Zerdrückte Eierkartons, verschlissene Zeitungen und unzählige Pizzaschachteln türmen sich zu einem gigantischen Papiermüllberg auf. „Auf unserem Recyclinghof werden monatlich ca. 4500 t Altpapier sortiert“, erklärt Andreas Grumbach. Er ist seit 10 Jahren Geschäftsführer vom Recyclinghof Grumbach in Harsewinkel. Vor 53 Jahren begann sein Großvater Heinz Grumbach damit, Altpapier zu sammeln und zu verkaufen.
Damals, im Jahr 1970, fielen deutschlandweit knapp 2,4 Mio t Altpapier an, 2020 waren es rund 14,5 Mio. t.
Das Unternehmen hat heute rund 70 Mitarbeiter, die nicht nur Altpapier, sondern auch Holz, Folien, PET-Flaschen und Restmüll sammeln. Ihr Einzugsgebiet sind die Sammelstellen der Kommunen im gesamten Kreis Gütersloh und Teilen des Kreises Warendorf. Auch einige Unternehmen sind Kunden von Grumbach. „Im Grunde sind wir Händler“, erklärt der 52-Jährige, „Wir sammeln, sortieren und geben die Rohstoffe an Unternehmen weiter, die diese verarbeiten.“
Papier ist nicht gleich Papier
Nur durch das sorgfältige Trennen der einzelnen „Müllsorten“ können die wertvollen Rohstoffe recycelt werden. Das heißt: Nur dann können aus ihnen erneut Zeitschriften, Taschentücher und Pappschachteln entstehen.
„Je genauer die Trennung abläuft, desto reiner ist das Endprodukt“, weiß Andreas Grumbach. Auf seinem Recyclinghof wird das Altpapier in zwei Papiersorten getrennt: grafisches Papier und Kartonagen.
Zu grafischem Papier zählt bedrucktes und beschriebenes Papier, wie Zeitungen oder Briefe. Es ist überwiegend weiß. Verpackungspapier, so genannte Kartonagen, sind wesentlich dunkler und meist braun oder grau.
Doch warum ist eine solche Trennung überhaupt sinnvoll?
Um ein beschriebenes Papier wiederverwenden zu können, muss es entfärbt werden. Das geht jedoch nur zu einem gewissen Grad. „Wäre der Anteil von Verpackungen zu hoch, würden zum Beispiel in Zeitungspapier i-Punkte auftauchen, wo keine sind“, erklärt Andreas Grumbach „Daher ist es nicht sinnvoll aus buntem Papier und Kartons grafisches Papier herzustellen.“
Nun kommen in Harsewinkel jedoch täglich viele Tonnen ungetrennten Altpapiers an. Für die Firma Grumbach heißt das: Selbst trennen und erfinderisch sein.
Rohstoff aus Fasern
Papier kann nicht unendlich oft recycelt werden. Es besteht aus einzelnen Fasern. Diese sind bei hochwertigem und neuem Papier besonders lang. Jeder Recyclingprozess verkürzt die Fasern jedoch um ein Stück. Nach 10 bis 25 Recyclingdurchgängen sind sie zu kurz und können sich nicht mehr zu Papier verbinden. Dann verlässt das Papier oftmals als Brennstoff den Recyclingkreislauf.
Mit Erfindergeist
Im ersten Schritt kippt ein Radlader das unsortierte Papier in den so genannten „Bunker“. Dieser Container hat eine Öffnung, aus der der Müll gleichmäßig auf ein Sortierband fällt. Von dort aus läuft das Altpapier über mehrere breite Rollen. Große Kartons laufen über diese hinweg und werden aussortiert. Alle kleineren Stücke fallen zwischen ihnen hindurch und schaffen es auf das nächste Fließband. Hier wird der Prozess mithilfe von kleineren Rolle wiederholt, sodass auch sehr kleine oder schwere Teile ausgesondert werden.
Die Stücke, die bis dato noch im System sind, werden zum Paper-Spike (englisch: Papier-Spitze) geleitet. Diese Maschine hat die Firma Grumbach in den 2000ern selbst erfunden. Sie besteht aus einer Walze, die mit zahlreichen Nägeln bestückt ist. Fährt die Walze über ein Stück Pappe, spießen die Nägel es auf und die Pappe hängt an der Walze. An einem Abstreifblech fällt es hinunter und wird aussortiert. „Wenn man stattdessen versucht einen Nagel in ein einzelnes Papier oder in einen Stapel Zeitungspapier hineinzustechen, wird klar: Das funktioniert nicht“, sagt der Geschäftsführer mit Erfinderstolz. So werden Pappen einfach aussortiert.
Wertvolle Papierquadrate
„Das Nadelöhr der Sortiermaschine sind meine Mitarbeiter“, sagt Grumbach. Sie sortieren von Hand aus, was nicht ins Altpapier gehört, Siebe, Filter und Walzen aber passiert hat. An der Stelle wo zwei Mitarbeiter am Fließband stehen, sind Plastiktüten ebenso zu finden wie eine Stoffhose und Kerzen.
Im letzten Schritt drückt eine Presse das Papier zusammen, dann ist es geschafft: Weiße und braune, 1,3 m3 große Quadratbündel aus sortiertem Altpapier stehen zur Abfahrt bereit. Sie werden zu Papierherstellern transportiert, die aus ihnen neues Papier oder Verpackungen fertigen.
Tipps für Verbraucher
1. Tipp: In die Papiertonne gehört nur Papier! Das heißt: Keine Folien oder mit Folien beschichteten Papiere oder auch Kassenzettel und Fahrkarten. Sie bestehen aus Thermopapier. Die Probe: Lässt sich das Papier nicht gut zerreißen, ist es häufig beschichtet.
2. Tipp: Nassfeste Pappen wie Verpackungen von Tiefkühlwaren oder Verbunde (Tetrapack) gehören in den gelben Sack.
3. Tipp: Kartonagen nur zusammenlegen oder in möglichst großen Stücken in den Papiermüll geben. Das erleichtert das Sortieren.
4. Tipp: Verschmutztes Papier mit Lebensmittelresten wie Pizzakartons gehören in den Restmüll.
Loch im Kreislauf
Trotz des Trennens entstehen aus den meisten Altpapier-Quadraten Verpackungen. „Vor 20 Jahren waren die Altpapierberge deutlich weißer als heute“, erinnert sich Andreas Grumbach. Viele Menschen kaufen vermehrt im Internet ein, deshalb werden mehr Kartons benötigt. Gleichzeitig sind weniger Printprodukte wie Kataloge oder Zeitungen gefragt. „Wirtschaftlich gesehen lohnte sich das Trennen der zwei Papiersorten zeitweise nicht“, so der Papier-Experte, „Viele Recyclinghöfe stiegen auf die Produktion von Kartonagen um.“
Da aus Kartons nur Kartons gefertigt werden können, hochwertiges weißes Papier jedoch für beide Zwecke genutzt werden kann, verschwindet es zunehmend aus dem Recycling-Kreislauf. Das gilt auch für Hygiene-Papiere, wie Toilettenpapier oder Taschentücher, die in Kläranlagen landen.
Mittlerweile machen die steigenden Papierpreise Sammeln und Sortieren wieder lukrativer. Grumbach bemerkt: „Wenn das Papier bei uns ankommt, kann es zwar oft, aber nicht unendlich recycelt werden.“ Das macht den Rohstoff allerdings nicht weniger wertvoll. Der Recycling-Spezialist ist sich sicher: „Je sorgfältiger wir alle gemeinsam sortieren, desto länger kann uns das Papier von Nutzen sein.“
Rare Ware
Papier ist derzeit knapp. Für Zeitungen und Zeitschriften, wie das Wochenblatt, ist es deshalb eine Herausforderung, Druckpapier in passender Qualität und Menge zu bekommen. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Viele Papierhersteller sind auf die Produktion von Verpackungsmaterial umgestiegen.
- Zeitungspapier besteht zu einem großen Teil aus Altpapier, das aktuell wenig verfügbar ist.
- Die steigenden Energiekosten treffen auch die Papierindustrie.
- Streiks bei einem der größten Zeitungspapier-Hersteller in Finnland sowie der Krieg in der Ukraine führen zu Lieferengpässen.
Momentan lässt sich schwer abschätzen, wie sich die Situation entwickelt. Daher bitten wir Sie schon jetzt um Ihr Verständnis, falls wir auf andere Papierqualitäten ausweichen müssen.
Übrigens: Immer und ganz ohne Papier steht Ihnen unser Onlineangebot zur Verfügung.
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