An der Wand aufgereiht hängen die Leinen – an Haken, die aussehen wie Hundeschwänze. „Hier nehmen wir unsere Gäste in Empfang“, erklärt Therese Schedifka. Von den Vierbeinern allerdings fehlt drinnen jede Spur. „Die sind fast den ganzen Tag draußen – jetzt gerade sind sie auf der Rennbahn unterwegs.“ Ein Blick über den Hof auf die knapp 700 m lange Bahn verrät: Bei 34 °C im Schatten ist selbst den Tieren nicht nach Laufen zumute. Ein knapp 20-köpfiges Rudel hat es sich im Schatten bequem gemacht. Drei Betreuungspersonen – eine Hundepsychologin, ein Hundetrainer und ein Praktikant – haben zur Abkühlung einige Planschbecken aufgebaut.
Wir sind zu Besuch in der Hundetagesstätte „Planet Animal Home“, die Therese Schedifka gemeinsam mit Inhaber Lorin Bücker führt.
Hunde statt Pferde
Anfang 2017 pachtete das Pärchen einen Pferdehof – genauer gesagt ein ehemaliges Pferdetherapiezentrum – in Everswinkel, rund 20 Autominuten von Münster entfernt. Neben der Betreuung tagsüber bieten die beiden dort auch Urlaubsbetreuung an. Maximal 20 Hunde bringen sie zeitgleich unter. „Anders als gedacht ist die Nachfrage bei der Tagesstätte viel größer“, stellte Therese Schedifka schnell fest. Die meisten Vierbeiner sind an zwei bis drei festen Wochentagen bei ihnen, manche auch an fünf. Viele der Besitzer arbeiten in Münster. 20 € beträgt die Grundgebühr für einen 9-Stunden-Tag. Futter bringen die Halter selbst
Radio und Schummerlicht
Der Umbau des Pferdestalls dauerte knapp vier Monate. In den vorderen, offenen Boxen können die Hunde nun tagsüber rumtoben. Eine andere Atmosphäre herrscht im hinteren Teil, dem „Pensions-Wohnzimmer“. Die ehemaligen Pferdeboxen dort sind gut isoliert, es hängen Hundeporträts an den Wänden und die Hundekörbchen sind viskoelastisch – „vergleichbar mit Tempur Matrazen, das Material schont die Gelenke“, erläutert Therese Schedifka. Hier verbringen die Tiere die Mittagsruhe und je nachdem die Nächte. Ein altes Ledersofa dient als Kuschelecke, der Ort für ausgiebige Streicheleinheiten.
Im Hintergrund säuselt bis spät in den Abend hinein leise ein Radio. Und eine Stehlampe sorgt für schummriges, leicht flackerndes Licht. „Auf die Weise imitieren wir für unsere Übernachtungsgäste den Fernsehabend daheim“, so die 30-Jährige. Wer mit welchem „Freund“ in einer Box schläft, können die Hunde selbst entscheiden.
Das Konzept scheint aufzugehen. Bisher ist noch jede Nacht ohne Gekläffe verlaufen. Das Babyfon, das nebenan in das Haupthaus zu Therese Schedika, Lorin Bücker und ihrer vier Monate alten Tochter Charlotte funkt, blieb noch immer ruhig.
Hund vermenschlichen?
Beim Begriff Hundetagesstätte, kurz HuTA, liegt die Assoziation mit Kindertagesstätten nahe. Ein weiterer Schritt, Haustiere zu vermenschlichen? Tatsächlich erfüllt das Team vom „Tierplaneten“ alle Wünsche rund ums Hundewohl. Am Eingewöhnungstag wird genau geschaut, wie sozialverträglich der Vierbeiner ist. „Unsichere Tiere packen wir zunächst zu unserem eigenen Rudel“, erzählt Therese Schedifka. Gemeint sind der Ridgeback-Mischling Cookie und die Mischlingshündin Nela mit zwei ihrer gemeinsamen Welpen. „Die vier sind ein eingespieltes Team, da sind die Hierarchien klar. Das macht es für Neulinge einfacher.“ Genauso wie ein feste Tagesstruktur.
Doch trotz aller Gedanken, die sich der Inhaber und seine Partnerin um die Tiere machen: Vermenschlichung wäre das falsche Wort. Denn auf dem 3 ha großen Hofgelände kann Hund vor allem eins sein: Hund.
Haltung im Rudel
Neben der alten Pferderennbahn bieten mehrere Spiel- und Buddelwiesen reichlich Auslauf. Je nach Rasse bauen die Betreuer mit versteckten Suchbeuteln „Nasenarbeit“ ein. Zughunde kommen beim sogenannten Dogscooting auf ihre Kosten – dabei wird der Hund vor einen Tretroller gespannt. Und das Wichtigste bei all dem: Die Hunde bewegen sich die meiste Zeit im Rudel.
Wenn die Besitzer ihre Lieblinge zwischen halb fünf und sieben am Abend abholen, wirken die Hunde in der Regel ausgeglichen, so Therese Schedifka. Und ein netter Nebeneffekt der Rudelhaltung: Sie bleiben bei Begegnungen mit anderen Hunden in der Stadt deutlich entspannter.
Traum verwirklicht
Mit diesem artgerechten Angebot – Haustiere so zu halten, wie er es für richtig hält – erfüllte sich Lorin Bücker einen Traum. Der Münsteraner führt in einer ausgebauten Scheune in Münster-Wolbeck bereits einen Hofladen mit Produkten rund ums Tier.
Mit den Nachbarn gibt es glücklicherweise keinen Ärger. Über Lärm beschwert sich Niemand – tatsächlich ist auch heute kaum Gebell zu hören. Und ausgerissen ist bisher auch noch keiner der Gäste. „Wir versuchen, die Nachbarn einzubinden und laden sie zu Veranstaltungen ein. Wie neulich zum Hot Dog Day. Dabei schienen sie mir offen und interessiert an unserem Konzept“, freut sich Therese Schedifka.
Auch bei den Besuchen des Veterinäramtes gab es bislang keine Probleme. Neben Bau und Ausstattung standen dabei vor allem die Qualifikationen der Hundebetreuer auf dem Prüfstand. Bald steht eine weitere Veranstaltung an: Die Eröffnung des umgerüsteten Pferdetherapiebeckens. Die Gäste erwartet demnächst also Urlaub mit Pool. Hund müsste man sein.