Wochenblatt-Leserin Ursula A. in T. hält auf einer gepachteten Weide seit vielen Jahren fünf Schafe. Die „Stückländerei“ lag im Dorfmittelpunkt; inzwischen weist der Flächennutzungsplan der Stadt den Dorfkern als „Allgemeines Wohngebiet“ aus. Jemand beschwerte sich wegen Lärm. Die Stadt droht ihr mit einer Untersagung der Tierhaltung. Wie kann sie diese verhindern?
Sonja Friedemann, Rechtsanwältin, WLV, nimmt Stellung: Ein allgemeines Wohngebiet entsteht erst durch die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes. Für jede Gebietsart bestimmt die Baunutzungsverordnung (BauNVO), was in dem Gebiet grundsätzlich und was ausnahmsweise zulässig ist. Ist man mit dem Bebauungsplan nicht einverstanden, kann man diesen innerhalb von zwei Jahren einer gerichtlichen Prüfung unterziehen lassen. Danach sind die Regelungen aber unangreifbar.
Grundsätzlich keine Tierhaltung in Wohngebieten
Die Vorschrift des § 4 BauNVO für allgemeine Wohngebiete sieht eine grundsätzliche Tierhaltung im Sinne von Landwirtschaft in diesen Wohngebieten nicht vor. Allgemeine Wohngebiete dienen demzufolge vorwiegend dem Wohnen und umfassen allenfalls eine freizeitgemäße Kleintierhaltung in einem den Wohnbedürfnissen entsprechenden Umfang. Zu anerkannten Wohnbedürfnissen gehört dabei, innerhalb der Wohngebäude vor Beeinträchtigungen durch Außengeräusche geschützt zu sein, und auch die für das Wohnen im Freien geeigneten und bestimmten Grundstücksflächen angemessen zu nutzen.
Störungsfreies Wohnen
Die Haltung von Kleintieren im Freien und die damit einhergehenden Geruchs- und Geräuschbelästigungen laufen dem Interesse an einem möglichst störungsfreien Wohnen eher zuwider als die Haltung von Tieren in Gebäuden. So hat das OVG Koblenz die Auffassung vertreten, dass die Haltung von mehr als 20 Hühnern mit mehr als einem Hahn den Rahmen einer für Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung sprengt. Letztendlich kommt es jedoch immer auf den Einzelfall an, insbesondere die Größe der Grundstücke und auch die Berücksichtigung einer herkömmlichen oder regionaltraditionellen Kleintierhaltung.
Wir können Ihnen deshalb nur raten, mit dem Bauordnungsamt das Gespräch zu suchen, ob es mildere Maßnahmen zum Schutz vor Belästigungen durch die Schafhaltung für die Nachbarn gibt, sodass eine Gesamtuntersagung der Tierhaltung auf der Fläche dann nicht mehr vonnöten ist.
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(Folge 39-2023)