Ostwestfalen-Lippe

Unterwegs im Drei-Buchstaben-Land

Was bitte schön ist "OWL"? Und was ist dort typisch: Der Teutoburger Wald? Die Küchenmöbel der Region? Das Hermannsdenkmal in Lippe? Aber ist Lippe nicht eigenständig? Fragen über Fragen, die das Historische Museum Bielefeld aufwirft.

Das Kürzel „OWL“ ist eine Marke und weltberühmt. Das zumindest glauben viele im Regierungsbezirk Detmold. Je weiter man sich allerdings aus diesem Landstrich entfernt, desto weniger Menschen wissen, was OWL bedeutet: Ostwestfalen-Lippe.

Diese verschlungene Wortkette ist nun einmal weniger bekannt als der Teutoburger Wald, das Hermannsdenkmal, die Bethel’schen Anstalten oder die Küchenmöbel. Aber ist das alles „typisch OWL“? Diese Frage stellt das Historische Museum der Stadt Bielefeld und beantwortet sie mit einer ebenso informativen wie augenzwinkernden Sonderausstellung.

Begehbare Heimatkunde?

Die Schau schlägt eine Art OWL-ABC auf: Von A wie Agrarlandschaft über H wie Helden oder L wie Lebensmittel bis Z wie Zuwanderung werden regionaltypische Aspekte aus Politik und Wirtschaft, aus Geschichte, Kultur und religiösem Leben zwischen Weser, Senne und Egge beleuchtet und mit ausgewählten Ausstellungsstücken vorgestellt. Eine begehbare Heimatkunde also?

„Wir wollen keine Identität stiften und auch keine ,Heimat‘ definieren“, stellt der Museumsleiter Wilhelm Stratmann rasch klar. „Vielmehr haben wir Interessantes, Großartiges, aber auch Skurriles ausgewählt, das für die Region von Bedeutung ist und ihr Konturen verleiht.“

Dazu zählt das Modell einer Windkraftanlage, das sich per Knopfdruck in Gang setzt. Es weist auf den größten Windpark Europas hin: auf dem Sintfeld zwischen Bad Wünnenberg und Meerhof. Kaum zu übersehen ist auch die mannshohe Figur in Bundeswehr-Uniform. Sie lenkt die Blicke der Ausstellungsbesucher auf die Bundeswehr, die bei Augustdorf ihre bundesweit größte Kaserne betreibt.

Steinhäger und Schulstuhl

Tiefkühlpizza aus Bielefeld, Kaffeefilter aus Minden, Tonkrüge aus Steinhagen oder Lebkuchen aus Borgholzhausen füllen den Ausstellungsstand „L – Lebensmittel“. Tatsächlich bildet die Lebensmittel­industrie einen besonders markanten wirtschaftlichen Schwerpunkt der Region, der sich aus der Wirtschaftsgeschichte erklärt.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Industrie für Wohnmöbel und Küchen. Unter „M“ wie Möbel steht in der Ausstellung allerdings der „Schulstuhl“ der Firma Flötotto aus Avenwedde bei Gütersloh. Das mit Harz getränkte gebogene Buchensperrholz sollte ursprünglich als Außenhaut von Düsenflugzeugen dienen. Nach dem Zweiten Weltkrieg disponierte man kurzerhand um – und schuf aus dem „entmilitarisierten“ Werkstoff einen Möbelklassiker, auf dem Millionen Schulkinder gesessen haben.

Hochburg des Humors

In Ostwestfalen wird oft behauptet, dass die „Ureinwohner“ zum Lachen in den Keller gehen und Bielefelder dann auch noch das Licht ausknipsen – schon dieser schräge Spruch zeugt von einem gewissem Humor. Und das Bielefelder Museum weist darauf hin, dass kein anderer Landstrich in Deutschland so viel Comedians, Kabarettisten und andere Freunde des Humors hervorgebracht hat wie gerade das östliche Westfalen: von Erwin Grosche und Jürgen von der Lippe über Rüdiger Hoffmann und Oliver Welke bis zu Abdelkarim aus Bielefeld, um nur fünf von gut 40 überregional bekannten Kabarettisten zu nennen.

„In jeder Hinsicht großzügig“

Für Schmunzeln dürfte bei manchen Besuchern auch die „Lippische Punktation“ sorgen – das Dokument, das 1947 die Aufnahme des Landes Lippe in das Bundesland Nordrhein-­Westfalen regelte. In Punkt 1 versprach Düsseldorf, bei der Eingliederung Lippes „in jeder Hinsicht großzügig und entgegenkommend“ zu verfahren und auf die Geschichte Lippes „jede erdenkliche Rücksicht“ zu nehmen.

Erst mit dem Beitritt Lippes entstand der heutige Zuschnitt des Regierungsbezirkes und damit das heutige OWL. Als Ostwestfalen aber hätten sich die Lipper „nie gefühlt“, erklärt das Museum und setzt schelmisch hinzu: „Da verwundert es nicht, dass der Fußballverein Arminia Bielefeld bei seinem Slogan ,Wir sind Ostwestfalen‘ Lippe direkt weglässt.“

So einheitlich, wie sich OWL gern als Marke verkauft, ist dieses Drei-Buchstaben-Land offenbar doch nicht. Anders gesagt: OWL verschwindet nicht nur mit zunehmender Distanz, sondern offenbar auch, je näher man hinschaut.

Tipps für Besucher
Die Ausstellung im Historischen Museum (Ravensberger Park 2) in Bielefeld ist bis zum 28. April zu sehen: mittwochs bis freitags von 10 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Weitere Informationen unter Tel. (05 21) 51 36 35 oder www.historisches-museum-bielefeld.de.