Einblick vor der Prüfung

Vor der betrieblichen Prüfung können sich die Azubis in der Landwirtschaft ihre Prüfungsstätte anschauen. 18 Auszubildende nehmen den Betrieb von Gerd Meierzuherde unter die Lupe.



Im Juli steht nicht nur die Getreideernte an, sondern die landwirtschaftlichen Auszubildenden können auch das erfolgreiche Ende ihrer Ausbildung einfahren. Doch davor müssen sie die Abschlussprüfung bestehen.

Um für den betrieblichen Teil der Prüfung gerüstet zu sein, trafen sich 18 Auszubildende in Herzebrock-Clarholz. Dort konnten sie sich auf dem Hof Meierzuherde ein Bild von ihrer Prüfungsstätte machen. „An diesem Tag sollen sie den Betrieb kennenlernen, ohne zu wissen, was in der Prüfung drankommt“, sagte Burkhard Schulte-Bories, Ausbildungsberater der Landwirtschaftskammer für die Kreise Steinfurt, Warendorf und Münster.

Mit Block und Kamera

Zu Beginn stellten sich die Azubis vor. Neben Name und Herkunft erzählten sie, auf welchen Betrieben sie während der Ausbildung gearbeitet hatten und was sie nach der Prüfung planen. Während sie sich vorstellten, mischte sich Ausbildungsberater Schulte-Bories ein. „Die Vorstellung ist der erste Eindruck bei den Prüfern. Also Hände aus den Hosentaschen, gerade stehen und laut und deutlich sprechen“, gab er den Auszubildenden für den Prüfungstag mit.

Die Nachwuchslandwirte besuchen überwiegend das Wilhelm-Emma­nuel-von-Kettler-Berufskolleg in Müns­ter und arbeiteten das letzte Jahr ihrer Ausbildung auf Mastbetrieben in Westfalen.

Meierzuherde zeigte ihnen seinen Düngerstreuer und seine Sämaschine. Die Berufsschüler notierten sich die Fabrikatnamen der Geräte. Denn in der Prüfung müssen sie mit den Maschinen umgehen können. So müssen sie vielleicht die Sämaschine abdrehen. „Ich notiere mir heute den Namen des Gerätes und kann dann im Internet weitere Informationen dazu suchen. Das gibt Sicherheit“, sagte Prüfling Nikolai Tschorn aus Greven. Manche schossen mit ihren Smartphones Fotos von den Maschinen, Tieren und Ställen.

Höheres Niveau

Der schriftlichen Prüfung stellten sich die Auszubildenden schon Anfang Juni. Sie bestand aus drei Klausuren: jeweils 90 Minuten zu Pflanzenbau und Tierproduktion und 45 Minuten zu Wirtschafts- und Sozialkunde. Letztlich macht die schriftliche Prüfung aber nur einen geringen Teil der Gesamtnote aus. Der Abschluss steht und fällt mit der betrieblichen Prüfung.

Sie besteht aus zwei Abschnitten: Pflanzenbau und Tierproduktion. Im Teil Pflanzenbau müssen die Prüflinge einen Getreidebestand auf seinen Ertrag beurteilen oder Düngung und Pflanzenschutz empfehlen. Auch die Landtechnik fällt in diesen Bereich. So ging Meierzuherde auf seine Pflanzenschutzspritze ein – ein Wink mit dem Zaunpfahl für die Prüfung? Auch verwies er auf die Hofwaage. Denn das Überladen und die Ladungssicherheit sind immer ein beliebtes Thema in der Prüfung.

96 Prüflinge
Aus beiden Berufsschulen in Münster und Warendorf treten 96 Teilnehmer zu den Abschlussprüfungen an. Im kommenden Jahr werden es noch mehr sein. Allein in Münster wird es vier Oberstufenklassen mit mehr als 100 Schülern geben. Das zeigt die ungebrochene Beliebtheit des Berufs „Landwirt“. Während Mitte der 1990er-Jahre sich in Westfalen-Lippe gerade einmal 548 junge Menschen in der landwirtschaftlichen Ausbildung befanden, sind es derzeit 1092 Auszubildende in den drei Lehrjahren.

Der zweite Teil der Prüfung befasst sich mit der Tierproduktion. Meier­zuherde führte die Auszubildenden zu seinen Fressern und Bullen. Neben Mais, Stroh und Eiweißergänzer enthält ihr Futter Schokolade – 200 bis 400 g täglich. Die bezieht er aus der Überproduktion eines Schokoladenwerkes in der Nähe. Der Zucker der Schokolade soll die Verdauung der Tiere anregen.

Zusammensetzung und Energiegehalt des Futters sind beliebte Prüfungsthemen. Bei der Prüfung zu den Masttieren ist das Auge der Prüflinge gefragt. Sie müssen Gewicht und Schlachtreife einschätzen.

Wichtig ist auch, sich mit den Ställen vertraut zu machen. Wie funktioniert die Lüftung und Fütterung? Wie sind die Tiere aufgestallt? „Ich konnte mir viele Stichpunkte zum Betrieb notieren. Auf diese Infos kann ich mich jetzt gezielt vorbereiten“, zeigte sich Azubi Len­nart Ratert aus Münster-Gremmendorf zufrieden. „Durch die Hofbegehung kann die Prüfung auf ein höheres Niveau gehoben werden“, sagte Ausbildungsberater Schulte-Bories.

In der Prüfung haben die Azubis eine halbe Stunde Zeit, sich auf die Prüfungsaufgabe vorzubereiten. Danach folgt jeweils eine einstündige Prüfung zum Pflanzenbau und zur Tierproduktion. „Meine Taktik ist es, in der Stunde viel von dem zu erzählen, was mir liegt“, verriet Nikolai Tschorn und schaute entspannt auf den Prüfungstag. Patrick Otte