Wochenblatt-Leserin Elke O. fragt: Unser Sportverein hat durch den Verkauf eines Grundstücks einen sechsstelligen Betrag eingenommen. Mit dem Geld wurde das Vereinsheim renoviert. Muss der Kassenwart den ordentlichen Mitgliedern die Frage nach dem Kassenstand auch zwischen den jährlich im März stattfindenden Jahreshauptversammlungen beantworten?
Hubertus Schmitte, Rechtsanwalt, WLV, antwortet: Rechtlich eindeutig zu beantworten ist, dass der Vorstand gegenüber der Mitgliederversammlung zur Auskunft über seine Geschäftsführung verpflichtet ist. Bei größeren Verbänden/Vereinen ist es sogar üblich, dass die Mitglieder vor der Versammlung eine schriftliche Vermögensrechnung erhalten. In der Versammlung erstattet in der Regel mündlich der Vorstand (meistens der Schatzmeister oder Kassenwart) einen Rechenschaftsbericht.
In der Versammlung hat jedes Mitglied ein Fragerecht, also ein Recht auf Erteilung von ergänzenden Informationen. Das betrifft alle Angelegenheiten der Geschäftsführung, zum Beispiel Abrechnungsposten, Mitgliederbestand, Zukunftsplanungen, Geschäftsverbindungen und Beteiligungen oder geplante Werbemaßnahmen.
Außerhalb der Mitgliederversammlung ist das Auskunftsrecht eingeschränkter, kann aber bestehen. Auskunft kann immer dann verlangt werden, wenn hierfür vom Mitglied ein berechtigtes Interesse dargelegt werden kann und die Abwägung zwischen den Vereinsinteressen und den Mitgliederrechten das Überwiegen der Letzteren ergibt.
Umstände des Einzelfalls entscheidend
Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Ein Verein mit einer sehr großen Mitgliederzahl würde das Personal aufstocken müssen, wenn ständig Mitgliederanfragen beantwortet werden müssten. Außerdem müssen keine Fragen beantwortet werden, die Gegenstand einer Beratung in einer bald anstehenden Mitgliederversammlung sind, insbesondere dann nicht, wenn bereits hierzu eingeladen wurde.
In Ihrem Fall wurde durch den Grundstücksverkauf ein erheblicher Erlös erzielt, mit dem das Vereinshaus renoviert wurde. Die letzte Versammlung fand offenbar im März statt, Sie möchten aber jetzt wissen, wie der Kontostand ist. Was ist der Grund dafür? Droht es, dass der Verein seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann? Wenn dem so sein könnte, halten wir eine Auskunftspflicht des Vorstandes durchaus für denkbar. Es stellt keinen großen Aufwand dar, diese Einzelfrage zu beantworten.
Wir bedauern, dass wir die Frage also nicht eindeutig mit „ja“ oder „nein“ beantworten können. In der Mitgliederversammlung (Jahreshauptversammlung) besteht eindeutig eine Auskunftspflicht, ansonsten nur ausnahmsweise. In Ihrem Fall kann das aber durchaus in Betracht kommen. Darauf sollten Sie den Vorstand hinweisen und Ihr berechtigtes Interesse begründen.
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(Folge 24-2023)