Mehr Demokratie wagen, wollte Willy Brandt in den 70er-Jahren. Mehr Fortschritt wagen, wollen nun die Ampel-Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP. Ihre Pläne für Landwirtschaft und Ernährung sowie Energie beschreiben sie im Kapitel „Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ des Koalitionsvertrages. Wie kommen die Punkte in der Branche an?
Bauernverband: Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, begrüßt den zügigen Abschluss der Ampel-Verhandlungen, hält den Koalitionsvertrag aber für eine Herausforderung für die Landwirtschaft: „Die Absicht, eine umwelt- und klimagerechte Landwirtschaft weiterzuentwickeln, die auch den Bauern gute wirtschaftliche Perspektiven bietet, ist zu begrüßen. Es kommt jedoch gerade bei den Vorhaben zum Naturschutz, zur Tierhaltung und zum Pflanzenschutz maßgeblich auf die Umsetzung an.“ Die Pläne der Koalition zu einer Kennzeichnung von Haltungsform und Herkunft sowie die Absicht, den Umbau zu höheren Tierwohlstandards zu erleichtern, begrüßt der DBV ausdrücklich.
Bio-Verbände: Die Bio-Branche äußert sich positiv zum Ampel-Ziel, bis 2030 30 % Bio-Anbaufläche zu erreichen. „Mit 30 % Bio bis 2030 wagt die Ampel mehr Fortschritt. Aus ,wagen‘ muss jetzt ,machen‘ werden“, fordert etwa Tina Andres vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) mehr Investitionen in den Bio-Ausbau. Der Naturland-Verband will gemeinsam mit der Ampel „mehr Tierwohl wagen“ und hebt dazu die geplanten Erleichterungen im Bau- und Genehmigungsrecht hervor.
Umweltverbände: Das Gros der Umweltverbände blickt wohlwollend auf die Agrarpläne der neuen Regierungskoalition. Der NABU bewertet große Teile des Landwirtschaftsteils positiv. Der BUND-Vorsitzende, Olaf Bandt, ermahnte die Koalitionäre, die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft in der Agrarpolitik umzusetzen. Dessen Kritik teilt der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Martin Schulz: „Sowohl die Zukunftskommission Landwirtschaft als auch die Borchert-Kommission tauchen im Koalitionsvertrag nicht auf. Dabei bietet der Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft Vorschläge für den notwendigen Neustart in der Agrarpolitik, die von einem breiten Bündnis aus Gesellschaft, Bauernschaft und Wissenschaft getragen werden.“
Waldbauern: Den klaren Schwerpunkt auf die Klimaschutzpolitik begrüßt die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Waldeigentümer (AGDW). „Der Wald leidet seit vier Jahren massiv unter den Folgen des Klimawandels. Die neue Bundesregierung kann der Klimaschutzpolitik mit konsequentem Handeln neuen Schwung verleihen“, sagte AGDW-Präsident, Hans-Georg von der Marwitz. Eine Kernforderung des Verbandes war neben der Holznutzung die Honorierung der Klimaschutzleistung des Waldes. Dankenswerterweise werde dieses Thema im Koalitionsvertrag aufgegriffen, so die AGDW. Kritisch bewertet der Verband, dass der Waldumbau mit „überwiegend standortheimischen Baumarten“ gelingen soll. „Wir benötigen Baumarten, die dem Klimawandel gewachsen sind. Dazu gehören auch nicht-heimische“, so von der Marwitz.
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