Inflationäre Zeiten entwickeln ihre ganz eigene Dynamik in den Märkten und stellen besondere Anforderungen an das Liquiditätsmanagement im Ackerbaubetrieb. Im Zuge der Ukraine-Krise waren 2021 die Erzeugerpreise sprunghaft gestiegen, während die Kostenseite erst mit einer gewissen Verzögerung nachgezogen ist. In den vergangenen Monaten zeigte sich eine gegenläufige Entwicklung: sinkende Erlöse bei gleichzeitig erhöhtem Kostenniveau. Dies könnte zu Liquiditätsengpässen führen. Welche Maßnahmen können Sie nun ergreifen?
Überblick verschaffen
Zunächst sollten Sie sich einen umfassenden Überblick über die Situation verschaffen. Planen Sie mithilfe einer Liquiditätsplanung Ihre laufenden Kosten und Erträge. So erkennen Sie frühzeitig, ob und wann Ihr Girokonto ins Minus zu laufen droht und wie groß die Lücke voraussichtlich ist. Dazu gehört auch eine vollständige Bestandsaufnahme der unbezahlten Rechnungen sowie der kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten. Ihr Berater kann Ihnen dabei helfen.
Gespräch mit der Hausbank
Vereinbaren Sie ein Gespräch mit Ihrer Hausbank und informieren Sie Ihren Ansprechpartner über die aktuelle Situation. Vorsorge ist besser und günstiger als Nachsorge. Nur bei frühzeitigem Kontakt können Sie Ihre Verhandlungsspielräume ausnutzen.
Bringen Sie zu dem Gespräch alle notwendigen Unterlagen wie Jahresabschluss, Liquiditätsplan usw. mit, damit sich der Banker ebenfalls ein umfassendes Bild machen kann. Denken Sie aber daran, dass die Bank die Vorschau auch mit dem tatsächlichen Ergebnis vergleicht. Es bringt also nichts, die Ergebnisse „schönzurechnen“.
Bestehende Kredite ordnen
Für die bereits bestehenden Darlehen bei der Hausbank und Rentenbank kann vereinbart werden, die Tilgung für einen bestimmten Zeitraum auszusetzen (etwa ein Jahr). In dieser Zeit werden nur die Zinsen auf die aktuelle Restschuld fällig. Die Zinsbindung bleibt unverändert. Je nach Vereinbarung setzt die Tilgung anschließend wieder mit den gleichen Tilgungsbeträgen wie vorher ein. Somit steht am Ende der Zinsbindung zusätzlich zur regulären Restschuld der ausgesetzte Tilgungsbetrag.
Alternativ wird die Tilgung höher angesetzt, um die ausgesetzte Summe bis zum Ende der Zinsbindung aufzuholen. Bei hauseigenen Krediten ist die Bank auch oft bereit, die Tilgung zu strecken. Diese Maßnahmen sind ein Zugeständnis der Bank. Dies setzt voraus, dass die Kapitaldienstfähigkeit langfristig gegeben ist.
Kreditlimit anpassen
Die Finanzierung der laufenden Ausgaben über das Kontokorrentkonto bzw. über Lieferantenkredite sollte nur kurzfristig in Anspruch genommen werden.
Eine angemessene Kreditlinie dient als Puffer für Abbuchungen und Ausgaben, um die Zahlungsfähigkeit zu gewährleisten. Passen Sie daher die Kontokorrentlinie an, um für ungenehmigte Überziehungen nicht hohe Zinsen bezahlen zu müssen und Ihr Rating zu beschädigen.
Forderungen begleichen
Haben Sie noch Forderungen gegenüber Berufskollegen oder Ihren Handelspartnern? Dann sollten Sie diese offenen Beträge zügig einfordern. Jeder Tag, an dem Ihr Konto im Minus steht, kostet teure Kontokorrentzinsen.
Sprechen Sie mit Ihren Handelspartnern und Lieferanten, bei denen Sie noch offene Rechnungen haben. Oftmals lässt sich ein Aufschub der fälligen Rechnungsbeträge vereinbaren. Das verschafft Ihnen Luft.
Rücklagen auflösen
Wenn Sie in den vergangenen Jahren Rücklagen in Form von Tagesgeld, Festgeld usw. gebildet haben, können Sie jetzt darauf zurückgreifen, um Ihr Girokonto „über Wasser“ zu halten. Kündigen Sie die entsprechenden Geldanlagen rechtzeitig bei Ihrer Bank, um eventuelle Strafgebühren bei der Auflösung zu vermeiden. Nicht vergessen: Den niedrigen Guthabenzinsen stehen hohe Kontokorrentzinsen gegenüber. Insofern sind die gesparten Kontokorrentzinsen die beste Verzinsung für Ihr Guthaben.
Mit dem Finanzamt reden
Die laufenden Einkommensteuervorauszahlungen orientieren sich immer am letzten Steuerbescheid. Sind hier hohe Gewinne eingeflossen, bedeutet dies höhere Vorauszahlungen. Kalkulieren Sie mithilfe einer realistischen Prognose den voraussichtlichen Gewinn des laufenden Jahres und beantragen Sie beim Finanzamt eine Herabsetzung der Vorauszahlungen. Ihr Steuerberater kann Ihnen dabei helfen.
Ein- und Verkauf optimieren
Sowohl beim Betriebsmitteleinkauf (Dünger, Diesel, Pflanzenschutzmittel usw.) als auch im Verkauf lassen sich unter Umständen bei kurzfristigen Preisschwankungen Vorteile realisieren. Beobachten Sie die Märkte und sichern Sie sich – da wo es möglich ist – günstige Konditionen.
Investitionen kritisch prüfen
Überlegen Sie genau, welche Ersatzinvestitionen (etwa Maschinen) momentan wirklich notwendig sind und welche Vorhaben erst mal verschoben werden können. Beschränken Sie sich hier zunächst auf das Nötigste, um das Tagesgeschäft aufrechtzuerhalten. Gleiches gilt für größere Reparaturen.
Die Sicherung der Liquidität hat oberste Priorität und verschafft Ihnen die notwendigen unternehmerischen Handlungsspielräume. Wer in den guten Jahren bereits finanziell vorgesorgt hat, kann nun länger durchhalten. Denken Sie außerdem daran, dass die Ernte 2024 auch zur Vorfinanzierung des Anbaus für die Ernte 2025 dient. Insofern beeinflussen Ihre heutigen Entscheidungen einen Zeitraum von über zwei Jahren.
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