Ein Feind der Wespen?

Im Garten des Nachbarn hatten sich im Sommer Erdwes­pen angesiedelt. Nun sind die Nester etwa 0,50 m tief ausgegraben, die Waben zerstört und auf einer Fläche von etwa 2 bis 3 m im Umkreis der Nester verteilt. Welches Tier gräbt die Nester im Boden aus?

Die beiden Wespenarten, die uns an Kaffeetafel und Grillplatz plagen, sind die Deutsche und die Gemeine Wespe. Diese beiden Arten bilden im Sommer individuenreiche Völker mit bis zu 5.000 Tieren. Die Gemeine Wespe baut ockerfarbene Papiernester, die oft unter dem Dachgebälk zu finden sind. Die grauen Nester der Deutschen Wespe sind häufiger im Boden oder bodennahen Hohlräumen zu finden. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass es sich bei der „Erdwespe“ um die Deutsche Wespe handelt. Und auch wenn es kaum zu glauben ist: Auch diese starken wehrhaften Völker haben Feinde.

Für die großen unterirdischen Nester interessieren sich eine Reihe von Tieren. Zunächst sind da der Dachs und der Waschbär zu nennen, die die Nester ausgraben und vor allem an den eiweißreichen Maden und Puppen der Wespen interessiert sind. Nachts sind die Wespen wenig wehrhaft, die Kühle der Nacht macht sie träge, und das fehlende Licht erschwert ihnen die
Orientierung. Vermutlich war einer dieser beiden Räuber der „Täter“ im Garten Ihres Nachbarn, da die Waben im weiten Umkreis verteilt sind. Frei zugängliche Waben interessieren aber auch Igel, Spitzmäuse und andere Kleinsäuger.

Doch auch Tagräuber kommen infrage. So sucht der Grünspecht seine Beute gerne in Bodennähe und ist sicher in der Lage, Wespennester auszugraben, wenn sie dicht unter der Erde angelegt sind. Und ein Greifvogel hat seinen Namen aufgrund seiner Vorliebe für Wes­pen erhalten, der Wespenbussard. Dieser Greifvogel ist etwa so groß wie ein Mäusebussard und er zeigt besondere Anpassungen an seine Beute. So ist der Schnabel wenig gekrümmt und für das Herausziehen der Maden aus den Wabenzellen ideal geformt. Kopf und Schnabel sind mit dichten und dicken Federn besetzt, die vor Stichen schützen. Ebenso sind die Nasenlöcher klein und schlitzförmig zum Schutz vor den Wespen. Die Beine sind stark behaart und die nackten Bereiche mit dicken Schuppen geschützt. Der Fuß ist an das Ausgraben der Beute besonders angepasst.

Der Wespenbussard ist nicht gefährdet. Er überwintert in Afrika und kommt erst spät im Jahr, wenn seine Beutetiere schon große Nester errichtet haben, zu uns. Dieser Spezialist ist auf das Vorkommen von Wespen in unserer Region angewiesen und freut sich – im Gegensatz zu uns Menschen – über wespenreiche Jahre.