Vereinsleben

Die Wichterpapas aus Lünne

Wer aus Lünne kommt und Vater von mindestens drei Töchtern ist, darf in dem emsländischen Ort Mitglied bei den „Wichterpapas“ werden. Hinter dem lustigen Männerklub steckt mehr als eine schräge Idee.

Sie sind zwischen 36 und 67 Jahren alt, nennen sich „Wichterpapas“ und tragen rosa Poloshirts. Sind diese Herren denn übergeschnappt?, fragt man sich. Keineswegs, sie gehören zu einem illustren Männerklub aus dem Emsland: die Wichterpapas.

Das Wort „Wicht“ stammt aus dem Plattdeutschen. Die ursprüngliche Bedeutung war Etwas, Ding oder Sache. Auch junge Mädchen wurden als Wicht bezeichnet. Dieser Begriff ist in weiten Teilen Nordwestfalens und Niedersachsens verbreitet. So auch im Emsland, das einst als das Armenhaus Deutschlands galt.

Wieder ein Mädchen

Das Motto: "Girls Only" - nur Mädchen (Bildquelle: Kopf)

"Kick an, all weer een Wicht“, kommentierten die alten Leute seinerzeit, wenn sie erfuhren, dass auf einem Hof wieder mal ein Mädchen geboren wurde und der lang ersehnte Stammhalter ausblieb. „All weer een Wicht“, das hört sich nicht nach Freude über die Geburt einer gesunden Tochter an. Das klingt nach Mitleid. Schließlich braucht ein Hof einen Sohn, der anpacken kann, so die damals verbreitete Meinung. „Diese Ansicht ist völlig überaltert, aber in manchen Köpfen steckt sie noch drin“, moniert Landwirt Martin Hackmann aus Lünne im Emsland. Er ist Mitglied bei den Wichterpapas und als Vater von vier Töchtern –Rosa (16), Heidi (13), Mathilda (bald 10) und Johanna (6) – einer der drei Vereinsmeister. So heißen bei den Wichterpapas Klubmitglieder mit mehr als drei Töchtern.

Söhne sind nicht erlaubt

Die Zahl der Töchter entscheidet, ob jemand bei Wichterpapas mitmachen darf. „Es müssen mindestens drei sein. Wer einen Sohn bekommt, wird sofort aus dem Klub ausgeschlossen“, erklärt der erste Vorsitzende, Nebenerwerbslandwirt Rudolf Lögers, augenzwinkernd. „Spaß ist wichtig“, ergänzt der Wichterpapa von Stefanie (26), Isabel (24) und Charlotte (23).

Ihr Humor, ein paar Becher Glühwein und eine schwangere Frau brachten sieben Herren aus Lünne 2008 dazu, diesen bundesweit wohl einzigartigen Männerklub ins Leben zu rufen. Martin Hackmann und Rudolf Lögers sind Männer der ersten Stunde. Sie erinnern sich gern an die lustige Runde. „Das war auf dem Weihnachtsmarkt. Wir standen zusammen und schnackten. Dabei stellte sich heraus, dass wir alle Väter sind, die nur Töchter haben“, erzählt Martin Hackmann, damals Vater von zwei Töchtern. Allerdings erwarteten er und seine Frau Tanja in den nächsten Tagen ihr drittes Kind. Spontan beschlossen die Herren: „Wird bei Hackmanns die dritte Tochter geboren, gründen wir die Wichterpapas.“ Nach drei Tagen kam Mathilda Hackmann zur Welt.

Patenschaft für Noumba

So kam es zu dem Klub. Heute bereichert der illustre Männerverein den Ort mit 2000 Einwohnern. Er finanziert beispielsweise Schulprojekte oder Spielgeräte für den Kindergarten, stärkt das Vereinsleben und schlägt eine Brücke zwischen Jung und Alt. Dann gibt es noch ein soziales Projekt der Wichterpapas. Das ist ihre langjährige Patenschaft für Noumba über das Kinderhilfswerk Plan International. Jedes der aktuell 14 Mitglieder zahlt für die Patenschaft von 40 €. Das ist exakt die Höhe des Mitgliedsbeitrages.

Noumba ist 18 Jahre alt und lebt in Mali. In dem westafrikanischen Land sind die Lebensbedingungen insbesondere für Mädchen und Frauen katastrophal: Gewalt, Zwangsheirat und kaum Zugang zu Bildung. „Mit unserer Patenschaft wollen wir auch anderen Kindern, denen es nicht so gut geht, eine Zukunft geben“, begründet Martin Hackmann das Engagement.

Dieser Text ist eine gekürzte Version. Was es mit den rosa Poloshirts auf sich hat, und was man(n) als Wichterpapa zu tun hat, lesen Sie im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, Folge 39, Seite 74.


Mehr zu dem Thema