Vereine stehen für die Gemeinschaft und Integration von Menschen. Sie helfen, (neue) Kontakte zu knüpfen. Ungeachtet etwaiger Bildungsunterschiede, finanzieller oder kultureller Hintergründe verbinden sie Menschen durch das gemeinsame Tun. Als wichtiges Rückgrat der Gesellschaft stehen Vereine immer komplexeren Erwartungen gegenüber. Ehrenamtler müssen zum Beispiel wahre Experten in Rechts- und Steuerfragen sein, wenn sie den gesetzlichen Anforderungen genügen und vor Abmahnungen findiger Rechtsanwälte sicher sein wollen.
Vereine für jedermann/-frau
Trotz der Hürden, die das Vereinsleben mit sich bringt, ist knapp jeder zweite Bundesbürger Mitglied in einem Verein oder einer gemeinnützigen Organisation. Dabei erfasst die Statistik neben den Aktiven auch die finanziellen und ideellen Förderer. Denn egal, ob Schützen-, Sport-, Förder- oder Heimatverein – die Vereinslandschaft in Deutschland und mit ihr die Betätigungsfelder sind vielfältig. Ebenso weit gefächert sind die Motive der Engagierten: Während manche Mitglieder lediglich Sport in einer Gruppe treiben wollen, engagieren sich andere für das Gemeinwohl und streben dabei nach Selbstverwirklichung. Und wieder andere lassen sich in ein (Ehren-)Amt wählen. Der Übergang zwischen diesen Formen des freiwilligen Engagements ist fließend.
Stadt, Land, Verein
Vereine gibt es überall: Auf dem Land und in der Stadt. In Dörfern und Kleinstädten schaffen sie als Betreiber von Kinos und Theatern kulturelle Angebote, die in größeren Städten oftmals von Hauptamtlichen übernommen werden. Teils übernehmen Vereine auch die elementaren Aufgaben der Nahversorgung. Denn gerade in strukturschwachen ländlichen Regionen führen rückläufige Einwohnerzahlen zu eklatanten Versorgungslücken. Gemeinnützige Organisationen schließen sie, indem sie Bürgerbusse oder Dorfläden betreiben.
Wünsche der Experten
Dennoch sind die Unterstützungsangebote von staatlicher Seite für Vereine oft mau. Zwei von drei (66 %) gemeinnützigen Organisationen wünschen sich laut dem Survey Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) 2017 weniger bürokratischen Aufwand. Weiter stellt die Gemeinschaftsinitiative von Stifterverband, Bertelsmann Stiftung und Fritz Thyssen Stiftung fest, dass sich etwa jeder zweite (48 %) Engagierte Unterstützung beim Beantragen und Verwalten von Fördermitteln wünscht. Das sind nur die beiden wichtigsten Forderungen an einen Sozialstaat, der maßgeblich darauf baut, dass Ehrenamtliche und Freiwillige einen Teil seiner Aufgaben erfüllen. Diese Art der Arbeitsteilung ist nicht neu, sondern begann bereits im 19. Jahrhundert, als Industrialisierung und Verstädterung die Gesellschaft veränderten.
Vereine im Grundrecht
Damals gründeten sich die Wohlfahrtsverbände wie die Caritas und die Diakonie. Sie sprangen ein, wo der Staat versagte. Gleichzeitig gründeten sich Kultur- und Freizeitvereine als Sammelbecken für politisch Gleichgesinnte. Getrieben von dieser Entwicklung, reagierte 1848 die Politik: Die Nationalversammlung erkannte das Vereinsrecht als Grundrecht an. Fortan durften sich die Bürger zur Verwirklichung gemeinsamer Ziele vereinigen (Vereinigungsfreiheit) und sich frei versammeln (Versammlungsrecht). Während der Staat damals einen durchaus kritischen Blick auf die Vereinsakteure hatte und sie sogar überwachte, verhält es sich heute andersherum. Die Rolle der gemeinnützigen Organisationen für das Funktionieren des Staates ist unumstritten.
Freiwillige „managen“
Daher konzentrieren sich heute die politischen Akteure vielerorts darauf, Freiwillige durch haupt- oder ehrenamtliche Kräfte zu „managen“. Freiwilligenagenturen und Ehrenamtsbörsen versuchen, Menschen passgenau an Vereine und Initiativen zu vermitteln – mit regional sehr unterschiedlichem Erfolg. Das Vorgehen ist ähnlich dem einer Arbeitsvermittlungsagentur. Der große Unterschied: Die vermittelten Kräfte erhalten später keinen Lohn für ihr Tun. Freiwillig Engagierte sind intrinsisch, sprich aus sich selbst heraus, motiviert. Sie sind weniger empfänglich für finanzielle Anreize. Tendenziell verhält es sich eher entgegengesetzt: Studien zeigen, dass beispielsweise die Bereitschaft zur Blutspende sinkt, sobald dafür ein Honorar gezahlt wird. Folglich wiegt die Motivation des Einzelnen stärker als etwaige Geldzahlungen.
Demotivation verhindern
Menschen engagieren sich in Vereinen, weil sie Freude an der gemeinsamen Arbeit haben, das (generationsübergreifende) Zusammentreffen mit anderen schätzen und die Gesellschaft mitgestalten wollen (94 bis 80 % Zustimmung). Der Erwerb von Qualifikationen, Einfluss und Anerkennung oder das berufliche Vorankommen sind laut des Deutschen Freiwilligensurveys 2014 weniger relevante Gründe (51 bis 24 %) für ein Engagement.
Vereine sind eine elementare Säule der Gesellschaft. Sie sind mehr als Orte der Freizeitgestaltung und keineswegs Feierabendvereine. Der Staat kann seine Bürger nicht zu Ehrenamt und Engagement motivieren. Er kann, wie ein guter Vorgesetzter in der Arbeitswelt, lediglich Rahmenbedingungen schaffen, die Demotivation verhindern.
Verein ist nicht gleich VereinDas
Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Vereinen: den wirtschaftlichen (
§ 22 BGB) und den eingetragenen (e. V.), den sogenannten Idealverein ohne wirtschaftliche Ziele (
§ 21 BGB).
Während der wirtschaftliche Verein seinen Mitgliedern einen finanziellen Vorteil verschafft, strebt der Idealverein nicht nach Gewinnen. Sein Zweck ist in der notariell beglaubigten und im Vereinsregister geführten Satzung festgelegt. Diese Rechtsform ist typisch für Sport-, Heimat- und Musikvereine. Wer Notarkosten zur Eintragung ins Vereinsregister scheut, kann seinen Zusammenschluss in einer dritten Art, dem „nicht eingetragenen Verein“ führen (
BGB § 54). Der geringere Gründungsaufwand hat jedoch die persönliche Haftung der Handelnden bei Rechtsgeschäften zur Folge.