Wochenblatt-Leser Heribert V. fragt: Auf meinen Flächen ist Wildschaden entstanden. Nun soll ich die Kosten für den Wildschadenschätzer zu 50 % tragen. Ist das so richtig?
Jürgen Reh, Rechtsanwalt, VJE, antwortet: Rechtslage: Das Landesjagdgesetz NRW (LJG NRW) sieht in Wild- und Jagdschadenssachen die Durchführung eines behördlichen Vorverfahrens vor. Zuständig ist grundsätzlich die Gemeinde (Ordnungsamt), in deren Gebiet die geschädigte Fläche liegt. In NRW endet das Vorverfahren entweder dadurch, dass Geschädigter und Ersatzpflichtiger sich über den zu leistenden Schadenersatz gütlich einigen oder durch die schriftliche Mitteilung der Gemeinde, dass das Vorverfahren ohne gütliche Einigung gescheitert ist. Dann ist für den Geschädigten Eile geboten, da er seinen Ersatzanspruch nur noch binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei Gericht geltend machen kann.
Gemäß § 40 Abs. III S 2 LJG NRW ist der Gemeinde für die Verteilung der Kosten ein Entscheidungsspielraum eingeräumt worden. Denn die Kostenverteilung erfolgt nach sogenanntem billigem Ermessen.
Gütliche Einigung
Haben sich die Parteien im Rahmen einer gütlichen Einigung nicht zugleich auch über die Kostenverteilung geeinigt oder ist das Verfahren gescheitert, können im Rahmen der Ermessensausübung der Gemeinde durchaus auch Kosten an den Geschädigten weitergegeben werden. Selbst dann, wenn ersichtlich ein Wildschaden vorliegt. Denn in NRW muss der Geschädigte nicht zwingend Angaben zur Höhe des Wildschadens machen, sodass für die Behörde häufig dieser Anhaltspunkt fehlt, um etwa die Kostenverteilung nach der Höhe des anteiligen Obsiegens oder Unterliegens mit Blick auf die ursprüngliche Forderungshöhe vorzunehmen.
Macht der Geschädigte hierzu allerdings konkrete Angaben, die sich im Verfahren als zutreffend erweisen, kann dies bei der Ermessensausübung durchaus Berücksichtigung finden und zur vollständigen Kostenlast beim Ersatzverpflichteten führen.
Gericht bestätigt: Das Verwaltungsgericht Minden hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 ausdrücklich bestätigt, dass die hälftige Kostenverteilung im Rahmen der Ermessensausübung zulässig ist. In dem Rechtstreit hatten sich die Parteien zwar über den Wildschaden geeinigt, nicht jedoch über die Kosten des Vorverfahrens. Auch hatte der Kläger keine Angaben zur Schadenshöhe gemacht (VG Minden, Urteil vom 31. August 2015, Az. 8 K 1464/14).
Wird im Übrigen ein Wildschadenersatzanspruch vor dem zuständigen Amtsgericht geltend gemacht, sind die Kosten des Vorverfahrens Bestandteil der gerichtlichen Kostenentscheidung. Eine zuvor ergangene nachteilige Kostenverteilung kann hier folglich durch das Gericht wieder beseitigt werden. Ist hingegen im behördlichen Vorverfahren eine gütliche Einigung über den Wildschadenersatz, nicht jedoch über die Verfahrenskosten erfolgt, muss gegen den dann isoliert anzufechtenden Kostenbescheid ausnahmsweise der Weg zum Verwaltungsgericht beschritten werden. Allerdings unterliegt die Ermessensausübung nur einer eingeschränkten richterlichen Kontrolle, sodass es häufig keinen Sinn ergeben wird, gegen den Kostenbescheid vorzugehen.
Jagdpachtvertrag: In Jagdpachtverträgen ist mitunter ausdrücklich geregelt, dass der Pächter die Kosten des Vorverfahrens zu tragen hat. Auch dies kann Einfluss auf die Ermessensausübung haben.
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(Folge 46-2023)