Pflanzenbau aktuell

Kartoffeln: Schon erster Durchwuchs, Alternariabehandlung durchführen, Kartoffelkellerlaus im Lager und in Gelbschalen gefunden

Einige empfindliche Sorten zeigen wegen des extremen Witterungsverlaufs der vergangenen Wochen bereits Durchwuchs, gleichzeitig ist das Alternaria-Risiko hoch.

Schon erster Durchwuchs: Die trockenheiße Witterung und die anschließenden Niederschläge haben zur Deaktivierung der knolleneigenen Keimhemmstoffe in empfindlichen Sorten geführt. Als Folge davon wurde schon jetzt erster Durchwuchs initiiert. Durch den diesjährigen witterungsbedingten großen Entwicklungsrückstand der Kartoffeln haben die Knollen aber häufig noch nicht die richtige Größe für den Einsatz von Maleinsäurehydrazid (Crown MH/Itcan SL 270 11 l/ha, Fazor/Himalaya 60 SG 5 kg/ha) erreicht. Um Ertragsverluste zu vermeiden, sollten 80 % der Knollen bei kleinfallenden Sorten eine Mindestgröße von ca. 25 bis 30 mm und bei großfallenden Sorten von ca. 35 bis 40 mm erreicht haben. Der optimale Einsatzzeitpunkt für Maleinsäurehydrazid gegen Durch-/Zwiewuchs ist, wenn ca. 80 bis 90 % des Bestandes eine Keimlänge von gerade gespitzt bis 5 mm aufweisen, gute Wirkung noch bis 10 mm. Eine Alternative, die testweise eingesetzt werden kann, ist Kelpak (Biostimulanz, 2 x 2 l/ha im Abstand von einer Woche). Im Kammerversuch 2017 wurde hiermit der Durch- und Zwiewuchs um ca. 50 % reduziert.

Bei einigen Sorten ist schon erster Durchwuchs zu beobachten. (Bildquelle: Kanders)

Alternariabehandlungen durchführen: Alternaria wird durch witterungsbedingte Stressphasen, wie hohe Temperaturen, langanhaltende Trockenheit und nachfolgenden Niederschläge, gefördert. Deswegen sollten in der Lagerware, falls noch nicht geschehen, umgehend Alternariabehandlungen erfolgen. Eingesetzt werden dürfen Belanty 1,25 l/ha (BBCH 21 bis 93), Dagonis 0,75 l/ha (BBCH 38 bis 89), Narita 0,5 l/ha (ab BBCH 65), Revus Top 0,6 l/ha (BBCH 40 bis 89), Propulse 0,5 l/ha (BBCH 40 bis 89) oder Signum 0,25 l/ha (BBCH 51 bis 89). Die Spezialfungizide im Wechsel im 10- bis 12-tägigen Abstand einsetzen, Signum im 14-tägigen Abstand. Aufgrund der aufgetretenen Resistenzen sollte Signum in der Spritzfolge nach hinten platziert werden.

Beachten: Belanty, Dagonis, Narita, Propulse und Signum haben keine Krautfäulewirkung. Belanty, Dagonis, Narita, Propulse oder Revus Top (Ergosterol-Biosynthese-Hemmer) dürfen nicht in Mischung mit Mospilan SG/Danjiri an blühenden Pflanzen und an Pflanzen, die von Bienen beflogen werden, angewendet werden. Belanty, Dagonis, Narita, Propulse oder Revus Top (Ergosterol-Biosynthese-Hemmer) dürfen in Mischung mit Pyrethroide (z. B. Hunter WG, Karate Zeon, Lamdex Forte) an blühenden Pflanzen und an Pflanzen, die von Bienen beflogen werden, nur abends nach dem täglichen Bienenflug bis 23 Uhr angewendet werden.

Kartoffelkellerlaus im Lager und in Gelbschalen gefunden: Ein nicht so häufiger Fund, die Kartoffelkellerlaus oder auch breitröhrige Kartoffelknollenblattlaus genannt, tritt aktuell in einem Kartoffellager in NRW auf. An den Keimen wurde eine Massenvermehrung von geflügelten und ungeflügelten Kartoffelkellerläusen festgestellt. Auch in einer Gelbschale im Blattlaus-Monitoring wurden einzelne geflügelte Exemplare gefunden.

Ein besonderes Kennzeichen der dunkelbraunen bis schwarzen Kartoffelkellerläuse sind die blasenförmig aufgewölbten, dunkelbraunen Hinterleibsröhren (Siphonen). Bei Massenvermehrung im Lager schädigen sie die Keime, was zum Schrumpfen der Knollen führen kann. Hierdurch werden in Konsumware die Qualität und in Pflanzkartoffeln die Keimfähigkeit deutlich beeinträchtigt. Ab Mai treten die geflügelten Läuse auf.

Die lichtscheuen Kartoffelkellerläuse gelangen über befallenes Pflanzgut in den Boden und vermehren sich dort an den unterirdischen Pflanzenteilen. Die geflügelten Läuse können auf schweren Böden auch über die Risse in den Dämmen an die Kartoffelwurzeln gelangen. Kommt es im Boden zu einer Massenvermehrung, werden die Pflanzen im Wuchs stark beeinträchtigt und können vorzeitig vergilben. Die Symptome ähneln denen der zystenbildenden Nematoden.

Im Lager können neben Kartoffeln auch z. B. Möhren, Sellerie, Topinambur und Steckrüben befallen werden. In milden Wintern überleben die Kartoffelkellerläuse im Freiland an den Wurzeln von z. B. Ackerwinde, Stiefmütterchen oder Grünkohl, aber auch an Ausfallkartoffeln. Im Sommer werden vorzugweise unterirdische Pflanzenteile von z. B. Ackergänsedistel, Efeublättriger Ehrenpreis, Gemeine Quecke, Kleine Brennnessel und einige Gemüsekulturen befallen.

Eine direkte Bekämpfung der im Boden lebenden Läuse ist nicht möglich. Früher zeigten die insektiziden Beizen eine Wirkung, aktuell gibt es aber kein zugelassenes Mittel. Im Lager empfiehlt sich eine ausgiebige Reinigung nach Auslagerung der befallenen Knollen. Die Ausfallkartoffeln müssen als potenzielle Winter- und auch Sommerwirte konsequent bekämpft werden. Das Auftreten der Kartoffelkellerläuse war bislang eher die Ausnahme. Einen Befall melden Sie bitte Ihrem regionalen Pflanzenbau- und Pflanzenschutzberater der Landwirtschaftskammer NRW.

Geflügelte und ungeflügelte Kartoffelkellerläuse, die aktuell in einem Lager auftreten.  (Bildquelle: Stanke)

Geflügelte Kartoffelkellerlaus, die in einer Gelbschale gefunden wurde. Typisch sind die blasenförmig aufgewölbten, dunkelbraunen Hinterleibsröhren.  (Bildquelle: Gebhard)


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