Frauenpower in der Landwirtschaft

Junge Frauen in der Landwirtschaft lassen sich von ihren männlichen Kollegen nicht den Schneid abkaufen. Wir haben uns mit Studierenden an der Fachhochschule in Münster unterhalten.

Oktober 2012: Nagellack und neue Schuhe? Es gibt Wichtigeres, finden einige jungen Frauen Anfang 20. Voller Energie und Pläne bereiten sie sich an der Fachschule für Agrarwirtschaft in Münster-Wolbeck auf ihre Zukunft in der Landwirtschaft vor. Fast alle wollen auf kurze oder lange Sicht den elterlichen Betrieb weiterführen. Wir wollten wissen, was sie an der praktischen Landwirtschaft reizt, und wie sie sich in dieser Männerdomäne behaupten.

Im Gespräch stellt sich heraus, dass sieben der jungen Frauen ausschließlich Schwestern haben. Ist der fehlende männliche Hofnachfolger ein Grund für die Berufswahl? Nein, behaupten alle einhellig. „Meine Eltern waren erstaunt, dass ich den landwirtschaftlichen Weg einschlage“, erzählt Julia Elmer, die vorher bereits eine Ausbildung zur Tierarzthelferin absolvierte und in diesem Beruf gearbeitet hat.

Sandra Köster aus Steinfurt möchte nach der Fachschule noch außerhalb des elterlichen Betriebes arbeiten, langfristig aber auf jeden Fall den Betrieb zu Hause mit 210 Sauen im geschlossenen System übernehmen. Ihre zwei älteren Schwestern haben daran kein Interesse. Dennoch legte ihr Vater ihr ans Herz: „Wenn du lieber etwas anderes machen möchtest, dann tu das.“

Judith Klosterkamp aus Freckenhorst hat sogar Konkurrenz in der eigenen Familie. „Mein jüngerer Bruder ist jetzt in der Ausbildung und lernt Landwirtschaft“, berichtet die 22-jährige Milchviehhalterin. Wer zu Hause einsteigt, ist noch nicht entschieden.

Manchmal gibt es Akzeptanzprobleme

Unterhält man sich mit den jungen Frauen, so spürt man, wie sie für ihren Beruf brennen. Was genau fasziniert sie daran? Es gebe jeden Tag etwas anderes zu tun, das empfinden alle als reizvoll. Die Vielseitigkeit, das Abwechseln zwischen Tierbetreuung und Feldarbeit – dies sind für die Frauen klare Argumente für die Landwirtschaft.

Stoßen sie dabei auf Vorbehalte ihrer männlichen Kollegen? „Mein Lehrherr in der Ausbildung meinte sogar, dass ich besser schweißen kann als er“, sagt Sandra Köster. Astrid Köninck aus Steinfurt zitiert ebenfalls ihren ehemaligen Chef, der auf Frauen schwöre: „Sie fahren vorsichtiger“, so dessen Meinung.

Teilweise machten Ausbildungsbetriebe jedoch von vorneherein klar, keine weiblichen Lehrlinge einstellen zu wollen. „Wenn man sie aber von sich überzeugt, sind sie hinterher meistens sehr zufrieden“, weiß Verena Büssing aus Nottuln.

Manchmal sind es aber andere Schwierigkeiten, die dem im Wege stehen. Sandra Köster berichtet von ihrer Probewoche auf einem Ausbildungsbetrieb. Obwohl sie gerne geblieben wäre, scheiterte es letztlich daran, dass sie das Bad mit einem männlichen Mitarbeiter hätte teilen müssen. Für einige Mitglieder der streng katholischen Familie war dies ein unhaltbarer Zustand.

Männer sind eigentlich ganz nett ...

Manchmal müssten sie sich durchaus blöde Sprüche von ihren Schulkameraden anhören, sagt Verena Büssing, die damit aber kein Problem hat: „Das bekommen sie dann auch zurück.“ Akzeptanzprobleme erleben die Frauen öfter auch im Umgang mit Viehhändlern oder Vertretern. „Da kommen schon mal Sprüche, die meine Kompetenz als Frau in Zweifel ziehen“, so eine der jungen Frauen. Es ärgert nicht nur sie, wenn zu Hause erst mal nach dem Vater gefragt wird, anstatt die Dinge mit der jungen Hofnachfolgerin zu regeln.

Gibt es keine Situation, in der sich die Frauen nach männlicher Unterstützung sehnen? „Ich habe Respekt vor Zuchtbullen“, gibt Astrid Köninck zu. „Nur wenn pure Manneskraft vonnöten ist“, sagt Sandra Köster und meint damit das Schleppen schwerer Säcke oder Abrissarbeiten mit dem Vorschlaghammer.

Frauen seien eben erfindungsreicher und fänden einen anderen Weg zum Ziel, meint Anika Leifeld aus Ahlen. Ein Kavalier ist dennoch gern gesehen bei den Landwirtinnen. Sei es, wenn er beim Siloabdecken ungefragt zur Hilfe kommt oder beim Abladen von Getreide die Anhängerklappen öffnet. „Männer sind eigentlich ganz nett“, das weiß Verena Büssing zu schätzen. bw

Hinweis: Dieser Beitrag ist aus der Wochenblatt-Ausgabe 40/2012.