Das kalte Frühjahr verzögerte das Wachstum und somit die Getreideernte, die Anfang Juli startete – deutlich später als in den vorherigen drei Jahren. In der zweiten Augustwoche konnte vielerorts die Getreideernte abgeschlossen werden, abgesehen von den Spätdruschgebieten und Restflächen.
Noch etwa zwei Monate vor Erntebeginn waren die Ertragsaussichten optimistisch. Die Bestände kamen unbeschadet durch den Winter und präsentierten sich sehr gut. Niemand hätte mit einem unterdurchschnittlichen Ertragsniveau gerechnet, wie es jetzt aus den ersten, vorläufigen Zahlen der Besonderen Ernteermittlung hervorgeht. Der Landesbetrieb Information und Technik hat diese in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer NRW ermittelt.
Die im Vergleich zu Normaljahren verminderte Sonneneinstrahlung und der zweiwöchige Hitzestress im Juni führten zu einer geringeren Fotosyntheseleistung aller Feldfrüchte, die beim Getreide eine verminderte Kornfüllung bedeutete. Das Getreide konnte sein Ertragspotenzial nicht ausschöpfen.
Wechselhaftes Wetter
Die Aussaat des Wintergetreides erfolgte überwiegend bei optimaler Bodenfeuchte. Ein warmer Herbst führte durchweg zu üppigen Beständen. Es folgte ein insgesamt milder Winter mit einer Frostphase im Februar. Eine oft schützende Schneedecke verhinderte größtenteils Auswinterungsschäden. Im April und Mai herrschten teilweise noch Nachtfröste. Niedrige Temperaturen verzögerten die Vegetationsentwicklung.
Die über einen Zeitraum von zwei Juniwochen andauernde extreme Hitze verkürzte die Kornfüllungsphase. Seit Ende Juni war es sehr wechselhaft, mit regionalem Starkregen. Extreme Niederschläge vor und während der Ernte führten zu Lagergetreide, einer schlechteren Befahrbarkeit der Böden sowie zu Ernteunterbrechungen. Bei wenig Sonne trocknete das Lagergetreide nur sehr langsam ab. Oft wurden Qualitätsminderungen und Auswuchs beobachtet.
Extrem hohe Niederschläge fielen zwischen dem 13. und 15. Juli vor allem in den südlichen Landesteilen von NRW, wo es an Flüssen der Ahr, Erft, Inde, Wupper, Volme und anderen zu extremen Überflutungen kam. An diesen Tagen regnete es in den betroffenen Regionen 150 bis 180 l/m². Die Überflutungen führten insbesondere in der Nähe von Gewässern zu erheblichen Schäden. Auch landwirtschaftliche Betriebsgebäude und Nutzflächen waren betroffen.
Wetter begünstigt Pilzbefall
Die Witterungs- und Krankheitseinflüsse waren regional sehr differenziert. In Winterweizen und Triticale trat beispielsweise zu einem frühen Zeitpunkt Gelbrost auf, der sich gut etablieren konnte. Überraschend selten war Septoria zu beobachten, regional trat Ährenfusarium auf. Bei anfälligen Wintergerstensorten wurde bereits im Herbst Mehltau festgestellt. Bei Wintergerste begünstigte das warme Wetter die Infektion mit den von Blattläusen übertragenen Gelbverzwergungsviren.
Pilzkrankheiten wie zum Beispiel Zwergrost breiteten sich erst Mitte Juni, andere, wie Ramularia, dagegen erst kurz vor der Abreife, dann aber sehr stark aus. Im Winterroggen trat in geringem Umfang ein Befall mit Rhynchosporium und Gelbrost auf.
Weizen und Gerste schwach
Insgesamt errechnet sich für NRW ein vorläufiger Getreideertrag von 74,3 dt/ha, der das mehrjährige Mittel um fast 2 dt/ha unterbot. Der mehrjährige Schnitt beinhaltet die letzten drei Dürrejahre, in denen das Getreide jedoch überwiegend mit dem blauen Auge davonkam. Gradmesser für den Ertrag in NRW sind Winterweizen und Wintergerste, die auf mehr als drei Viertel der Getreidefläche (ohne Körnermais) stehen. Mit 79,3 dt/ha bei Winterweizen hätte wohl keiner gerechnet. Damit unterschreitet er sogar seinen Schnitt der Dürrejahre sowie den der letzten sechs Jahre um jeweils rund 4 %. Im Vorfeld gingen Experten davon aus, dass der Weizen die kühle Witterung im Vergleich zum übrigen Getreide ganz gut kompensierte. Doch am Ende fehlte Sonne, sodass Ertrag und Korngewicht enttäuschten. Frühzeitig gedroschene Bestände ohne Lager erreichten vorwiegend sehr gute Qualitäten, dagegen reichte es bei lagerndem Weizen oftmals nur zur Futterqualität.
Wintergerste verfehlte mit einem Hektarertrag von 74,1 dt das mehrjährige Mittel um etwas weniger als 1 dt. Auch hier enttäuschte das Korngewicht. Neben der fehlenden Sonne wirkte teilweise die Infektion mit dem Gelbverzwergungsvirus einer optimalen Ertragsentwicklung entgegen.
Roggen überholte Triticale
Mit 67,5 dt/ha überbot Roggen seinen mehrjährigen Mittelwert um 9,2 %. Im Vergleich zum Vorjahr überraschte er mit einem Ertragsplus von 16 %. Möglicherweise verleiht ihm unter anderem der züchterische Fortschritt (Hybridzucht) im Vergleich zu früheren Jahren ein höheres Ertragspotenzial.
Seine diesjährige Ertragskraft könnte der zunehmenden Anbaufläche weiteren Rückenwind geben. Während Roggen im mehrjährigen Schnitt der verwandten Triticale um 4,2 dt/ha unterlag, zeigte sich 2021 ein völlig anderes Bild: Mit etwa 2 dt/ha war er der Triticale überlegen. Diese lag mit 65,3 dt/ha zwar 4,3 % über dem schwachen Vorjahr, verfehlte jedoch mit fast 1 % sein langjähriges Mittel. Die Abreife erfolgte sehr zögerlich, sie wurde teils zeitlich nach dem Winterweizen gedroschen.
Sommergerste und -weizen rangierten um die 54 dt/ha und überboten jeweils den Vorjahreswert. Der mehrjährige Schnitt liegt bei Sommerweizen auf deutlich höherem Niveau mit 59 dt/ha. Dagegen konnte die Sommergerste auch ihr mehrjähriges Mittel um 2 dt überbieten. Hafer erreichte mit einem Hektarertrag von 49,3 dt fast 4 dt mehr als im vergangenen Jahr.
Winterraps: Lange Blüte
Beim Winterraps variierten die Aussaatbedingungen. Auf ausreichend feuchten Böden folgte ein gleichmäßiger Auflauf. Auf trockenen Standorten oder bei vielen Strohrückständen war der Feldaufgang beeinträchtigt. Die Bestände entwickelten sich vor dem Winter recht üppig. Die erste Frostphase im Februar verursachte aufgrund der schützenden Schneedecke keine Schäden. Die späteren Aprilfröste bescherten geringe Blütenverluste, in vereinzelten Fällen geplatzte Stängel. Die anhaltend niedrigen Temperaturen verlängerten die Blühphase erheblich. Das Risiko für einen Pilzbefall war hoch, Starkregen belastete die Bestände. In Fachkreisen wird der Ertrag landesweit bei niedrigem Korngewicht mit bis zu 40 dt/ha eingeschätzt, bei durchschnittlichen Ölgehalten.
Sehr wüchsiges Grünland
Im April war das Wachstum auf dem Grünland verhalten. Die niedrigen Temperaturen verzögerten den ersten Grünlandschnitt um etwa 14 Tage. Der warme, niederschlagsreiche Juni bot optimale Basis für hohe Wachstumsraten. Vier Wochen nach dem ersten Siloschnitt folgte bereits der zweite, ertragreiche Schnitt. Das zum Vegetationsbeginn verhaltene Wachstum wurde durch das anschließende wüchsige Wetter mehr als kompensiert. Extreme Starkniederschläge stellten für Ertrag und Qualität kein Problem dar. Beim ersten Schnitt wurden häufig geringe Protein- und Energiegehalte sowie ein relativ hoher Rohfasergehalt festgestellt. Hohe Zuckergehalte stehen eventuell mit niedrigen Temperaturen in der Wachstumsphase im Zusammenhang (weniger Stoffwechselaktivitäten).
Mais präsentiert sich gut
Der Mais wurde schwerpunktmäßig Ende April gesät. Niedrige Temperaturen im Mai brachten eine Auflaufverzögerung und nicht selten Keimlingsausfälle mit sich. Im Mai gesäter Mais kam in der Regel besser klar. Landesweit wurden Vogelfraßschäden gemeldet. Der Juni brachte beste Wachstumsvoraussetzungen, die anfängliche Entwicklungsrückstände weitgehend kompensierten.
Die Bestände zeigten ein unerwartet gutes Massen- und Längenwachstum. Erste Bestände blühten ab Mitte Juli. Vor dem Hintergrund einer ausreichenden Wasserversorgung sind die Ertragsaussichten gut. Krankheiten traten bis Mitte August nicht auf. Nach deutlicher Zunahme des Maiszünslerbefalls in den Vorjahren ist das aktuelle Schadausmaß für 2021 noch nicht abzusehen. Feuchte Bedingungen zur Blüte könnten einen Befall mit Blattflecken begünstigen und Kolbenfusarium nach sich ziehen.
Verzögerungen bei Kartoffeln und Rüben
Das Gros der Frühkartoffeln wurde erst nach Ostern ab dem 6. April gepflanzt, die mittelfrühen und späteren Sorten Mitte bis Ende April. Die Ernte der Frühkartoffeln erfolgte zwar im Juni, jedoch aufgrund der verzögerten Entwicklung rund drei Wochen später als in den Vorjahren. Bei frühen Sorten wurden sehr unterschiedliche Knollenansätze beobachtet. Die Qualitäten waren zum Erntebeginn ausreichend, im weiteren Verlauf kristallisierten sich zu wenig Stärke und übergroße Knollen heraus.
Speiseware der mittelfrühen und späten Kartoffeln wies schlechte Kocheigenschaften auf, dagegen wurden bei Verarbeitungsware schlechte Backeigenschaften festgestellt. Starkregen schränkte die Befahrbarkeit der Böden ein und setzte mit fehlender Sonne allen Kartoffelbeständen zu. Die feuchte Witterung erforderte umfangreiche Pflanzenschutzmaßnahmen, insbesondere zur Krautfäulebekämpfung. Bodensenken bereiteten sehr große Fäulnisprobleme.
Auch bei Rüben führte ein zu kühles Frühjahr in Kombination mit einer überwiegend feuchten Witterung zu einem verlangsamten Wachstum. Im Juni folgte ein starker Massenzuwachs.
Die erste Proberodung in der dritten Juliwoche ergab im Vergleich zum mehrjährigen Mittel knapp unterdurchschnittliche Erträge, bei sehr niedrigen Zuckergehalten unter dem mehrjährigen Mittel. Hierfür waren hohe Niederschlagsmengen verantwortlich, die einen Verdünnungseffekt in den Rübenpflanzen bewirkten.
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