Die Krankheit „Syndrome basses richesses“ kurz SBR, übersetzt Krankheit des niedrigen Zuckergehaltes, kann bei starkem Befall zu einer deutlichen Ertrags- und Zuckergehaltsreduktion führen. Sie wurde erstmals in den 1990er-Jahren in Frankreich beschrieben. Erreger ist ein Proteobakterium. Dessen Hauptüberträger ist die Schilfglasflügelzikade. Typische Symptome sind gelb gefärbte ältere Blätter und lanzettartig geformte junge Blätter im Herzen der Zuckerrübe. Der aufgeschnittene Wurzelkörper zeigt Verbräunungen der Gefäßbündelringe.
Ausbreitung schreitet voran
Seit ihrem ersten Auftreten 2008 in Deutschland hat sich die Schilfglasflügelzikade und die SBR-Krankheit in großen Teilen des süddeutschen Raumes sowie in Rübenanbauregionen in Sachsen und Sachsen-Anhalt verbreitet.
Im Entwicklungszyklus fliegen ausgewachsene Zikaden im Mai/Juni in Zuckerrübenbestände ein und saugen dort an den Rüben. Aus einer Eiablage am Rübenkörper entwickelt sich die Zwischenstufe der Larven, die sogenannten Nymphen, die ebenfalls an den Rübenwurzeln und nach der Ernte an Rübenbruchstücken saugen. In nachfolgenden Winterweizenbeständen finden die Nymphen Nahrung an den Pflanzenwurzeln des Getreides und können dann nach Entwicklung zum geflügelten Insekt aus den Weizenbeständen in Rübenbestände einfliegen.
Gummirüben wegen Stolbur
Im Anbaujahr 2023 war im Zusammenhang mit SBR ein massives Auftreten von „Gummirüben“ besonders in den Einzugsgebieten der Zuckerfabriken Offenau, Ochsenfurt und Offstein zu beobachten. Etwa ab Ende August zeigten sich neben dem gummiartigen Zustand des Wurzelkörpers starke Welkeerscheinungen und Blattverlust. Als Ursache wurde hier der Erreger Stolbur Phytoplasma nachgewiesen. Diese neue Variante war bisher vor allem aus dem Kartoffelanbau bekannt und führt dort zu Gummiknollen, Gefäßbündelverbräunungen und Wuchsveränderungen.
Über die Erreger und die Zikaden als Vektor wird seit einigen Jahren intensiv geforscht. Um noch schneller zu Ergebnissen und Bekämpfungsstrategien zu kommen, soll eine „Task Force“ die vielfältigen Aktivitäten koordinieren.
Aktueller Erkenntnisstand
Aus den bisherigen Forschungsaktivitäten gibt es folgende Erkenntnisse zur SBR-Bekämpfung:
- Der Einsatz toleranter Sorten reduziert Verluste im Zuckerertrag.
- Umstellung der Fruchtfolge – möglichst lange Brachezeit nach der Zuckerrübe und Anbau einer folgenden Sommerung bedeuten Nahrungsentzug für die Nymphen mit entsprechender Reduktion.
- Tiefere Bodenbearbeitung führt zu einer mechanischen Reduktion der Nymphen.
- Gute Wachstumsbedingungen für die Rüben schaffen, Stress für die Rüben durch andere Schädlinge und Krankheiten vermeiden.
- Der Einsatz von Biostimulanzien kann positiv wirken.
Weitere laufende Versuche im Labor und Freiland konzentrieren sich auf direkte und indirekte Bekämpfung der Zikaden und ihrer Zwischenstadien. Unter anderem untersucht man repellent wirkende Substanzen, die Zikaden abschrecken sollen oder natürliche Gegenspieler der Insekten.
Um in der Praxis der Rübenbaubetriebe noch weitere Erfahrungen zu gewinnen, werden über Süddeutschland verteilt in Modellregionen die Erkenntnisse aus bereits abgeschlossenen Forschungsprojekten großflächig getestet.
Der zukünftige Zuckerrübenanbau wird maßgeblich davon abhängen, ob sich eine weitere Ausbreitung der Schilfglasflügelzikade verhindern lässt und damit die Eindämmung der übertragenen Krankheiten gelingt. Die Bekämpfungsmöglichkeiten sind aber derzeit noch sehr begrenzt und sollten in den betroffenen Regionen durch Fruchtfolge und geeignete Sorten genutzt werden.
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