Die Diskussion entzündete sich an der zuletzt ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2014 (Az. 6 C 30.13). Im Gegensatz zum geschilderten Fall hatte hier der klagende Jäger deutlich mehr als 0,3 ‰ Alkohol im Blut. Er ging in diesem Zustand auch der Jagd einschließlich Schussabgabe nach. Das Bundesgericht bestätigte die Unzuverlässigkeit des Jägers und den Entzug seiner Waffen.
Missverständlich äußert sich der Senat – ob gewollt oder unabsichtlich – in dem Passus, wo er ausführt: „Vorsichtig und sachgemäß geht mit Schusswaffen nur um, wer sie in nüchternem Zustand gebraucht und so sicher sein kann, keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zu erleiden, die zu Gefährdungen Dritter führen können.“
Bei der vom Kläger konsumierten Alkoholmenge waren solche Ausfallerscheinungen nicht sicher ausgeschlossen. Seine Reaktionsgeschwindigkeit und seine Wahrnehmungsfähigkeit waren vermindert. Der Kläger war somit das Risiko eingegangen, Dritte zu schädigen.
Während im Übrigen jeweils vom „Gebrauch“ der Waffen die Rede ist, wird hier der Begriff „Umgang“ genutzt und es stellt sich die Frage, ob dies lediglich umgangssprachlich oder juristisch-technisch gemeint war. In der zweiten Alternative würde dies jeden Alkoholkonsum des Waffenbesitzers ausschließen, selbst wenn er sich zu Hause befände und seine Waffen ordentlich verschlossen in seinem Waffenschrank wären. Eine solche Wertung wäre einerseits völlig praxis- und lebensfremd und begegnete verfassungsrechtlicher Bedenken.
In Ihrem Fall hat der Jäger weit weniger Alkohol konsumiert. Die Waffe war zum Zeitpunkt des Alkoholkonsums verschlossen und die Fragen der Reaktionsgeschwindigkeit, Wahrnehmungsfähigkeit und Enthemmung stellen sich hier nur am Rande. Vor diesem Hintergrund erachten wir eine Übertragung des Urteils auf Ihren Fall für nicht geboten. Würde man dies dennoch tun, wäre das Ergebnis kurios: Dem Jäger würde man Jagdschein und Waffenbesitzkarte entziehen, seinen Führerschein aber dürfte er behalten.
(Folge 46-2020)