Wer pflegebedürftig ist, hat ein Recht auf Leistungen aus der Pflegeversicherung und muss diese bei seiner Pflegekasse beantragen. Der Antrag muss vom Antragsteller aufgefüllt – eventuell mit Unterstützung der Angehörigen, Pflegeberatung oder Pflegedienst – und zur Kasse zurückgeschickt werden.
Unter Pflegebedürftigkeit wird laut SGB XI verstanden, dass ein Mensch körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder medizinische Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder durchführen kann und deshalb auf die Hilfe anderer Personen zurückgreifen muss. Pflegebedürftig bedeutet also nicht wie schwer jemand erkrankt ist, sondern wie stark die Betroffenen in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sind.
Auf ein Wort
Bei geistigen, also kognitiven, Einschränkungen, sollte beim Begutachtungstermin möglichst immer eine Person, die die Pflege im überwiegenden Teil des Alltags übernimmt, anwesend sein. Dies hilft bei eventuellen Fragestellungen des Medizinischen Dienstes (MD) und schafft Vertrauen für den Betroffenen.
Der MD kann Menschen gut einschätzen. Dennoch ist die Begutachtung eine Momentaufnahme und potenziell pflegebedürftige Personen entwickeln während der Begutachtung mitunter ungeahnte Fähigkeiten. Sollten mehr Beeinträchtigungen vorhanden sein als der MD an dem Tag vorfindet, sollten Angehörige diese im Gespräch erläutern.
Geht es um intime Details, bitten Sie darum das Gespräch, wenn möglich, allein zu führen. Pflegende Angehörige sollten sich nicht scheuen zu sagen, wie der Alltag aussieht.
Festgestellt wird eine Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst (MD). Dieser meldet sich vorab zu einem Begutachtungstermin schriftlich an. Im Rahmen der Begutachtung wird festgestellt, welche Tätigkeiten noch eigenständig durchgeführt werden können und in welchen Bereichen Unterstützung notwendig ist. Außerdem wir beurteilt, inwiefern der Alltag selbstständig bewältigt werden kann. Im Einzelnen betrifft das die Bereiche:
- Mobilität;
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten;
- Verhaltensweisen und physische Problemlagen;
- Selbstversorgung;
- die Bewältigung von sowie der selbstständige Umgang mit Krankheit und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie
- die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.
Eine Beeinträchtigung muss dauerhaft sein, was bedeutet, dass sie mindestens sechs Monate vorliegen muss.
Pflegegrade 1 bis 5 sind möglich
Je nach Schwere der Beeinträchtigung in den jeweiligen Bereichen wird ein sogenannter Pflegegrad zugeordnet. Diese Pflegegrade sind von Pflegegrad 1 bis Pflegegrad 5 möglich.
Je größer die Beeinträchtigungen sind, umso höher ist der Pflegegrad und umso höher sind die Leistungen, die Sie gegenüber der Pflegeversicherung geltend machen können.
Erst ab Pflegegrad 2 besteht ein Anspruch auf alle Leistungen der Pflegeversicherung. Bei Menschen mit Pflegegrad 1 steht der Erhalt der Selbstständigkeit und die Vermeidung schwerer Pflegebedürftigkeit im Vordergrund.
Der Medizinische Dienst kommt
Ob ein Begutachtungstermin des Medizinischen Dienstes (MD) in der Häuslichkeit durchgeführt wird oder ob eine telefonische Begutachtung stattfindet, hängt vom Infektionsgeschehen mit Corona und der jeweiligen Pflegekasse ab.
Sie sollten dennoch, wenn möglich vor Ort eine Maske tragen und die AHA Regeln einhalten. Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor:
- Haben Sie Unterlagen wie das Medikamentenblatt sowie medizinische Daten mit den vorhandenen Diagnosen von Ihrem Hausarzt sowie Arztbriefe etwa von Fachärzten und – wenn vorhanden – vom Krankenhaus parat.
- Kommt bereits ein Pflegedienst zur Versorgung, sind alle pflegerelevanten Daten in der Dokumentation vorhanden und sollten vorgezeigt werden.
- Die Fragen des MD beziehen sich auf die sechs bereits genannten Bereiche. Antworten Sie wahrheitsgemäß.
- Körperliche Untersuchungen werden durch den MD durchgeführt, sofern der Antragsteller dem zustimmt. Bitten Sie in dem Gespräch um die Zusendung des Gutachtens.
- Prüfen Sie das Gutachten. Finden Sie alle angesprochenen Themen dort wieder?
- Wurde im Gutachten etwas nicht berücksichtigt, gehen Sie in den Widerspruch. Hierbei kann die Pflegeberatung, die Pflegekasse, aber auch ein Pflegedienst, unterstützen.
- Es kann sein, dass der MD beispielsweise empfiehlt ein Hausnotrufgerät anzuschaffen, Rehabilitationsmaßnahmen durchzuführen oder ähnliches. Es ist sinnvoll diese Maßnahmen umzusetzen.
- Wurde Ihnen kein Pflegegrad zugesprochen und das Gutachten ist korrekt, können Sie nach sechs Monaten erneut einen Antrag stellen. Sollte sich der Zustand bis dahin dramatisch verändert haben, nehmen Sie vorher Kontakt zu Ihrer Pflegekasse auf.
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