"Dat Dier pack ick nich an!“ Das waren die Worte von Hans Höfs im Jahr 1950. Gemeint war ein Ross aus Stahl, ein Lanz Bulldog, Baujahr 1935, Typ 15/30. Der 96-Jährige kümmerte sich damals auf dem Hof Nüfer in Elfsen bei Soest um die Pferde. Der Traktor sollte die Zugtiere ersetzen. Auch Höfs stand kurz vor dem Abschied. Doch dann ließ er sich umstimmen. „Den Bulldog musste ich eine Viertelstunde vorglühen, bis er ansprang“, hat der rüstige Senior bis heute alle Details parat.
Geboren in Pommern
Hans Höfs erblickte 1927 in Pommern, heutiges Polen, das Licht der Welt. Seine Großeltern hatten einen Hof und betrieben ein Fuhrgeschäft. Höfs sammelte dort erste Erfahrung mit Pferden. Er erinnert sich in seiner Küche in Hamm-Berge, wie er mit seinem Cousin Pferde am Göpel führte. Mit diesem Zahnwerk betrieb die Familie den Dreschkasten in der Scheune.
Diese und weitere Erinnerungen hat Höfs mit über 90 Jahren in zwei Büchern niedergeschrieben. Auslöser war das Büchlein „Opa erzählt“, das ihm eine Enkelin schenkte. In ihm ließen sich die Erinnerungen nur eintragen. „Das war aber nichts für mich“, sagt Höfs. Er griff selbst zu Stift und Papier und schrieb seine Erfahrungen aus seinen ersten Lebensjahrzehnten nieder.
Zurück nach Pommern: Mit zwölf Jahren eggte er erstmals mit Pferd und Holzegge. Sein Großvater brachte es ihm bei. Denn Vater und Onkel fielen gleich nach Beginn des Krieges 1939. Höfs selbst wurde 1944 zur Wehrmacht eingezogen. Zuvor hatte er eine Ausbildung zum Kaufmann begonnen. In den Wirren der letzten Kriegsmonate kam er in amerikanische und britische Gefangenschaft.
Aus einem Gefangenenlager in Schleswig-Holstein landete er per Lkw in Westfalen. „Es wurden Männer gesucht, die Erfahrung in der Landwirtschaft hatten“, erzählt er. Sein Können zeigte der angehende Kaufmann bei der Kartoffelernte . „Ich überzeugte zunächst die Bäuerin, dann den Bauern“, sagt er. Er avancierte zum Gespannführer.
Vor allem der zweite Traktor, auf dem Hof Nüfer weckte Höfs Leidenschaft für Landtechnik. Dieser Bulldog war ein Halbdiesel D 2806. „Ihn ließ man mit Benzin an. Ich musste ihn nicht mehr vorheizen“, schwärmt er noch heute. Parallel bekamen sie den Anhängepflug „Kettenjunge“. Endlich entfiel das ständige Umhängen beim Pflügen. Ende der 1950er-Jahre wechselte Höfs als Kraftfahrer zur Bahn und zog mit seiner Frau, einer gebürtigen Schlesierin, nach Hamm-Berge. Gemeinsam bekamen sie drei Töchter.
Herz für die Landtechnik
Höfs blieb der Landtechnik treu. Er gründete 1992 die Treckerfreunde in Berge und restaurierte einen Hanomag, Baujahr 1959, und einen Unimog. Seine Erinnerungen an die Arbeit in der Landwirtschaft hat er gemeinsam mit seinem Kumpel, den 20 Jahre jüngeren Heinz-Ulrich Hartel, in Buchform gebracht. Hartel überredete ihn dazu, tippte die Handschriften ab und ergänzte Fotos. Höfs Ziel: „Mit meinen Büchlein möchte ich zeigen, wie die Arbeit auf den Höfen damals war und wie die Technik sie verändert hat.“
Die Bücher lassen sich für 20 € plus Versand beziehen. Kontakt über E-Mail: ulihartel@gmx.de
Gelungen gemeinsam erinnern
Persönliche Erinnerungen sind kostbar. Das betont Christiane Cantauw, Geschäftsführerin der Kommission Alltagskulturforschung für Westfalen. „Mit ihnen erfährt man Geschichte, die sich aus keiner Statistik ablesen lässt“, sagt sie. Hinzukommt der persönliche Schatz für die Familie. Daher ist es wichtig, seinem Gegenüber Wertschätzung zu zeigen. Für das gemeinsame Erinnern hat Cantauw ein paar Tipps:
Der Gegenüber sollte erst mal drauf los erzählen. Zu viele direkte Fragen stören. Detailfragen daher lieber am Ende stellen.Jedes Smartphone hat ein Aufnahmegerät. Nutzen Sie es. Das ist unscheinbarer als wildes Mitschreiben auf einem Block. Mittlerweile gibt es Apps, die Aufnahmen transkribieren können. Selbst sollte man Augenkontakt halten.
Besonders wertvoll, falls vorhanden, sind Tagebücher aus der Vergangenheit. Auch anhand von alten Fotos lassen sich Erinnerungen wecken. Selbst Souvenirs können zum Erzählen animieren.
Die Person, die sich erinnern soll, sollte in ihrer Komfortzone wie Küche oder Wohnzimmer sein.
Das Erinnern lässt sich auf mehrere Tage aufteilen. Es kann anstrengen und aufwühlen. Lassen Sie keine persönliche Wertung einfließen.
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