Wochenblatt-Leser Martin R. in O. fragt: An unser Jagdrevier grenzt ein etwa 60 ha großer Pirschbezirk. Jetzt ist es strittig, welchen Zufahrtsweg der Erlaubnisscheininhaber zu seinem Pirschbezirk benutzen darf. Von unseren Jagdpächtern wurde der kürzeste Weg von der Landstraße zum Pirschbezirk angeboten. Der Erlaubnisscheininhaber nutzt jedoch einen anderen Weg, wobei er an einem Hochsitz vorbeifährt und es mehrfach zu einer Störung der Jagdausübung gekommen ist. Wie ist die Rechtslage?
Jürgen Reh, Rechtsanwalt, VJE - Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in Westfalen-Lippe e. V., nimmt Stellung: Durch den Jagdpachtvertrag erlangt ein Jagdpächter das Jagdausübungsrecht. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes absolutes Recht. Das bedeutet, dass er dieses Recht nicht nur im Verhältnis zum Verpächter geltend machen kann, sondern gegenüber jedermann.
Jagdstörungen beeinträchtigen das Jagdausübungsrecht. Daher kann sich ein Jagdpächter gegen diese wehren, indem er den zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch geltend macht. Besteht eine Wiederholungsgefahr, kann dies auch vorbeugend geschehen, damit zukünftige Jagdstörungen unterbunden werden.
Keine vollkommen störungsfreie Jagdausübung
Nicht jede Störung der Jagdausübung begründet allerdings sogleich einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch. Denn ein Jagdausübungsberechtigter hat keinen Anspruch auf eine gänzlich störungsfreie Jagdausübung. So muss er Störungen dulden, die von der bestimmungsgemäßen sonstigen Nutzung des Jagdbezirks ausgehen. Ist zum Beispiel das Befahren eines im Jagdbezirk gelegenen Feldweges mittels Verkehrszeichen für den land- und forstwirtschaftlichen Verkehr freigegeben, darf dieser Weg auch als Zuwegung zur Jagdausübung in einem anderen Revier benutzt werden und sei es auch nur als bloße Durchfahrt (Amtsgericht Wolfhagen, Urteil vom 27. September 2004 – 2 C 329/04).
Jagderfolg erheblich beeeinträchtigt?
Gelingt allerdings der Beweis dafür, dass die Beeinträchtigungen für die Jagdausübung doch erheblich sind und besteht die Möglichkeit, einen anderen Weg zu nehmen, kann im konkreten Einzelfall die gerichtliche Beurteilung auch anders ausfallen. Hier dürfte es wohl insbesondere darauf ankommen, wie oft solche Störungen auftreten und ob diese nachweislich den Jagderfolg an dieser Stelle erheblich beeinträchtigen. Ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Durchfahren sogar beabsichtigt ist, die Jagdausübung des Jagdnachbarn zu stören, würde es sich um eine Ordnungswidrigkeit nach § 55 Landesjagdgesetz NRW handeln, die bei der Unteren Jagdbehörde zur Anzeige gebracht werden kann.
Das Gespräch suchen
Augenscheinlich handelt es sich hier um einen Erlaubnisscheininhaber, der die Jagd in einem kleinen Pirschbezirk von 60 ha ausübt. Ist die Person weiterhin nicht einsichtig, sollte das Gespräch mit dem Eigenjagdbesitzer gesucht werden, der den Pirschbezirk vergeben hat, damit dieser gegebenenfalls auf seinen Erlaubnisscheininhaber einwirken kann und letzterer den Frieden an der Reviergrenze beachtet.
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(Folge 29-2023)