Hier wird Platt gespielt!

Eine Theatergruppe der Landjugend Bad Laer führt jedes Jahr zum Erntedankfest ein Stück auf Plattdeutsch auf. Altmodisch? Keineswegs! Hier wird Tradition modern interpretiert. Vörhang up!

Wutentbrannt stürmt die großbusige Doris aus dem Wohnzimmer, knallt die Tür zu und flucht und schnaubt draußen hörbar weiter. Die vier Korn, die sie gerade hintereinander weggekippt hat, zeigen Wirkung. Ein Glück, dass die dünne Bühnenwand diesen Wutausbruch überlebt hat. Wie soll das nur werden, wenn der „Korn“ bei der Premiere nicht mehr nur Wasser ist?

Texte auf Plattdeutsch

Die Standfestigkeit der Bühne ist bei solchen Power-Frauen wie sie im Stück „Nochmal Glück hatt“ vorkommen, zwar eine heikle Angelegenheit. Aber die größte Herausforderung für die Theatergruppe der Katholischen Landjugend (KLJB) Bad Laer ist eindeutig: die Sprache! Der 50-minütige Einakter spielt komplett auf Plattdeutsch. Diese alte Form des Deutschen kennen viele wahrscheinlich nur von ihren Großeltern, sprechen sie aber selbst nicht mehr.

Alte Sprache – junge Leute

„Jii‘s und Ju‘s sind schwer“, sagt Katharina Glosemeyer, die mit am besten in der Gruppe Platt sprechen kann. „Und manchmal weiß man vor lauter ‘Chhhhrrr’ gar nicht wohin“, lacht sie. Im Platt wird das ‘g’ nämlich wie ein ‘chr’ ausgesprochen. Aus ‘ganz’ wird dann ‘chranz’ und statt ‘güstern’ (gestern) sagt man ‘chrüstern’. Kein Wunder, dass sich die Zunge nach einem Schnäpschen da besser löst.

Tradition erhalten

Aber warum dieser ganze Aufwand? Einen Text auswendig zu lernen ist ja schon schwierig genug. Und dann auch noch in einer Fremdsprache? „Wir hatten schon öfter die Diskussion, ob wir nicht auf Hochdeutsch spielen wollen“, sagt Regiefrau Vera Buddendieck bei einer Probe, die das Wochenblatt besucht hat. „Aber wir wollen nicht die Generation sein, die die Tradition aussterben lässt“, fügt der ehemalige KLJB Vorsitzende Richard Vor der Landwehr pflichtbewusst hinzu. Und wenn seit fast 60 Jahren Plattdeutsches Theater in Bad Laer gespielt wird, darf man wohl von Tradition reden.

Von wegen verstaubt

Außer der alten Sprache wirkt hier allerdings gar nichts antiquiert. Im Gegenteil: Für die junge Truppe steht der Spaß sichtlich im Vordergrund. Und damit ist die Gruppe gut beraten. Schließlich dauern die Proben für das Stück fast vier Monate. „Wir treffen uns von Juli bis Oktober ungefähr zweimal die Woche“, resümiert Carina Glied, die als Souffleuse bei Textaussetzern weiterhilft.

Kaltwachs auf der Bühne

Von perfekten Platt-Kenntnissen sind hier alle weit entfernt. Und darum geht es auch gar nicht. Im Gegenteil: Manchmal kommt genau deshalb besonders viel Freude auf, weil eben nicht alle perfektes Platt sprechen. Ohnehin sorgen die modernen Interpretationen der älteren Theaterstücke für genug Gelächter. Wie zum Beispiel im letzten Jahr, als ein Stück auf dem Plan stand, das schon vor 20 Jahren in Bad Laer gespielt wurde. Damals sicher schon ein Kracher, inszenierten die Jugendlichen das Stück letztes Jahr inklusive Special Effect: Der Live-Enthaarung eines männlichen Schienbeins mit Kaltwachs. Danach war sicher nicht nur der Schauspieler platt. Eva Piepenbrock

Den ausführlichen Bericht lest ihr in Wochenblatt Ausgabe 40.