Mit in die Bewegung gehen

Beim Aufstehen und Zubettgehen helfen, beim Gang zur Toilette zu Hilfe kommen oder beim Essen zur Seite stehen – auf Dauer zahlt so mancher Pflegende diese körperliche Unterstützung mit gesundheitlichen Beschwerden wie Rückenschmerzen und Verspannungen. Das ist die eine Seite, die der Pflegealltag mit sich bringt.

Häufig zu viel abgenommen
Die andere ist, dass Pflegebedürftigen häufig zu viel abgenommen wird. Damit es schneller geht, wird zum Beispiel der Angehörige gefüttert, anstatt ihm beim Selbstessen das Besteck zu führen.

Pflegebedürftige werden immer abhängiger
Das bleibt auf Dauer nicht ohne Folgen: Der pflegebedürftige Mensch traut sich selbst immer weniger zu und wird körperlich immer inaktiver. Eine Spirale, die den Pflegebedürftigen in immer größere Abhängigkeit bringt und dem Pflegenden immer mehr abverlangt, setzt sich in Gang. Annette Zumdick aus Ahaus im Kreis Borken bietet speziell für pflegende Angehörige Kinaesthetics- Schulungen an, in denen Pflegende lernen, diesen Kreislauf zu unterbrechen.

Tragischer Verkehrsunfall
Gudrun Fürst-Janning aus Nienborg bei Ahaus hat bereits mehrere Schulungen mitgemacht. Ihr ältester Sohn Kai ist seit einem tragischen Verkehrsunfall vor sieben Jahren schwerst mehrfach behindert. Nach langen Krankenhausaufenthalten und einer Zeit in einem Pflegeheim gab seine Mutter Gudrun Fürst-Janning ihren Beruf als Chefsekretärin auf und nahm ihn zu sich nach Hause. Seitdem pflegt sie den 35-jährigen Sohn ohne professionelle Hilfe rund um die Uhr.

Viele Therapien genossen
An Therapien hat Kai vieles genossen, doch diese Therapien sind oft nur passiv. „Er wird durchbewegt“, beschreibt seine Mutter. Es erfordert viel Kraft, wenn Ehemann Willi Janning und sie ihren 1,90 m großen Sohn, der weder sprechen noch allein sitzen kann, pflegen.

Kinaesthetics- Kurs für pflegende Angehörige
Doch seit Gudrun Fürst-Janning und ihr Ehemann den Kinaesthetics- Kurs für pflegende Angehörige im St. Marien-Krankenhaus in Ahaus besucht haben, wissen sie nicht nur, wie sie bei der Pflege ihre Gesundheit schonen können. Sie haben auch gelernt, Kai so in seinen Bewegungen zu unterstützen, dass dieser sich selbst mehr und gezielter bewegen kann. „Kinaesthetics hilft ihm, seine Ressourcen zu nutzen und sich selbst zu bewegen. Wir schonen unseren Rücken und Kai hat Spaß, dass er uns in seinem Rahmen helfen kann“, resümiert Gudrun Fürst- Janning. Gerlinde Lütke Hockenbeck

Mehr zu Kinaesthetics erfahren Sie im aktuellen Wochenblatt Folge 38/10 auf Seite 101.