Dass mit ihrem neuen, alten Haus etwas nicht stimmt, das schwante Sabine und Marc Wuchsa bereits nach einigen Tagen. Da, wo das Bett der Vorbesitzerin gestanden hatte, war die Wand feucht. Auch an anderen Stellen zeigten sich dunkle Schatten auf der Tapete. Mit viel Aufwand, verschiedenen Handwerkern und einigem an Geld hat das Paar die Wände trockengelegt und die Grundmauern verkieselt. Das ist mittlerweile zehn Jahre her. Aber die Wuchsas erinnern sich noch mit Schrecken an die Diskussionen zwischen den beteiligten Handwerkern, bei denen am Schluss sogar ein Anwalt vermitteln musste.
Überraschungen vermeiden
„Wir haben jetzt Angst, dass wir wieder eine Überraschung erleben, wenn wir die Südostfassade sanieren“, sagt Marc Wuchsa. Deshalb haben der 58-Jährige und seine Frau Sabine den Monumentendienst eingeschaltet. Er soll das Haus in Barßelermoor ganz im Norden des Landkreises Cloppenburg genau unter die Lupe nehmen – und im Idealfall am Ende Entwarnung geben. „Wir wollen, dass das Haus in Schuss ist, wenn wir in Ruhestand gehen“, erklärt Marc Wuchsa.
Mit Checkliste und Kuli
Um 8.30 Uhr klettern Sven Rathjen und Michael Flatken aus ihrem weißen Transporter, mit dem sie aus Ahlhorn angereist sind. Dort, in einem alten Stellwerk, hat der Monumentendienst seinen Hauptsitz. Mit Checkliste und Kugelschreiber begeben sich die beiden auf Erkundungstour durchs Haus. Michael Flatken ist Zimmerermeister und seit Sommer vergangenen Jahres beim Monumentendienst. Sven Rathjen hat nach einer Ausbildung zum Zimmermann den Techniker für Baudenkmalpflege und Altbauerhaltung draufgesetzt. Bereits seit 2008 untersucht er alte Häuser.
Im Sinne des Gebäudes
Er weiß, wie schwierig es für viele Eigentümer ist, den richtigen Weg zu finden. „Bei solchen alten Häusern gibt es viele verschiedene Interessen: Behörden und Bauherren, Handwerker und Hersteller von Bauprodukten. Wir versuchen, im Sinne des Gebäudes, des Baubestands Rat zu geben.“ Und das ohne wirtschaftliche Interessen. Der Monumentendienst arbeitet unabhängig, vermittelt bei Bedarf aber auch Kontakt zu Firmen, die Erfahrung mit historischen Gebäuden haben.
Bei einem Gespräch vorab haben die Inspektoren schon einiges über das Haus der Wuchsas erfahren. „Diese Bauart mit den Gesimsen, vier Achsen und einem kleinen Wirtschaftsteil zur Selbstversorgung ist ganz typisch“, erklärt Sven Rathjen. „Das ist wie ein Mini-Gulf“, zieht er den Vergleich zu den großen Gulfhäusern, die in Norddeutschland noch hundertfach zu finden sind.
Siedlung im Moor
Das Haus der Wuchsas hat ein Holländer gebaut, der Ende des 19. Jahrhunderts in die Gegend zog. Dort wurde damals das Ostermoor trockengelegt. Das erste Baujahr des Hauses ist 1890, das zweite 1902. Zwischendurch brannte der Wirtschaftsteil ab. Das Baumaterial kam über die neu gebauten Kanäle.
„Bis in die 1950er-Jahre wurde das Haus immer wieder überschwemmt“, hat Marc Wuchsa herausgefunden. „Feuchtigkeit und alte Wände gehören zusammen“, sagt Sven Rathjen lapidar. Mit den Problemen haben er und seine Kollegen bei fast jeder Inspektion zu tun.
Blick auf Details
Weiter geht es die Treppe hoch ins Obergeschoss. Links über dem alten Wirtschaftsteil haben die Wuchsas, beide Maschinenbauingenieure, ihr Büro eingerichtet. Wer zu einem der beiden Schreibtische will, muss sich unter einem Balken herducken. Die beiden Inspektoren interessieren sich für die Ecken des Raumes. Marc Wuchsa schraubt die Verkleidung heraus.
Im Licht der Taschenlampe und mit einem Griff um die Ecke findet Michael Flatken heraus, dass die Dampfbremse des neu gedeckten Dachs nicht ordnungsgemäß an den Außenwänden befestigt ist. „Das sehen wir oft, dass Arbeiten nicht konsequent bis zum Ende durchgezogen werden, weil man erwartet, dass da noch jemand kommt“, sagt Sven Rathjen. „Im Idealfall sollte die Folie noch verklebt werden und auch der Giebel nachgerüstet werden.“ Michael Flatken blickt aus einem Fenster über das Dach. „Das sieht gut aus. Der Schornstein hat auch keine Fugenschäden.“
Jeder Raum, jede Fassade
Den beiden Inspektoren geht es um ein möglichst vollständiges Bild. Raum für Raum und Fassade für Fassade schauen sie sich das Haus an. Dazu Bilder von Sanierungsmaßnahmen, von Anschlüssen und von aufgebuddelten Fundamenten.
Der Bericht mit Empfehlungen folgt nun in zwei bis drei Wochen. Schäden werden die beiden Inspektoren nach Gewerken und Dringlichkeit auflisten. So viel sagt Sven Rathjen schon jetzt: „Hier gibt es nichts, was akut gemacht oder dringend beobachtet werden muss.“ Grundsätzlich sei das Gebäude der Wuchsas wie viele seiner Art sehr widerstandsfähig.
Dokumentation im TV
Sabine und Marc Wuchsa sind übrigens über eine NDR-Reportage auf den Monumentendienst aufmerksam geworden. In der Reihe „die nordstory“ gibt es zwei Folgen über die Arbeit der Fachleute und einige ihrer Kunden. Beide heißen „Wir retten unser altes Haus!“. Die Folge vom 7. Januar 2022 ist hier, die Folge aus dem Mai 2021 hier in der NDR-Mediathek zu finden.
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