Mitte Juni ist eine Studie vorgestellt worden, die den sexuellen Missbrauch im Bistum Münster zwischen 1945 und 2020 erforscht hat. Antonius Kock, Bauernsohn aus Dülmen, hat im Internat der Mariannhiller Missionare in Maria Veen, Kreis Borken, in den 1960er-Jahren Missbrauch erlebt. Heute ist der 69-Jährige Sprecher einer Selbsthilfegruppe. Ende Juni hat er im Wochenblatt von seinen Erfahrungen und Hoffnungen berichtet. Wie sieht die Situation heute aus?
Dazu schreibt er: „Bis zur Studie mussten wir Betroffenen uns immer wieder für unsere Aussagen rechtfertigen, weil uns fast niemand geglaubt hat. Nun liegen die Fakten auf dem Tisch. Dennoch: Die Studie zeigt exemplarisch einen kleinen Ausschnitt der Realität, nicht das wahre Ausmaß der Verbrechen an den Kindern und Jugendlichen. Die eigentliche Aufklärungsarbeit kann und muss nun erst beginnen.
Bisher haben wir immer dafür plädiert, gemeinsam mit der Kirche diese Verbrechen aufzuarbeiten. Die Studie hat definitiv gezeigt: Als Täterorganisation kann und darf die Kirche den Missbrauch nicht selbst aufarbeiten! Um das zu erreichen, müssen wir Betroffenen uns vernetzen und auch politisch aktiv werden. Was notgedrungen auch auf Widerstand bei den Kirchenleitungen stößt.
Der Bericht über die Studie und meine Geschichte haben dazu geführt, dass sich ein ehemaliger Mitschüler bei mir gemeldet hat. Er ist damals ebenfalls sexuell belästigt worden. Das hat bei mir sehr ambivalente Gefühle ausgelöst: Bedauern über einen weiteren Betroffenen, aber auch Erleichterung, endlich nicht mehr einsamer Streiter auf der Betroffenenseite des Internates zu sein.“
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