Die Ernährung in Kitas, Schulen und Pflegeheimen soll gesünder und nachhaltiger werden. Die Verschwendung von Lebensmitteln muss vermieden werden. Die hauswirtschaftliche Betreuung alter und pflegebedürftiger Menschen stellt Familien und Einrichtungen vor große Herausforderungen. Und wenn es um Haushaltsplanungen geht, spielen der effiziente Einsatz der Ressourcen und eine umweltfreundliche Bewirtschaftung eine immer größere Rolle. Für viele dieser Fragen können hauswirtschaftliche Fachkräfte Lösungen bieten.
In der Ausbildung lernen angehende Hauswirtschafterinnen nicht nur kochen und putzen. Ziel der im Jahr 2020 neu strukturierten Ausbildung ist es auch, dass die Absolventen kleine und große Haushalte selbstständig führen können und dabei die drängenden Fragen der Zeit berücksichtigen. Hauswirtschafterinnen sind damit wichtige Akteure in dem Bestreben, die Gesellschaft zukunftsfähig zu machen.
Schlechtes Image der Hauswirtschaft
Das sind hohe Ansprüche, zu denen das öffentliche Bild der Hauswirtschafterin nicht recht passt. „Das kann doch jeder“ ist häufig über diesen Beruf zu hören. Bei jungen Menschen ist Hauswirtschaft als Berufsbild weitgehend unbekannt. Gerade einmal 280 Auszubildende haben im vergangenen Jahr in NRW eine Ausbildung in der Hauswirtschaft begonnen. Im Jahr 2018 waren es noch 460. Die wenigen Auszubildenden, die es gibt, werden häufig über das Arbeitsamt vermittelt. Dabei handelt es sich oft um eher lernschwache Personen. Die Durchfallquote bei der Abschlussprüfung liegt über der anderer Berufe. Im Jahr 2022 war sie mit rund 34 % besonders hoch. Mögliche Gründe dafür sind neben erschwerten Bedingungen durch Corona auch die neue Ausbildungsordnung.
Ausbildung nach Neuregelung anspruchsvoller
Wie umfangreich die Ausbildung tatsächlich ist, zeigt ein Blick in den Ausbildungsrahmenplan. Neben klassischen Fertigkeiten wie Nahrungszubereitung, Raum- und Wäschepflege lernen die Absolventen beispielsweise auch, Bedarfe von Bewohnern einer Einrichtung zu ermitteln, Produkte und Dienstleistungen zu kalkulieren und zu vermarkten, qualitätssichernde Maßnahmen durchzuführen und Mitarbeiter anzuleiten.
Seit der Neustrukturierung im Jahr 2020 haben die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung sowie das Arbeiten im Team an Bedeutung gewonnen. Dadurch ist die Ausbildung anspruchsvoller geworden. Vor dem Wunsch, das Image des Berufs zu heben, ein richtiger Schritt, der in der Praxis aber Probleme aufwirft. „Die Auszubildenden werden eher schwächer“, stellt Alina Jaschke, Ausbildungsberaterin der Landwirtschaftskammer an der Kreisstelle Herford-Bielefeld, fest.
Eckdaten der AusbildungFür die Ausbildung in der Hauswirtschaft ist keine Schulbildung vorgeschrieben. Ausbilder empfehlen jedoch, dass Interessierte mindestens über einen Hauptschulabschluss verfügen sollten.
- Die Ausbildung findet dual, also im Betrieb und in der Berufsschule, statt und dauert drei Jahre. Wer die (Fach-)Hochschulreife oder eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, kann die Ausbildung auf zwei Jahre verkürzen.
- Die Ausbildungsvergütung liegt je nach Ausbildungsjahr und Betrieb zwischen 790 und 1190 € brutto.
- Menschen mit Einschränkungen können nach § 66 Berufsbildungsgesetz (Nachteilsausgleich) die Ausbildung zur Fachpraktikerin für Hauswirtschaft machen.
- Nach der hauswirtschaftlichen Ausbildung gibt es vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten (siehe Grafik unten).
- Nähere Informationen bietet die
Landwirtschaftskammer NRW Hauswirtschaftliche Ausbildung als Sprungbrett
Doch es gibt Ausnahmen. Eine davon ist Eva Sensen aus Kevelaer, Landkreis Kleve. Die 20-Jährige hat im Sommer ihre Ausbildung zur Hauswirtschafterin abgeschlossen. Mit Erfolg – beim Bundesentscheid des Berufswettbewerbs der Deutschen Landjugend hat sie den zweiten Platz belegt. Die Entscheidung für den Beruf war für Eva Sensen naheliegend. „Ich komme vom Hof und habe immer gerne gekocht. Deshalb suchte ich nach einer Kombination aus Hauswirtschaft und Landwirtschaft“, erklärt sie.
Mit dem Ausbildungsbetrieb Wegeners Hof in Wunstorf in Niedersachsen hat sie genau das gefunden. Der Betrieb vermarktet im Hofladen Produkte vom Hof und aus der Region und betreibt ein Café. „An der Hauswirtschaft gefällt mir, dass sie so vielfältig ist und man etwas Sinnvolles und Nachhaltiges macht“, sagt Eva Sensen. Jetzt möchte sie den Weg weitergehen. Seit September studiert sie Wirtschaftsingenieurwesen Agrar/Lebensmittel.
Lust auf Praktisches
Ihre frühere Ausbilderin Regina Wegener stellt hohe Ansprüche an ihre Auszubildenden. Sie müssen flexibel sein, in allen Bereichen des Betriebs arbeiten können, und „… sie müssen Lust darauf haben“, sagt die Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin. Auf ihre beiden derzeitigen Lehrlinge trifft das zu.
„Als ich erzählt habe, dass ich eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin machen möchte, hat mir der Berufsberater abgeraten. Er meinte, ich würde mich unter Wert verkaufen“, erzählt Marla Blickwede, die auf dem Hof ihr drittes Ausbildungsjahr absolviert. Die 21-Jährige, die aus der Landwirtschaft kommt, wollte aber nach dem Abi etwas Praktisches machen. Da sie vielseitig interessiert ist, lag für sie eine Ausbildung in der Hauswirtschaft nahe. Nach der Lehre möchte sie entweder eine Fachschule besuchen oder Ökotrophologie studieren.
Marleen Graue, derzeit im zweiten Ausbildungsjahr auf Wegeners Hof, stammt von einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Direktvermarktung. Sie kann sich vorstellen, diesen später zu übernehmen. Darauf bereitet sie diese Ausbildung gut vor, sie möchte aber auf jeden Fall eine Fortbildung anschließen.
Hauswirtschaft ist ein Beruf mit Zukunft, davon ist Anja Hilke, Referentin für die Berufsbildung in der Hauswirtschaft an der Landwirtschaftskammer (LWK) NRW überzeugt. Einige Arbeitsbereiche, wie die Nahrungszubereitung oder die Reinigung, ließen sich zwar durch externe Dienstleister abdecken. „Aber die Hauswirtschaft ist die Schnittstelle, hier laufen die Fäden zusammen“, erklärt sie. „Hauswirtschaft schafft Atmosphäre und sorgt dafür, dass ein Haushalt wohnlich wird.“ Ein wachsendes Arbeitsfeld sieht sie in der Betreuung, in Privathaushalten ebenso wie in Senioreneinrichtungen.
Hauswirtschaftliche Kompetenzen werden aber auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit immer wichtiger. „Es gibt keine Berufsgruppe, die mehr für Nachhaltigkeit steht“, sagt Anja Hilke.
Wahl zwischen drei Schwerpunkten
Nach der Neuregelung der Ausbildung im Jahr 2020 haben die Auszubildenden die Wahl zwischen drei Schwerpunkten:
- personenbetreuende Dienstleistungen: Diesen Schwerpunkt bieten vor allem Senioreneinrichtungen, Kitas oder Wohngruppen an. Zu den Aufgaben der hauswirtschaftlichen Fachkraft gehört auch, die Personen des Haushalts zu fördern und zu aktivieren.
- serviceorientierte Dienstleistungen: Eine Ausbildung mit diesem Schwerpunkt findet in Catering-, Hotel- oder Gastronomiebetrieben sowie Tagungshäusern oder Jugendherbergen statt. Zu den Aufgaben gehört zum Beispiel, Events im Betrieb zu organisieren, zu kalkulieren und durchzuführen.
- ländlich-agrarische Dienstleistungen: Ausbildungsstätten sind landwirtschaftliche Betriebe, zum Beispiel mit Hofcafé oder Direktvermarktung.
An die Öffentlichkeit gehen
Das alles dringt allerdings noch zu wenig an die Öffentlichkeit. „Wir müssen mehr aufklären und das Bild der Hauswirtschaft geraderücken“, sagt Anja Hilke. Einen ersten Schritt macht die LWK NRW, indem sie auf die Arbeitsämter zugeht und Berufsberater über das Berufsbild der Hauswirtschafterin aufklärt.
In Niedersachsen hat das Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft (ZEHN) das Portal www.hauswirtschaft-ist-angesagt.de ins Leben gerufen. Interessierte erfahren hier, was Hauswirtschaft ist und bekommen einen Einblick in die Ausbildung und den Arbeitsalltag.
Künftig wird sich auch Eva Sensen hier als Botschafterin für den Beruf der Hauswirtschafterin starkmachen. Solche Gesichter braucht der Beruf.
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