Derbe Wanderschuhe, wetterfeste Jacke und darüber eine leuchtend rote Warnweste: So stapft Magdalene Winkelhorst durch Höxter. Schnellen Schrittes strebt sie der historischen Stadtmauer zu. Dort sind die Vorbereitungen für die nächste nordrhein-westfälische Landesgartenschau in vollem Gange. Sie soll im April 2023 beginnen. „Vor Weihnachten wurden die Stauden gepflanzt. So können sie in diesem Frühjahr kräftig ins Wachstum starten“, berichtet die gelernte Gärtnerin und Landschaftsarchitektin. Rund 20.000 Stauden kamen hier in die Erde. Solche Dimensionen sind Magdalene Winkelhorst vertraut. Seit rund einem Jahr ist sie bei der Gartenschau-Gesellschaft in Höxter im Einsatz. „Ich bin verantwortlich für alles, was mit Pflanzen zu tun hat“, umreißt sie ihr Aufgabengebiet. Fünfmal hat sie diesen Job bereits bei anderen Gartenschauen gemacht, kennt die Abläufe und weiß, wie die Planer ticken. Doch abseits der Routinen birgt jede Schau neue Abenteuer. Das reizt die 54-Jährige an ihrem Leben als Gartenschau-Nomadin.
Höxter ist ein Juwel
Wie sich bis zur Eröffnung einer Gartenschau ein Baustein zum nächsten fügt, lernte die Landschaftsarchitektin in Österreich. Zwischen 2010 und 2019 wirkte sie dort bei vier Landesgartenschauen mit. Dann hielt die Pandemie sie nach einem Winteraufenthalt in Deutschland fest. So heuerte die Planerin 2020 bei der Landesgartenschau in Kamp-Lintfort an. Für die jeweiligen Gartenschau-Einsätze von eineinhalb bis zweieinhalb Jahren nimmt sie sich entweder eine kleine Wohnung in der Nähe der Schau oder pendelt von ihrer jeweiligen Basis aus. Nun ist sie in Erwitte ansässig geworden, mit Zweitwohnsitz im Dörfchen Boffzen. „Ich wohne immer auf dem Land“, sagt die auf einem Bauernhof in Wadersloh aufgewachsene Pflanzenliebhaberin. Höxter ist für sie in zweierlei Hinsicht besonders. Zum einen kennt sie die Stadt aus Studienzeiten. Hier erhielt sie 1997 ihr Diplom in Landespflege. Zum anderen bietet Höxter mit der Weser und dem Weltkulturerbe Kloster Corvey besondere Attraktionen. Das 31 ha große Gartenschaugelände erstreckt sich von Höxters Innenstadt bis zur 3 km entfernten ehemaligen Benediktinerabtei Corvey.
Weser neu erleben
Für die Landesgartenschau wird das Weserufer in der Nähe des Stadtzentrums neu gestaltet. Großformatige Sitzstufen erschließen die Uferzone zum Erholen. Die Bepflanzung nimmt sich hier zurück und setzt auf natürlich vorkommende Arten. Solche naturnahen Ansätze sind Magdalene Winkelhorst aus den Landesgartenschauen in Österreich vertraut. Neu ist für sie jedoch die Arbeit in einem historisch bedeutsamen Umfeld. Seit rund 2000 Jahren siedeln Menschen an der Weser. Ihre Spuren sollen auch bei den Bauarbeiten zur Landesgartenschau gesichert werden. Die Gartenschau-Gesellschaft hat extra einen Archäologen im Team. „Jedes tiefere Pflanzloch für einen Baum wird erst von ihm geprüft, wobei er historische Funde dokumentiert. Meistens sind das Scherben von Alltagsgegenständen“, berichtet die Landschaftsarchitektin.
Stauden am historischen Stadtwall
In der Stadt nehmen die Ideen der Planer schon Gestalt an. Das Pflanzkonzept für die rund 3400 m2 große Staudenfläche entlang des Stadtwalls stammt vom Berliner Planer Christian Meyer. Mit ihm hat Magdalene Winkelhorst schon mehrmals zusammengearbeitet. „Es gibt ja nur eine Handvoll Planungsbüros, die sich mit Gartenschauen beschäftigen. Da kennt man sich untereinander“, erklärt sie. Der Stadtwall ist nicht gerade ein Paradiesgarten für Stauden. Sie müssen mit Schatten, Trockenheit und Wurzeln alter Bäume zurechtkommen. Dennoch hält Magdalene Winkelhorst eine Liste mit zig Pflanzenarten in den Händen. „Ein guter Planer findet die zum Standort passenden Pflanzen. Darauf kann ich mich verlassen“, sagt sie.
Die Pflanzenliste umfasst Blühendes wie Lungenkraut, Glockenblumen und Astern. Auch waldartige Pflanzen wie Taubnesseln, Farne und Storchschnabel sind in die Erde gekommen. Oder besser: in eine dicke Schicht fluffigen Pflanzsubstrats. Es besteht hauptsächlich aus Holzfasern und gütegesichertem Grüngutkompost. „Der Oberboden wird etwa 20 cm tief abgetragen, um Platz für das Substrat zu schaffen. Denn die alten Bäume vertragen es nicht, wenn der Boden angefüllt wird“, so die Landschaftsarchitektin. Das keimfreie Pflanzsubstrat bietet den Stauden Nahrung und Wärme und speichert Wasser. Zudem ist es keimfrei. All das erleichtert den Start. Vor dem Stadtwall roden Arbeiter Sträucher, um Platz für Mustergärten zu schaffen. Auf anderen Flächen steht die Rasensaat an, damit 2023 alles sattgrün ist. Zu Magdalene Winkelhorsts Aufgaben zählt es, die Abläufe der Arbeiten zu koordinieren und Zeitfenster fürs Säen und Pflanzen einzuhalten.
Die versunkene Stadt Corvey
Geschichte wird bei der Gartenschau auch sichtbar. Ein Archäologiepark am Weserbogen vermittelt Besuchern Eindrücke von der im 13. Jahrhundert zerstörten und im Boden versunkenen Stadt Corvey. Die größte gärtnerische Herausforderung sieht Magdalene Winkelhorst in dem Projekt namens Remtergarten. Remter ist das eingedeutschte Wort für Refektorium. So heißt der Speisesaal eines Klosters. Der Remtergarten in Höxter erschließt ein etwas vernachlässigtes Areal auf der Rückseite des Klosters Corvey.
So entsteht auch ein direkter Anschluss an den Weserradweg. Die Pflanzplanung für den Remtergarten sieht edle Bäume, Rosen, Stauden, einen Küchengarten mit Kräutern, Gemüse und Beerensträuchern vor. Das innerhalb des kommenden Jahres umzusetzen, reizt Magdalene Winkelhorst. „Kürzlich waren wir in einer niederländischen Baumschule und haben die Magnolien ausgesucht“, berichtet sie mit leuchtenden Augen. „Das wird fesch.“
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