Landwirtssohn bei Extremhindernislauf auf Weltniveau

Hindernislauf auf dem Hof

Beim sogenannten OCR geht es darum, herausfordernde Hindernisse auf einer Laufstrecke von 3 bis 15 km zu überwinden. Raphael Endejann und seine Freunde sind bei diesem Sport auf Weltniveau unterwegs.

Wer in den Garten des Nebenerwerbsbetriebs von Familie Endejann in Ahaus im Kreis Borken kommt, staunt nicht schlecht. Die 350 m2 große Rasenfläche ist übersät mit bis zu 3 m hohen Klettergerüsten aus Holz. An einigen hängen Seile, Autoreifen oder große Netze, an anderen sind Metallräder mit einem Durchmesser von gut einem halben Meter zu sehen. „Früher hatte ich hier Fußballtore stehen“, erinnert sich der 32-Jährige. Doch als er und sein Freund Thorben Birkenfeld vor neun Jahren ein neues Hobby für sich entdeckten, musste der ehemalige Fußballplatz Hindernissen weichen.

Das Herz der beiden schlägt für den Extremhindernislauf. Kennengelernt haben sie den Sport in den angrenzenden Niederlanden. Dort sind sogenannte Survival-Läufe verbreitet. Auf Strecken über Feldwege, durch Flüsse oder Wälder müssen die Teilnehmer Hindernisse überwinden. Die Freunde nahmen an einigen Rennen teil, anfangs mit mäßigem Erfolg. Denn neben Ausdauer sind auch Kraft und Geschicklichkeit gefragt.

Eigener Trainingsplatz

„Trainingsmöglichkeiten gab es bei uns in der Umgebung damals noch nicht. Und so haben Thorben und ich uns überlegt, uns unser eigenes Trainingsgelände aufzubauen“, erzählt Raphael. 2015 entstand im Garten seiner Eltern das erste Trainingsgerüst von 4 x 4 m mit Seilen und Klettergriffen zum Hangeln. In den darauffolgenden Jahren kamen immer weitere Hindernisse hinzu. Fachliche Unterstützung erhielten sie unter anderem von Raphaels Onkel, der Zimmerer ist. Er baute den Freunden eine 3,20 m hohe Schrägwand aus Brettern, die es ohne Hilfsmittel zu erklimmen gilt.

Eigener Wettkampf: Farmers Cross Race

Zum 5. Mal veranstalten die „Running Cliff Mon­keys“ auf dem Hof von Familie Endejann in Ahaus in diesem Jahr ihren eigenen Wettbewerb – das Farmers Cross Race. Am 29. Juni ist es wieder so weit. Bis zu 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland reisen an. Schon jetzt machen sie Werbung auf ihrem Instagram-Kanal ocr_team_runningcliffmonkeys. Zuschauer gibt es jedoch in der Regel nicht.

Einige Tage vorher wird das Team damit beschäftigt sein, die 15 Hindernisse aufzubauen. „Mit den benachbarten Betrieben sprechen wir den Streckenverlauf vorher ab“, erzählt Raphael Endejann. Einmal führte der Weg beispielsweise entlang eines Maisfelds. Ein anderes Mal ging es darum, auf einer Wiese Strohballen zu schieben. „Schließlich soll sich der Name des Events ja auch in den Aufgaben widerspiegeln.“

Offiziell im Verband angemeldet ist das Rennen nicht. Denn es gibt vor Ort weder ein System, um die Zeiten digital zu messen, noch sind Schiedsrichter anwesend. Der Parcours kann sich in puncto Anspruch jedoch locker mit denen offizieller Rennen messen lassen. „So mancher neue Teilnehmer kommt bei uns ganz schön ins Schwitzen“, erzählt Raphael Endejann schmunzelnd.

„Ins Fitnessstudio bin ich seitdem nicht mehr gegangen“, erzählt ­Raphael schmunzelnd. Weitere Freunde und Bekannte bekamen Spaß an dem Sport. Auch seine acht Jahre jüngere Schwester Sina steckte Raphael mit seiner Begeisterung an. Und so entstand nach und nach eine feste Trainingsgruppe. Immer mal wieder kommen neue Interessierte dazu. Im Kern sind es jedoch acht Männer und Frauen im Alter zwischen Mitte 20 und Anfang 60. Zweimal pro Woche trainieren sie an den selbst gebauten Hindernissen sowie auf den Feld- und Waldwegen in der Nähe des Hofes und coachen sich dabei gegenseitig. Bei Wettkämpfen tritt die Gruppe unter dem Namen „Running Cliff Monkeys“ an, was übersetzt „rennende Klippenaffen“ bedeutet.

Neuester Zuwachs auf dem Trainingsgelände ist diese Stahlkonstruktion. Kletter- und Hangelelemente lassen sich hier mit wenig Aufwand immer wieder neu anordnen. (Bildquelle: Breuker)

Die Mischung macht’s

„Beim Training absolvieren wir meist abwechselnd erst ein oder zwei Hindernisse und laufen eine Strecke von 200 m“, erklärt Raphael. Gerade diese Mischung aus Hindernissen und Wegen, die durch die Natur führen, reizt Raphael und Sina Endejann an dem Sport. Sina hat bereits einmal an der Fernsehshow „Ninja Warrier“ teilgenommen. Dabei müssen die Sportlerinnen und Sportler in einer Halle zahlreiche Hindernisse überwinden, die sich direkt aneinanderreihen. Für Sina eine spannende Erfahrung. Sie belegte von 57 Teilnehmenden den 42. Platz. Aber ihr Herz schlägt weiter für die Kombination aus Hindernis und Laufen.

Die „Running Cliff Monkeys“ haben sich dabei in den vergangenen Jahren auf den sogenannten OCR spezialisiert. Die Abkürzung steht für „Obstacal Course Racing“ und bedeutet übersetzt so viel wie Ex­tremhindernislauf. Der Unterschied zum Survival liegt vor allem in den Hindernissen. Beim Survival-Lauf bestehen diese aus vielen Kombinationen mit Seilen und Netzen. Auch Bogenschießen und Kajakfahren können Teil der Aufgaben sein. Beim OCR gehört es schon mal dazu, Gewichte zu ziehen oder auf den Schultern zu tragen. Beispielsweise als Strafe, wenn man ein Hindernis nicht geschafft hat. Am Ende zählt dann die Zeit der Teilnehmer.

Einige der Running Cliff Monkeys haben bereits an OCR-Welt- und Europameisterschaften teilgenommen. Und einmal im Jahr richtet die Truppe mit dem „Farmers Cross Race“ ihren eigenen Wettbewerb aus, wofür sie sich immer wieder neue Hindernisse überlegen. Auch beim Trainingsgelände geht es immer weiter. NeuesteErgänzung ist der 4 x 4 m große Würfel aus Stahlträgern, in dem die Hangelhindernisse ohne großen Aufwand immer wieder neu arrangiert werden können. Ebenso wie der große Holzparcours ist auch dieser Trainingsbereich mit Flutlichtern ausgestattet. „Anfangs haben wir abends mit Stirnlampen trainiert“, erinnert sich Raphael Endejann. Doch die Sicht war damit mehr als bescheiden. Und so sorgte der gelernte Elek­triker für die richtige Ausleuchtung. Den Holzparcours würden er und sein Kumpel gerne auch weiter ausbauen. Doch daraus wird leider nicht. Denn der Platz wird knapp. Und auch wenn Raphaels und Sinas Eltern das sportliche Treiben in ihrem Garten mit Gelassenheit verfolgen, haben sie in einem Punkt eine klare Aus-sage gemacht: Am Zaun des an-grenzenden Hühnergeheges ist Schluss mit den Hindernissen.

Mit den besten der Welt messen

Dreimal bereits konnte Raphael Endejann zusammen mit Teamkollegen sein Können bei Europa- und Weltmeisterschaften auf die Probe stellen. Im vergangenen Jahr nahmen vier der Running Cliff Monkeys beispielsweise an der Weltmeisterschaft nahe der belgischen Stadt Genk teil.

Dort gibt essowohl Einzel- als auch Gruppenläufe. Bei den Einzelläufen wird zwischen der 3 km langen Kurzstrecke mit 25 Hindernissen und der Standardstrecke von 14 km Länge mit etwa 50 Hindernissen unterschieden. Bei den Gruppenläufen ist Teamgeist gefragt. „Einmal mussten wir zu dritt eine 5 m hohe Schrägwand überwinden“, nennt Raphael ein Beispiel. Eine Position auf dem Siegertreppchen konnte noch kein Monkey ergattern. Für die Gruppe zählt jedoch der olympische Gedanke: Dabei sein ist alles. Dieses Jahr gibt es eine neue Chance. Durch Läufe in Zandvoort und Zell am See hat Raphael sich für die anstehende EM im Juni in Italien qualifiziert. Die Teilnahme verbindet er gerne mit Urlaub.

2023 nahm Raphael Endejann (Zweiter von rechts) zusammen mit drei Teamkolleginnen und -kollegen an der OCR-Weltmeisterschaft in Belgien teil. (Bildquelle: Endejann)

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