Wochenblatt-Leser Björn L. fragt: Vor rund 20 Jahren kauften wir eine Wiese (1 ha). Nun stellt sich heraus, dass an der Grundstücksgrenze auf ca. 100 m Länge ein Stromkabel (Niederspannungskabel) liegt. Weder der Voreigentümer noch der jetzt zuständige Netzbetreiber wissen davon. Einträge im Grundbuch liegen nicht vor. Können wir eine Entschädigung und den Eintrag ins Grundbuch verlangen?
Thomas Hemmelgarn, Rechtsanwalt, WLV, antwortet: Für das örtliche Elektrizitätsnetz hat der Gesetzgeber mit der sogenannten Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) eine unentgeltliche Duldungspflicht des Grundeigentümers für den Betrieb des dazugehörigen Leitungsnetzes angeordnet. Zum örtlichen Versorgungsnetz zählt das Niederspannungsnetz (1 kV) und das Mittelspannungsnetz (1 bis 100 kV). Von der Duldungspflicht betroffen sind Anschlussnehmergrundstücke und Grundstücke, die von einem Anschlussnehmergrundstück aus bewirtschaftet werden können und sonstige Grundstücke mit wirtschaftlichem Vorteil einer Anschlussmöglichkeit.
Kein Eintrag ins Grundbuch
Da für die Verlegung der vorgenannten Leitungen eine gesetzliche Duldungspflicht besteht, bedarf es auch keiner weitergehenden vertraglichen Vereinbarung oder Sicherung im Grundbuch des jeweiligen Eigentümers durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit. Der Umstand, dass Sie das Grundstück mit der bereits verlegten Leitung erworben haben, ohne Kenntnis von dem Vorhandensein dieser Leitung zu haben, steht der gesetzlichen Duldungspflicht und damit verbundener etwaiger Einschränkungen, etwa bei Bauvorhaben nicht entgegen.
An den Netzbetreiber wenden: Soweit Sie darauf hinweisen, dass dem Netzbetreiber das Vorhandensein der Niederspannungsleitung in Ihrem Grundstück überhaupt nicht bekannt ist, sollten Sie Ihrerseits nochmals mit dem Netzbetreiber Kontakt aufnehmen, um zu klären, ob diese Leitung überhaupt noch im Betrieb ist, da Netzbetreiber durchweg über eine genaue Übersicht der in ihrem Netz vorhandenen Leitungen verfügen.
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(Folge 6-2023)