Beate Schubert* hat früher im Büro gearbeitet. Vor einigen Monaten wagte sie nach fast 20 Jahren Pause den Wiedereinstieg. Das führt auch zu Hause zu einigen Veränderungen.
„Seit der Geburt unseres ersten Kindes bin ich zu Hause geblieben. Das hat sich irgendwie so ergeben. Damals war es einfach noch nicht üblich, als junge Mutter mit mehr als ein paar Stunden wieder arbeiten zu gehen. Im Kindergarten blieb nur ein Kind über Mittag dort. In den darauffolgenden Jahren gab es immer gute Gründe dafür, noch eine Weile zu Hause zu bleiben. Schließlich hatte und habe ich mit drei Kindern immer genug zu tun. Außerdem kostet es durchaus Mut, den Schritt zurück in die Erwerbstätigkeit zu wagen. Je länger man raus ist, desto mehr stellt man sich die Fragen: Kann ich das überhaupt noch? Und wie soll das laufen, wenn ich nicht mehr ständig zu Hause bin und mich um alles kümmern kann? Den Gedanken, den Schritt trotzdem zu gehen, hatte ich schon eine Weile im Kopf. In der Corona-Zeit fand ich es jedoch besonders schwierig, das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Schließlich war ich bei der Kinderbetreuung und im Homeschooling noch mehr eingespannt als vorher.
Spontan angerufen
Als die Einschränkungen nach und nach aufgehoben wurden, hatte ich den Drang, wieder rauszukommen. Vor ein paar Monaten entdeckte ich eine Stellenanzeige in der Zeitung, die mich ansprach. Kurzentschlossen rief ich an – und erhielt ohne schriftliche Bewerbung direkt eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Ich glaube, bei dem Treffen ging es meinem jetzigen Chef vor allem darum herauszufinden, ob ich motiviert bin zu arbeiten und ob ich ins Team passen könnte. Dass es eine Weile dauern würde, bis ich alle Abläufe kenne, war allen Beteiligten klar. Ich hatte zwar Computerkurse absolviert. Aber so richtig merken kann man sich das alles schließlich erst, wenn man es tagtäglich anwendet. Nach einem Tag Probearbeiten habe ich schließlich die Zusage bekommen.
Stolz darauf
Meine Kollegen sind sehr nett und hilfsbereit, wenn ich mal etwas nicht weiß. Da verdreht niemand die Augen und signalisiert mir: „Na, das müsstest du jetzt aber langsam mal wissen …“ Den Druck mache ich mir eher selbst. Gerade am Anfang kam ich mir manchmal wie eine blutige Anfängerin vor. Aber ich glaube, das geht einem bei jedem Jobwechsel so – egal wie lang die letzte Anstellung her ist. Mittlerweile bin ich gut reingekommen und habe gemerkt: Ich kann es noch! Da bin ich schon ein bisschen stolz drauf.
In der Findungsphase
Mit meiner Familie habe ich den Schritt zurück in den Job natürlich vorher besprochen. Allen war klar, dass sie zu Hause mehr anpacken müssen. Sagen wir es mal so: Wir sind da noch in der Findungsphase. Mein Mann und meine Kinder sind es einfach gewohnt, dass ich mich um alles kümmere. Da habe ich selbst meinen Teil zu beigetragen. Ich selbst muss lernen, damit umzugehen, dass ich es nicht schaffen kann, alles zu erledigen. Denn etwas zu tun gibt es immer. Das war auch schon so, bevor ich mit dem Job angefangen habe.“
Agentur für Arbeit: Berufsberatung auch für Erwachsene
Was gibt es beim Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit zu beachten? Dazu gaben die Beraterinnen Kerstin Weßels und Gabriele Dinkelbach von der Agentur für Arbeit Rheine kürzlich im Rahmen des Seminars „Mut für den Wiedereinstieg in den Beruf“ des Kreislandfrauenverbandes Steinfurt folgende Tipps:
Einstieg über Minijob?: Viele Frauen wählen diesen Weg als ersten Schritt zurück in die Erwerbstätigkeit. Es besteht jedoch die Gefahr, dass es nicht beim Einstieg bleibt. Im Schnitt sind Frauen sechs bis acht Jahre über einen Minijob beschäftigt, erläuterten die Expertinnen. Das wirkt sich negativ auf die Rentenansprüche der Frauen aus. Hinzu kommt: Wer mehrere Jahre einen Minijob ausübt, gilt auf dem Arbeitsmarkt schnell als ungelernte Kraft. Das kann den Wechsel in höher qualifiziertere Anstellungen erschweren.
Telefonisch nachfragen? Nur Mut!: Eine Teilnehmerin berichtete von einer Anzeige für eine Stelle im Bereich Buchführung – allerdings auf Minijob-Basis. Das wäre ihr jedoch zu wenig. Die Beraterinnen machten den Frauen Mut, in einem solchen Fall zum Hörer zu greifen und nachzufragen, ob auch ein anderes Beschäftigungsverhältnis denkbar wäre. Auch bei anderen Fragen kann der Griff zum Telefonhörer vorab hilfreich sein.
Berufsberatung für Erwachsene: Was die Seminarteilnehmerinnen überraschte: Seit einiger Zeit bietet die Agentur für Arbeit gezielt Beratung für Erwachsene an. Zielgruppe sind sowohl Beschäftigte, die ihren Arbeitsbereich wechseln möchten, als auch Menschen, die nach längerer Pause zurück in die Erwerbstätigkeit kehren. Ansprechpartner gibt es bundesweit. Das Beratungsteam für Erwachsene im Münsterland ist folgendermaßen zu erreichen:
- Veranstaltungskalender unter eveeno.com/orientierungsberatung,
- E-Mail: muenster.orientierungsberatung@arbeitsagentur.de,
- Tel. (02 51) 69 82 51.
Selbsttest online: Sie möchten in Ruhe zu Hause vom Sofa oder Schreibtisch aus in das Thema einsteigen? Die Agentur für Arbeit bietet unter www.arbeitsagentur.de/newplan die Möglichkeit, online einen Selbsttest zu machen. Das Verfahren soll helfen, die eigenen Stärken und Fähigkeiten besser einzuschätzen. Weitere Möglichkeiten, die die Webseite der Arbeitsagentur bietet:
- Weiterbildungsangebote in der Umgebung anzeigen lassen.
- Sich inspirieren lassen, in welche Bereiche Sie von Ihrem bisherigen Job aus gut wechseln könnten. Dazu geben Sie Ihre bisherige Berufsbezeichnung an und erhalten Vorschläge mit den entsprechenden Anforderungsprofilen.
Wiedereinstieg? – Vielleicht in ein paar Jahren …
Maria Kramer* vermisst es, in ihrem alten Job zu arbeiten. Noch hat sie jedoch das Gefühl, zu Hause auf dem Hof nicht abkömmlich zu sein.
„Mein Job war früher immer meine Leidenschaft. Nach den Geburten unserer ersten beiden Kinder bin ich daher jeweils nach kurzer Zeit wieder mit ein paar Stunden zurückgekehrt. Meine Eltern haben mich dabei sehr unterstützt. Bei ihnen habe ich die Kinder auf dem Weg zur Arbeit abgegeben und sie anschließend wieder eingesammelt. Als unser drittes Kind auf die Welt kam, war das leider aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich. Mein Mann hat als Landwirt eine Menge Arbeit und sah sich nicht in der Lage, die Kinder zur Kita zu bringen oder mal abzuholen. Er sah auch nicht wirklich die Notwendigkeit dafür, dass ich außerhalb des Betriebs arbeiten gehe. Und so blieb ich zu Hause und kümmere mich seitdem um den Haushalt, die Kinder, das Agrarbüro und alles, was auf dem Hof sonst anfällt.
Anerkennung fehlt
Auch diese Aufgaben erledige ich mit viel Herzblut. Aber manchmal vermisse ich meinen alten Job doch. Hier zu Hause fehlt mir ehrlich gesagt die Anerkennung für das, was ich leiste. Für meine Familie ist es selbstverständlich, dass immer pünktlich das Essen auf dem Tisch steht, die Wäsche sauber im Schrank liegt und ich die Fahrdienste übernehme. Und wenn in der Schule oder im Verein eine Aufgabe zu vergeben ist, heißt es schnell, dass ich das ja machen kann. Schließlich gehe ich nicht arbeiten. Das heißt in der Wahrnehmung anscheinend, dass ich nichts zu tun habe – dass ich nichts leiste. Ich muss sagen, das verletzt mich.
Es geht noch nicht
Ob ich die gewünschte Anerkennung am Ende im Job bekommen würde, weiß ich nicht. Aber immerhin könnte ich mich, wenn ich zum Arbeiten vom Hof fahren würde, voll auf den Job konzentrieren. Ich könnte in meinem Tempo arbeiten, ohne dass ständig jemand auf der Matte stehen und sagen würde: „Kannst du mal eben …?“ Das wäre so schön.
In den vergangenen Monaten habe ich wieder mehr darüber nachgedacht, mir eine Anstellung zu suchen. Aber dann bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es jetzt einfach noch nicht geht. Unsere Jüngste hat noch keinen Führerschein. Und durch unsere Lage im Außenbereich ist sie oft darauf angewiesen, dass sie jemand fährt. Wenn sie ein Praktikum machen muss, möchte ich zum Beispiel nicht, dass sie sich aufgrund der Entfernung nur bei Betrieben im Ort bewerben kann. Auch Verabredungen funktionieren ohne Bringdienst nicht: Die Eltern der Klassenkameraden sagen zu ihren Kindern: „Ich kann dich nicht bringen, ich muss arbeiten.“ Wenn meine Tochter ihre Freunde treffen möchte, ist also das Mama-Taxi gefragt.
Hinzu kommt, dass die Arbeit zu Hause mit einem Job ja nicht weniger werden würde. Von meiner Familie erhoffe ich mir da wenig Unterstützung. Da muss ich selbstkritisch sagen: Da habe ich sie selbst zu erzogen.“
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