Glocken gießen in Gescher

Glockengießen ist ein seltenes und traditionsreiches Handwerk. In Deutschland gibt es nur noch vier Manufakturen, eine davon ist in Gescher im westlichen Münsterland. Hier wird wie vor mehr als 300 Jahren produziert – unter Denkmalschutz, ohne Hightech und mit Lehm.

Der Geruch von Öl, Staub und Lehm hängt in der Luft. In der Glockengrube ist es kalt. Der Ofen ist aus. Doch Michael Hörnemann bereitet schon die nächste Glocke vor. Der Mann im blauen Arbeitsanzug nimmt einen Klumpen Lehm aus einer Schubkarre und stopft einzelne Brocken zwischen die Holzstäbe in einen Holzkasten vor sich auf dem Tisch. Mit einem kantigen Holzstab stampft er die Klumpen fest.

Bundesweit vier Betriebe

Michael Hörnemann ist Glockenformer in der Glockengießerei Petit und Gebrüder Edelbrock. Die Manufaktur in Gescher (Kreis Borken) mit 28 Mitarbeitern ist bundesweit eine der letzten vier, die Kirchenglocken herstellen, und die einzige in Nordrhein-Westfalen.

Als Friedrich Schiller 1799 sein Gedicht „Die Glocke“ veröffentlicht, blickt das Unternehmenbereits auf eine über 100-jährige Glockengießertradition zurück. Und so, wie es Schillers Meisterwerk beschreibt, werden bereits seit 1690 – heute in der zwölften Generation von Glockengießern – in Gescher große Glocken für Kirchtürme in aller Welt gefertigt.

Computergesteu­erte Anlagen sucht man in dem denkmalgeschützten Backsteingebäude in der Hauptstraße vergeblich. Stattdessen hört man die Antriebsbänder einer Maschine ächzen. Michael Hörnemann steht auf dem erdigen Boden in der Lehmbude, die direkt neben der Glockengrube liegt, und schaufelt ein Gemisch aus Lehm, gehäckseltem Stroh und Kuhhaaren ins Mahlwerk. „Das macht den Lehm geschmeidig“, erklärt er. Danach geht er ein paar Meter weiter zu einer anderen Maschine. „Der Lehm muss weiter zerkleinert werden“, ruft er, um das Jaulen...