Wegwarte, Wilde Möhre und Natternkopf: Das sind Pflanzen vom Feldrain, die vielen Insekten Nahrung bieten. Sie werden in Höxters Botanischem Garten mit typischen Stauden aus dem Bauerngarten verglichen. Das 4 ha große Gelände ist weit mehr als eine außergewöhnliche Pflanzensammlung oder ein schönes Ausflugsziel. Der Botanische Garten dient vor allem als Lehrpark für die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe mit ihrem Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltplanung. Auch Ute Aland nutzt die Versuchsflächen. Die gelernte Baumschulgärtnerin und Landschaftsarchitektin ist Dozentin für Pflanzenverwendung und Hausgartenplanung und technische Leiterin des Botanischen Gartens. Für ihre Doktorarbeit kombiniert sie Wild- und Gartenpflanzen, um zu testen, ob sie extremen Standortbedingungen standhalten, Insekten nähren und dabei auch noch ansehnlich sind. Ihr Ziel ist es, ökologisch hochwertige und zugleich gut zu pflegende Alternativen zu Schottergärten anzubieten.
Stauden im Härtetest
Im Frühjahr 2021 legte die Wissenschaftlerin los und magerte als erstes den Boden ab. Er besteht aus einer Mischung von Sand und Kies mit wenig oder gar keinem Humusanteil und liegt in voller Sonne. Eine Deckschicht aus Kies oder Schotter soll die Feuchtigkeit im Boden halten und Unkraut unterdrücken. Das sind Bedingungen, wie sie zum Beispiel auch auf einem Verkehrsinseln herrschen. Die Pflanzen müssen Wassermangel und volle Sonne ertragen können und fast ohne Pflegemaßnahmen auskommen. Ute Aland wählte einheimische Pflanzen aus, die von Natur aus solche heißen und trockenen Standorte besiedeln. Diese kombinierte sie mit gärtnerisch wertvollen Arten, um dem Beet mehr Struktur und Farbkraft zu geben. Denn die Staudenmischungen sollen Insekten und Menschen gleichermaßen gefallen.
Schmeckt rosa Schafgarbe?
Über zwei Jahre beobachtet die Wissenschaftlerin, wie sich ihre Staudenmischungen entwickeln. Die Frage ist, wie die ausgewählten Pflanzen miteinander harmonieren und welche Insekten auf welchen Pflanzen Nektar oder Pollen holen. Ein Forschungsschwerpunkt: Werden nicht heimische Pflanzenarten von Insekten genutzt? Fliegen Wildbienen und Schmetterlinge zum Beispiel Gartenblumen wie die Ringelblume oder die Hohe Fetthenne genauso eifrig an wie die heimische Wegwarte oder die Wilde Möhre? Oder sind gezüchtete Sorten von heimischen Stauden, die von Gärtnern wegen ihres Zierwertes geschätzt werden, bei den Insekten weniger beliebt als die Ursprunsgsarten?
Später sollen die Staudenmischungen an Standorten in ganz Deutschland ausgepflanzt werden. Dabei erhält Ute Aland Unterstützung vom „Arbeitskreis Staudenverwendung“. Darin sind Gärtner und Botaniker aus Versuchs- und Schaugärten zusammengeschlossen. Sie testen für den Arbeitskreis, wie sich bestimmte Pflanzen unter den klimatischen Bedingungen ihrer Region entwickeln.
Am Ende der Forschung sollen gärtnerische Empfehlungen für gute Pflanzenkombinationen stehen. Solche Staudenmischungen gibt es schon für viele Zwecke. Gartenplaner nutzen diese Empfehlungen für ihre Arbeit.
Wohnung für die Brut
Nahrungspflanzen anzubieten ist allerdings nur ein Teil des Insektenschutzes. Wichtig sind auch Nistmöglichkeiten, in denen die Insekten ihre Brut heranziehen können. Etwa 40% der Wildbienenarten baut Nisthöhlen in unbewachsenem, lehmig-sandigem Boden. Solche Stellen müssen in der Nähe der Nahrungspflanzen zugelassen werden, denn viele Wildbienenarten fliegen nur wenige hundert Meter weit. Andere Arten bevorzugen Mauerritzen, hohle Stängel oder Löcher in totem Holz. Das Insektenhotel kann, richtig gebaut, solche Nistplätze anbieten, ist aber immer nur ein Ersatz für Steinmauern mit Lehmfugen, Holzpfosten oder Brombeerranken.
Tipps für Besucher
Der Botanische Garten Höxter ist eine Einrichtung der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. In ihm lernen die Studierenden der Landschaftsarchitektur und Umweltplanung Pflanzen und praktische Grundlagen der Pflanzenverwendung kennen. Hier forschen Professorinnen und Professoren. Zugleich ist der Botanische Garten offen für erholungsuchende und pflanzeninteressierte Besucher. Das 4,6 ha große Gelände ist ganzjährig kostenlos von 8 bis 19 Uhr geöffnet. Der Garten hat mehrere Eingänge; die Anschrift lautet: An der Wilhelmshöhe 44, 37671 Höxter.
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