemeinsam weiterentwickelt. So war es fast schon ein logischer Schritt, dass sie 2020 für den Betrieb Bücker eine GbR gründeten.„Bernd weiß, was er will. Er ist entscheidungsfreudig. Dabei stets gut organisiert“, lobt Hubert Bücker. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten, wird das sofort besprochen.
Übergabevertrag steht an
Hubert Bücker möchte gern in naher Zukunft den Hof an Bernd Lütke Friehe übergeben. „Anpacken auf dem Hof möchte ich, solange ich kann. Die Verantwortung möchte ich bald aber abgeben“, sagt er. So ist der Übergabevertrag der nächste Schritt. Dabei lassen sie sich Zeit. Ihr Steuerberater und der WLV berät sie intensiv. „Dabei fällt es manchmal schwer, das Juristendeutsch und seine konkreten rechtlichen Bedeutungen genau zu verstehen“, sagt Doris Bücker.
Was das Ehepaar Bücker als Altenteiler erhält, muss noch austariert werden. Hubert Bücker kennt die Berg- und Talfahrt der Schweinehaltung und weiß, welche Herausforderungen auf Bernd in den nächsten Jahren zukommen werden. So muss der Hofnachfolger bis 2026 das Deckzentrum umbauen. Daher möchte Hubert Bücker ihn auf der einen Seite nicht zu stark finanziell belasten. Auf der anderen Seite möchten er und seine Frau weiterhin ein gutes Auskommen haben und finanziell unabhängig sein. „Vermutlich wird das auf eine monatliche Zahlung hinauslaufen“, sagt Hubert Bücker.
Das Ehepaar Bücker ist sich einig: „Wenn die Hofnachfolge mit Bernd nicht geregelt wäre, dann hätten wir die Sauenhaltung schon aufgegeben.“
Lesen Sie mehr: