Kommentar

Schützenfeste: Ein Stück Heimat

Altmodisch und engstirnig? Wochenblatt-Redakteur Kevin Schlotmann widerspricht: Das moderne Schützenwesen ist offen, führt Menschen zusammen und deshalb für alle ein Stück Heimat.

Die Schützenfestsaison beginnt. Das, worauf sich viele das ganze Jahr freuen, stößt bei anderen auf Unverständnis. Denn die Tradition des Schützenfestes wird schnell auf ein dreitägiges Gelage bei Bier, Bratwurst und Blasmusik reduziert.

Sicherlich wird beim traditionellen Schützenfest in erster Linie gefeiert. Allerdings sind das Schützenfest und vor allem das Schützenwesen viel mehr. Die Schützenvereine und -bruderschaften bieten einen politisch neutralen Ort für Integration. Sie laden jeden zum Mitmachen ein, unabhängig von gesellschaftlichen Schichten, der Herkunft oder Hautfarbe. Besonders in den ländlichen Räumen sind die Vereine darum Mittelpunkt des dörflichen Zusammenhalts und vermitteln ein Zusammengehörigkeitsgefühl.

Schon aus der jahrhundertealten Tradition he­raus sind die Schützen eng mit ihrer Heimat verbunden. Die Ursprünge des Sauerländer Schützenwesens beispielsweise reichen bis in das Mittelalter zurück, als die ersten Schützengilden in Form bewaffneter Bürgerwehren zum Schutz der Städte und besonders der Bürger gegründet worden sind.

Die Aufgaben sind mittlerweile andere als damals. Das stellt die Vereine aber auch vor besondere Herausforderungen. In vielen Orten füllen die Vereine den traditionellen Wahlspruch „Glaube-Sitte-Heimat“ erfolgreich mit neuem Leben. Neben der Pflege des Brauchtums organisieren die Ehrenamtler Veranstaltungen als Treffpunkt für Jung und Alt, Spendenaktionen für wohltätige Zwecke und gemeinnützige Arbeitseinsätze in den Dörfern. Mancherorts reicht das Engagement so weit, dass die Schützenbrüder obendrein Spielplätze und Friedhöfe pflegen, alte Gebäude erhalten und sogar Pflegeheime oder Ehrenamtskneipen betreiben. Hier tragen die Schützenvereine ein hohes Maß an sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung, von denen alle profitieren – Mitglieder, Freunde des Schützenwesens und auch deren Kritiker. Ohne die Schützen würde ein wesentlicher „Motor“ in diesen Dörfern fehlen.

Andernorts ist der Wahlspruch „Glaube-Sitte- Heimat“ ein Kennzeichen für Stillstand. Unter dem Vorwand, „Tradition“ zu erhalten, wird die Einsatzfreude homosexueller oder muslimischer Schützenbrüder unterbunden. Die Angst vor

Veränderungen geht so weit, dass langjährigen Vereinsmitgliedern der Herzenswunsch der Königswürde verwehrt wird. Statt traditionell ist das schlichtweg engstirnig und nicht mehr zeitgemäß.

Das moderne Schützenwesen ist offen, führt Menschen zusammen und ist deshalb für alle ein Stück Heimat.