Gregor Bensmann steht an seinem Schreibtisch und blickt aus dem Fenster durch gelbes Laub auf ein paar Dutzend nagelneue orange-grüne Sämaschinen, Feldspritzen und Maisdrillen. Am Bedienungskonzept all dieser Maschinen hat er mitgearbeitet. Als Produktmanager Smart Farming und Elektronik bei Amazone ist der 30-Jährige für alle Smart-Farming-Lösungen von Amazone verantwortlich. Doch was genau macht ein Produktmanager eigentlich?
Ideen entwickeln und umsetzen
„Grundsätzlich begleite ich den gesamten Entwicklungsprozess eines neuen Produktes“, erklärt Bensmann. Doch seine Arbeit beginnt schon viel früher. Er verschafft sich ständig einen Überblick über den Markt, neue Forschungsprojekte und Technologien, um Ideen überhaupt zu entwickeln: „Dazu spreche ich viel mit Landwirten und Wissenschaftlern, besuche Vortragsveranstaltungen und Testkunden und höre, welche Wünsche der Vertrieb von den Kunden mitbekommt.“ Auch aus dem Vertrieb holt er sich regelmäßig Wünsche und Anregungen ein.
Aber auch die Produktmanager der anderen Amazone-Produktlinien arbeiten eng mit ihm zusammen, da ihre Entwicklungen in der Regel zusammen verkauft werden. So entsteht nach und nach ein Lastenheft, also die Anforderungen an das neue Produkt. Und natürlich beobachtet der Produktmanager auch, was die Konkurrenz entwickelt. Aber dazu später mehr.
Viele Schnittstellen
So ist Bensmann viel unterwegs, kann zwischendurch aber auch aus seinem Homeoffice in Berne arbeiten, um mehr Zeit mit seiner Frau und seinen zwei Kindern statt im Auto verbringen zu können. Doch egal ob von zu Hause, unterwegs oder in Hasbergen: „Bei uns sind die Kommunikationswege kurz – auch in die Chefetage“, betont er. Gleichzeitig bekam Bensmann gleich zum Berufseinstieg viel Verantwortung und Vertrauen: „Dabei hilft es mir, dass ich die Praxis kenne und weiß, welche Schwierigkeiten im Alltag eines Landwirtes beim Einsatz unserer Produkte auftreten können“, betont Bensmann die Bedeutung seines landwirtschaftlichen Hintergrundes. Sein Vater war in der Pflanzenschutzmittel-Industrie tätig, und Gregor Bensmann hat oft auf dem landwirtschaftlichen Betrieb seiner Tante mitgeholfen. Früh war klar, dass er nach dem Abitur Landwirtschaft studieren möchte.
Dass der Job als Produktmanager etwas für ihn sein könnte, habe sich dann ergeben, sagt Bensmann. „Denn Produktmanagement kann man nicht studieren.“ Viel mehr komme es auf die persönliche Stärke und Erfahrung an. Das landwirtschaftliche Studium mit betriebswirtschaftlichem Schwerpunkt sei bei ihm die Grundlage gewesen. „Noch wichtiger sind aber die Erfahrungen darum herum“, ist er sich sicher. „Ich habe Praktika und Jobs als Erntehelfer und Vorführfahrer sowie im Saatgutvertrieb gemacht und bin lange bei einem Amazone-Händler gewesen. Nebenbei bin ich immer in der Praxis geblieben.“ Zudem hat er sich in der DLG engagiert und enge Kontakte geknüpft, die ihm jetzt in seinem Job helfen.
Wissen, wofür
Hat Bensmann eine Idee für ein neues Produkt entwickelt, geht es an die Umsetzung. „Dabei ist es nicht schlimm, dass ich mich mit dem Programmieren kaum auskenne“, erzählt er. Das übernehmen die Entwickler aus seiner Abteilung. „Viel wichtiger ist, dass ich weiß, wie unsere Kunden das Produkt nutzen, welche Möglichkeiten und Funktionen es gibt und wie ich mir das Endprodukt vorstelle.“
Sind erste Prototypen fertig, lassen sich Bensmanns Produkte – anders als Pflüge oder Sämaschinen – schnell und einfach vor Ort testen. Mit seinem Team bespricht er dann, welche Fehler aufgetreten sind, welche Funktionen noch fehlen oder welche Menüführung für den stressigen Alltag eines Landwirtes noch zu kompliziert ist. Anschließend dürfen verschiedene Testkunden aus unterschiedlichen Regionen das Produkt im Alltag prüfen. „Das Feedback von dort ist wichtig und rundet eine erfolgreiche Produktentwicklung ab.“ Weiterhin entstehen in der Praxis auch Ideen für das Produkt von morgen. „Von der Idee bis zur Markteinführung einer Maschine können Jahre vergehen. Software ist hier etwas schnelllebiger. Dadurch, dass wir unsere Anwendungen jederzeit auch automatisiert im Büro testen können, entstehen regelmäßig neue Innovationen. Das gefällt mir“, erzählt Bensmann.
Dann wird es ernst
„Zuletzt erstellen wir noch Preislisten und schulen den Vertrieb auf neue Funktionen und Alleinstellungsmerkmale. Dazu muss ich natürlich wissen, was die Konkurrenz zu bieten hat“, verrät der Produktmanager. „Eine überzeugende Produktargumentation, die im Produktmanagement von der ersten Idee an entsteht, ist hier entscheidend.“ Nur so können die Vertriebs-Kollegen am Ende die Vorzüge der Amazone-Produkte gegenüber Alternativen hervorheben. „Gerade in den ersten Wochen und Monaten nach der Markteinführung bekomme ich immer noch viele Rückmeldungen, die mir zeigen, wie das Produkt bei den Kunden ankommt. Grundsätzlich übergeben wir zur Markteinführung aber an den Vertrieb und das Marketing“, erklärt Bensmann – bis die nächste Produktoptimierung ansteht und Updates entwickelt werden.
Traditionell stehen zur Agritechnica viele Produktvorstellungen an – so auch 2023. Als wir Bensmann besuchen, ist das Unternehmen in den letzten Vorbereitungen hierfür. Zu dieser Zeit plant er mit dem Messe-Team die Präsentation seiner Produkte, behält auch Neuvorstellungen der Konkurrenz im Auge und gibt dem Vertrieb letzte Informationen mit auf den Weg. „Dann ist es auch wichtig, Aufgaben zu delegieren, um sich nicht in Details zu verlieren.“ Auch das sei eine wichtige Fähigkeit eines Produktmanagers, hat Bensmann mit der Zeit gelernt.
So kann er die Messe-Woche auch dazu nutzen, um Konkurrenz-Produkte und deren Präsentation genauer unter die Lupe zu nehmen. „In der Regel ist der Austausch mit den anderen Produktmanagern dabei sehr offen. Wenn ich mit einem unserer Entwickler einen anderen Messestand besuche, gilt das Motto: ‚Erzählst du mir was, erzähle ich dir was‘. Das hilft uns allen – und vor allem unseren Kunden.“ Aber natürlich verrate man auch nicht alles, schränkt Bensmann ein. Und gibt zu, dass er „natürlich auch mal Entwickler alleine und ohne Amazone-Jacke“ zur Konkurrenz schickt.
Produktmanager zum Einstieg
An Hochschulen kursiert oft die Meinung, dass Produktmanager zwar super Einstiegsjobs sind, um das Unternehmen kennenzulernen. Arbeitgeber könnten hier aber auch sehen, ob die Einsteiger dem ständigen Druck zwischen Vertriebs-Wünschen und Budget-Grenzen gewachsen sind. „Das kann ich so aber nicht bestätigen“, stellt Bensmann klar. Als er Anfang 2019 als Berufseinsteiger in den Job startete, habe er tatsächlich schnell viel gelernt. Durch die gute Zusammenarbeit und offene Kommunikation gebe es den Druck aber kaum.
Auch über einen Positionswechsel denkt Bensmann nicht nach: „Ich würde nicht gerne 20 Jahre lang das Gleiche machen, aber der Job macht mir bisher sehr viel Spaß“, erzählt er. „Außerdem sind schon jetzt neue Aufgaben hinzugekommen,während ich für Dinge, die am Anfang typisch für meine Position waren, immer weniger Zeit habe. Daher habe ich in meiner Abteilung vor Kurzem einen zweiten Produktmanager dazubekommen.“ So hofft er, sich auch in Zukunft auf seinem Feld weiterzuentwickeln – unabhängig von der Berufsbezeichnung.
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