Ausstellung in Essen

100 Jahre Ruhrgebiet: Wie 325 Gemeinden zur „Metropole“ wurden

... oder auch nicht: Das Ruhrmuseum auf der Zeche Zollverein in Essen ­erinnert an ein bewegtes Jahrhundert im „Ruhrkohlenbezirk“.

Bottroper Bergleute mit Papst Johannes Paul II. auf einem Schwarz-Weiß-Pressefoto, der letzte Kohlenwagen der Zeche „Graf Bismarck“, Hape Kerkelings „Bambi“: Das sind nur drei von mehr als 1000 Exponaten, die derzeit im Ruhrmuseum in einer Sonderausstellung zu sehen sind. Sie ist kürzlich eröffnet worden und trägt den merkwürdigen Titel: „100 Jahre Ruhrrevier – die andere Metropole“.

Das Revier ist doch viel älter, mag nun mancher einwenden. Das stimmt. Aber die Ausstellung erinnert an die Gründung des „Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk“, der 1920 ins Leben gerufen wurde und seinerzeit 325 Dörfer, Gemeinden und Städte zusammenschloss. Daraus hat sich der heutige Regionalverband der „Metropole Ruhr“ entwickelt. Oder auch nicht. Denn die inzwischen vier Kreise und die elf kreisfreien Städte zwischen Hamm und Wesel sind alles andere als eine einheitliche „Metropolregion“.

Schilder in schwarz-gelb

Von Beginn an hat der Siedlungsverband koordinierend eingegriffen. Er engagierte sich für den Erhalt von Natur und Grünflächen – und bemühte sich um ein einheitliches Auftreten. Das begann schon beim eigens entwickelten Verkehrsschild für die Hauptverkehrsstraßen mit schwarzer Schrift auf gelbem Grund. Diese Farbkombination mussten die Schalker aushalten – und mehr noch: Sie wurde Vorlage für die Beschilderung der Bundesstraßen in ganz Deutschland.

Die Ausstellung erzählt viele solcher Geschichten anhand von Plakaten, Fotografien und Original-Exponaten. Zu ihnen zählen

  • der rekonstruierte Wanderpokal der deutschen Fußballmeister vor 1945,
  • das Laufrad einer Kreiselpumpe aus dem ehemaligen Pumpspeicher-Kraftwerk bei Herdecke,
  • der Originalvertrag der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“, der sogenannten Montanunion, der aus dem Nationalarchiv Luxemburg nach Essen ausgeliehen wurde,
  • ein grafikfähiger Mikrocomputer „Tektronix“ der TU Dortmund sowie Kabel und Datendosen der Universität Bochum aus den 1980er-Jahren – sie erinnern daran, dass im Revier „das Internet in Deutschland zu laufen begann“, wie es im Museum heißt,
  • ein Kostüm aus dem Musicaltheater „Starlight Express“.

„Preußens Wilder Westen“

Der Besucher durchläuft im Treppenhaus die Vorgeschichte des Ruhrreviers, das im 19. Jahrhundert als „Preußens Wilder Westen“ galt. Die eigentliche Ausstellung blickt in sieben großen Kapiteln auf Politik, Industrie, Verwaltung, Infrastruktur, Verkehr, Sport- und Großveranstaltungen sowie auf Kultur und Wissenschaft.

Zu sehen ist das alles im Ruhrmuseum auf der Zeche Zollverein, die selbst das größte Ausstellungsstück ist. Der auf rund 100 ha Gelände errichtete Industriekomplex mit seinem markanten Fördergerüst, dem „Doppelbock“, steht als Industriedenkmal längst unter Denkmalschutz und ist seit fast 20 Jahren UNESCO-Weltkulturerbe.


"Hömma, hier musse lang"

Ort: Die Sonderausstellung „100 Jahre Ruhrgebiet – die andere Me­tropole“ ist bis zum 9. Mai kommenden Jahres zu sehen im Ruhrmuseum auf der Zeche Zollverein in Essen, Gelsenkirchener Straße 181.
Öffnungszeiten: Täglich, auch montags (!), von 10 bis 18 Uhr.
Eintritt: Erwachsene 7 €, ermäßigt 4 €, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schüler und Studenten frei.
Katalog: Der Begleitkatalog mit 304 Seiten und 300 Abbildungen (Klartext-Verlag Essen) kostet 29, 95 €.
Weitere Informationen: Tel. (02 01) 24 68 14 44.

www.ruhrmuseum.de

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von Text und Foto: Strotdrees