Landwirt Claudius Tappe zeigt sich selbst überrascht. „Ich bin jetzt schon tausend Tage König der St. Ida Schützenbruderschaft Herzfeld“, erzählt er Ende April beim Besuch auf seinem Hof in der Bauerschaft Rassenhövel zwischen den Kreisen Soest und Warendorf. Der Agraringenieur hält 150 Milchkühe und bewirtschaftet 170 ha.
Schützenfest light
An eine so lange Regentschaft dachte der Milchviehhalter damals nicht, als er mit dem 163. Schuss am Schützenfestmontag im Juli 2019 den Vogel von der Stange geholt hatte.
Eigentlich gab es in der Bruderschaft mit seinen 950 Mitgliedern seit dem Zweiten Weltkrieg jedes Jahr eine neue Majestät. Doch Corona verhinderte zwei Jahre lang das Schützenfest. Ende Juli soll nun wieder gefeiert werden. Dann wird Claudius Tappe gemeinsam mit seiner Frau Nadine das Schützenvolk in Herzfeld anführen.
Nach dem Königsschuss 2019 begleiteten sie 50 Hofstaatpaare. „Mein Mann war damals sehr großzügig“, scherzt Nadine Tappe. Der Hegering, ihre Kegelklubs und die Nachbarschaft sind im Hofstaat vertreten.
Dieses Jahr werden es einige Paare weniger sein. „Manche wollen zum Schützenfesttermin auch einfach mal wieder in den Urlaub“, sagt die Schützenkönigin.
Auch wenn der Verein in den vergangenen Jahren nicht das Schützenfest ausrichten konnte, bot er Alternativen an. 2020 fuhr das Königspaar zum Termin des Schützenfestes mit einigen Paaren in einem Jagdwagen durch den Ort.
2021 dann ein Schützenfest light: Majestäten plus Hofstaat schritten durch Herzfeld. Der Spielmannszug begleitete sie. „Die Schützen und ihre Familien jubelten uns aus ihren Vorgärten zu. Es war ein bisschen wie Schützenfest ohne Zelt“, erinnert sich Claudius Tappe und ergänzt: „Natürlich alles in Absprache mit dem Ordnungsamt.“
Zu seinen königlichen Pflichten zählte aber auch, die Schützenbrüder auf ihrem letzten Gang zu begleiten. So salutierte er mit dem Schützenoberst allein auf 15 Beerdigungen in den fast drei Jahren.
Geflüchtete zu Gast
Ende Juli, kurz nach dem 50. Geburtstag des Königs, steigt das Fest in Herzfeld. „Sonst war es immer extrem gut besucht. Aus nah und fern kamen die Besucher. Viele kehrten deswegen in ihre alte Heimat zurück“, sagt Claudius Tappe. Wie es diesmal sein wird, kann er nicht einschätzen. „Ich hoffe, dass es durch die Decke geht. Die Leute, vor allem die jungen, sind ausgehungert“, meint er.
Seine Frau rechnet hingegen noch mit neuen Corona-Auflagen. Sie arbeitet selbst in der Gastronomie. „Vor allem ältere Menschen werden vorsichtiger feiern oder sogar das Fest meiden“, vermutet sie. Zudem die Frage: Wie teuer wird das Bier und der Festbesuch bei einer Inflationsrate von mehr als 7 %?
Was dem König Bauchschmerzen bereitet, ist der Krieg in der Ukraine. Selbst beherbergt die Familie eine Ukrainerin mit drei Kindern. In der Gemeinde leben viele Geflüchtete. „Ich will mir das Fest von Putin nicht verderben lassen. Aber kann man gerade jetzt mit Holzgewehren durch den Ort marschieren?“, fragt er sich.
Eine Absage wird es aber nicht geben. Daher wird Claudius Tappe am Schützenfestmontag die Königskette an einen Nachfolger weiterreichen. „Ich werde wieder Rotz und Wasser heulen – so wie 2013, als ich auf dem Lemkerberg König war“, sagt er mit einem Lachen.
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