Walter J. in F. fragt: Ich habe ein Jagdrevier gepachtet. Der Nachbarjagdpächter fährt regelmäßig durch mein Revier, obwohl das keinesfalls der kürzeste Weg ist. Neuerdings parkt er sein Auto in meinem Revier und geht dann mit der Waffe zu seinem Ansitz. Wie ist die Rechtslage?
Jürgen Reh, Rechtsanwalt, VJE, nimmt Stellung: Nach § 39 II Nr. 6 Bundesjagdgesetz stellt es lediglich einen Ordnungswidrigkeitstatbestand dar, wenn ein Jäger (unbefugt zur Jagd ausgerüstet) sich im fremden Revier außerhalb der zum „allgemeinen Gebrauch bestimmten Wege“ aufhält.
Jagdwaffe nicht schussbereit
Solange der Jäger sich auf derartig bestimmten Wegen aufhält, bestehen keine Bedenken, wenn dieser seine Jagdwaffe zugriffs- jedoch nicht schussbereit bei sich führt. Denn nach geltenden waffenrechtlichen Bestimmungen ist dies auf dem Weg zur direkten Jagdausübung auch außerhalb des eigenen Revieres zulässig und ebenso auf dem direkten Rückweg.
Für Gesellschaftsjagden gilt im Prinzip nichts anderes.
Zum allgemeinen Gebrauch bestimmt
Jäger dürfen ihr Jagdrevier auf allen „zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Wegen“ aufsuchen und wieder verlassen. Was darunter zu verstehen ist, ergibt sich nach den Bestimmungen des öffentlichen Wegerechts. Darunter fallen alle Straßen oder Fußgängerwege, die zu einem – wenn auch möglicherweise nur eingeschränkten – Allgemeingebrauch durch Widmungsakt bestimmt worden sind. Selbst Feld-, Wald- oder Wanderwege können insoweit gewidmet sein.
Die für den land- und forstwirtschaftlichen Verkehr freigegebenen Wege zählen bestimmungsgemäß auch dazu.
Handelt es sich um solche Wege, die durch Ihr Revier zum Nachbarrevier führen, so ist deren Nutzung auch für den Revierpächter des Nachbarrevieres zulässig. Dieser muss sich nicht auf einen kürzeren Weg außerhalb Ihres Revieres verweisen lassen.
Privatwege
Auch Privatwege können im Einzelfall zum allgemeinen Gebrauch bestimmt sein. Dies ist nach unserer Bewertung aber nur dann der Fall, wenn auch aus Sicht des Grundstückeigentümers der Weg – neben anderen Zweckbestimmungen – als Fußweg für die Allgemeinheit bestimmt ist.
Wegen der Gestattungstatbestände § 14 Bundeswaldgesetz und § 57 Landesnaturschutzgesetz NRW, die jeweils ein allgemeines Betretungsrecht zur Erholung beinhalten, bleibt den Wegeeigentümern in aller Regel nichts anderes übrig, als diese zusätzliche Nutzung ihrer Wege hinzunehmen.
Jägernotweg
Kommt es in der Praxis einmal vor, dass kein Zugang über zum allgemeinen Gebrauch bestimmte Wege möglich ist oder die vorhandene Zuwegung mit einem unzumutbaren Umweg verbunden wäre, kann die Festlegung eines „Jägernotweges“ nach § 27 Landesjagdgesetz NRW beantragt und notfalls sogar eingeklagt werden.
Rücksicht nehmen
Die Nutzung von Wegen im fremden Revier darf aber nicht rücksichtslos mit Blick auf die Jagdausübung erfolgen. Wenn der Jäger aus dem Nachbarrevier ständig den eigenen Ansitz stört, weil er mit dem Geländewagen in der Nacht unter dem Hochsitz herfährt, dann ist dies rücksichtslos und kann einen Unterlassungsanspruch zur Folge haben.
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(Folge 35-2023)