Die einen verteilten Blumensamen, die anderen Postkarten. Mit einer Landkarte der Ortsnamen in plattdeutscher Sprache war der Kreisheimatverein Herford präsent. Das Landesmedienzentrum Westfalen und sein Pendant aus dem Rheinland stellten Filme und Infomaterial aus Geschichte, Kultur und Landeskunde vor. Heinz Georg Kramm alias „Heino“ war auch angereist, auf Einladung der Landesministerin Ina Scharrenbach. Sie hatte zum ersten „Heimatkongress“ eingeladen, der am Samstag in Münster mit rund 500 Teilnehmern aus Politik und Kultur, vor allem aber mit Vertretern vieler lokaler und regionaler Heimatvereine und kultureller Bürgerinitiativen stattfand.
„Politprojekt“ mit viel Geld
Der Kongress sei ein „Dankeschön an die Ehrenamtlichen“, erklärte Ina Scharrenbach. Sie leitet in Düsseldorf das neu geschaffene Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung – ein „Gemischtwarenladen“, wie der Moderator Norbert Tiemann hintersinnig anmerkte. Tiemann, Chefredakteur der Westfälischen Nachrichten in Münster, warf noch ein weiteres Wort in die Runde: Heimat sei zu einem „Politprojekt“ geworden.
Tatsächlich: Das Wort „Heimat“ tragen inzwischen ein Bundesministerium und zwei Landesministerien, in Bayern und in NRW, im Titel, ohne dass immer klar ist, was genau gemeint ist und was getan werden soll. „Heimat hat viele Definitionen, der Austausch darüber ist Ausdruck einer starken Bürgergesellschaft“, sagte die Landesministerin Ina Scharrenbach. Sie präsentierte das frisch aus der Taufe gehobene Förderprogramm ihres Hauses. Für Heimatprojekte stellt das Land bis 2021 Fördermittel in Höhe von 113 Mio. € in Aussicht. (siehe Kurzbeitrag "Fünf Wege zum Heimatgeld" unter diesem Text). „Wir wollen Heimat nicht von oben anordnen, sondern: Was von unten geschaffen wird, soll unterstützt werden.“
Engagierte im Ehrenamt nicht übersehen
Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, hätte als Vorsitzender des Westfälischen Heimatbundes (WHB) genügend Grund zum Jubel gehabt. Doch er zeigte sich skeptisch gegenüber dem „Heimat-Hype“ und kritisierte den fast beliebig gewordenen Gebrauch des Wortes. Löb lenkte den Blick weg von Buchautoren, Talkshow-Experten und Promis, die als „Heimatbotschafter“ wohlfeile Erklärungen abgeben. Er verwies stattdessen auf die ungezählten „Heimat-Macher“ im Land, „die sich seit vielen Jahren Woche für Woche dafür einsetzen, dass ein Haus nicht abgerissen wird, dass Kinder ihre Heimat schätzen lernen oder dass der Dorfgemeinschaft die Mobilität und Nahversorgung erhalten bleibt“.
Mit der neuen Landesregierung gebe es „endlich wieder echte Zuschüsse“ für den Denkmalschutz, freute sich der WHB-Vorsitzende. Aber er stellte auch klar: „Die Dachverbände der Heimatbewegung in NRW können und wollen nicht nur Stichwortgeber für eine politische Agenda sein.“ Dem Ministerium als „neuem Akteur auf der Bühne“ bot Löb eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ an.
Heimat ist „ein Tätigkeitswort“
In fünf Foren zeigte sich, wie wichtig Heimatvereine längst geworden sind – etwa für die Entwicklung von Dorf und Stadtquartier, beim Erhalt von Baudenkmälern und der Kulturlandschaft, beim Brückenbau zwischen den Kulturen im Land und auch zwischen den Nationen Europas. „Develop democracy – die Demokratie weiterentwickeln“: so beschreiben die bürgerschaftlichen Heimatvereine in Schweden ihre Kernaufgabe. Oder wie es der Schriftsteller Burkhard Spinnen auf den Punkt brachte: „Heimat ist ein Tätigkeitswort.“
Fünf Wege zum „Heimatgeld“
Das Land Nordrhein-Westfalen stellt ab Sommer dieses Jahres rund 113 Mio. € für örtliche Heimat-Aktivitäten bereit:
- Pro Jahr sollen 1000 Heimat-Schecks im Wert von jeweils 2000 € ausgestellt werden, mit denen Projekte örtlicher Vereine und Initiativen gefördert werden sollen.
- Einen Heimat-Preis sollen Kommunen für innovative Heimatprojekte und nachahmenswerte Beispiele vergeben. Je nach Größe der Kommune statt das Land den Preis mit 5000 bis 15 0000 € aus.
- Bis zu 40 000 € soll es für Heimat-Werkstätten geben, die besondere Ideen entwickeln und verwirklichen. Als Beispiele nennt das Ministerium ortstypische Kunstwerke zur Gestaltung von Kreisverkehren.
- Ein Heimat-Fonds soll örtliche oder regionale Initiativen durch folgendes Spendenmodell unterstützen: Für jeden eingeworbenen Euro gibt das Land 1 € hinzu (bis maximal 40 000 Euro). Der Fonds soll über die Kreise bzw. kreisfreien Städte verwaltet werden.
- Mit einem Heimat-Zeugnis sollen größere Projekte von Kommunen, privaten oder gemeinnützigen Organisationen ab 100 000 € gefödert werden, die sich etwa die Restaurierung von Bauwerken oder anderen Zeugen lokaler Geschichte, die Umgestaltung eines Heimatmuseums oder die Einrichtung eines virtuellen Museums vorgenommen haben.