Wochenblatt-Leser Hubert M. in B. fragt: Im Landpachtvertrag zwischen Pächter und Verpächter wurde vereinbart: „Der Verpächter (= Grundstücks-eigentümer) haftet in keinem Fall für irgendwelche Wildschäden.“ Jetzt hat der Landpächter Wildschaden angemeldet. Aktuell ist der Jagdpächter gleichzeitig auch der Landverpächter. Ließe sich aus der oben genannten Formulierung herleiten, dass der Landpächter auch gegenüber dem Jagdpächter auf den Ausgleich irgendwelcher Wildschäden verzichtet?
Dr. Susanne Selter, Rechtsanwältin, JFM, Bochum, nimmt Stellung: Als Schuldnerin des Wildschadenersatzanspruchs sieht das Bundesjagdgesetz in § 29 Absatz 1 Satz 1 die Jagdgenossenschaft vor. In der Praxis wird die Haftung für Wildschäden jedoch meistens vertraglich dem Jagdpächter übertragen. Hat der Jagdpächter die Wildschadenshaftung im Jagdpachtvertrag übernommen, hat er nicht nur im Innenverhältnis zur Jagdgenossenschaft, sondern auch im Außenverhältnis zum Geschädigten den Schaden allein zu tragen.
Widersprüchliche Verträge
Wenn jemand Land verpachtet und im Landpachtvertrag seine Schadenersatzpflicht für auf der verpachteten Fläche entstehende Wildschäden ausschließt, aber einen Jagdpachtvertrag mit der Jagdgenossenschaft abschließt, in dem er die Wildschadenersatzpflicht unbeschränkt übernimmt (wobei er auch selbst Jagdgenosse ist), verhält er sich ersichtlich widersprüchlich.
Naheliegend stellt sich dann die Frage: Haftet der Jagdpächter, wie er es der Jagdgenossenschaft im Jagdvertrag zugesagt hat, für den geltend gemachten Wildschaden oder haftet er nicht, weil er seine Haftung gegenüber dem Anspruchsteller im Landpachtvertrag ausgeschlossen hat?
Jagdpachtvertrag gilt
Einer richtigen Antwort wird man sich durch Nachsinnen darüber annähern können, ob denn jemand anderes den Wildschaden auszugleichen hat, wenn es der Jagdpächter nicht muss. Nachdem gesetzliche Schuldnerin die Jagdgenossenschaft ist, ließe sich an diese denken. Wir sehen es aber so, dass die Jagdgenossenschaft letztlich nicht haftet und der Jagdpächter den Wildschaden ersetzen muss, auch wenn er im Landpachtvertrag seine Einstandspflicht auszuschließen vermochte.
Denn immerhin hat er sich im Jagdpachtvertrag gegenüber der Jagdgenossenschaft, die die Vereinbarungen des Landpachtvertrages nicht gegen sich gelten lassen muss, zur Begleichung von Wildschäden verpflichtet. Soweit der Jagdpächter den Wildschadenersatz im Jagdpachtvertrag zugesagt hat, kommt die Jagdgenossenschaft auch nicht als Ersatzschuldnerin des geschädigten Landpächters in Betracht.
Kurzum heißt das: Wenn der Bewirtschafter der vom Wildschaden betroffenen Fläche den Grundeigentümer nicht aus dem Landpachtvertrag in Anspruch nehmen kann und ihn deshalb als Jagdpächter in Anspruch nimmt, dann sind für die Einstandspflicht des Jagdpächters natürlich die im betroffenen Vertragsverhältnis mit der Jagdgenossenschaft als Vertragspartnerin vereinbarten Gegebenheiten maßgeblich. Wenn dort der Wildschadenersatz dem Jagdpächter übertragen wurde, ist er es, der dem Landpächter verpflichtet ist.
Vertragstext entscheidend
Um seiner Haftung zu begegnen, hätte der Landverpächter/Jagdpächter folgenden Passus in den Landpachtvertrag aufnehmen müssen: „Der Pächter verzichtet gegenüber dem Verpächter sowohl in dessen Eigenschaft als Verpächter als auch als Jagdpächter auf die Geltendmachung von auf der Pachtfläche entstandenen Wildschäden.“
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(Folge 30-2023)