Wochenblatt-Leser Andreas G. fragt: Für meinen Ackerbaubetrieb in Hessen besteht kein öffentlicher Kanalanschluss. Das Abwasser muss in geschlossenen Sammelgruben gesammelt werden. Laut einer 50 Jahre alten Baugenehmigung war es gestattet, das häusliche Abwasser auf den Äckern zu verwerten. Ein Schriftverkehr bestätigt das. Nun weist der Kreis darauf hin, dass dies nicht mehr zulässig sei. Das Abwasser sei zwingend durch die Gemeinde kostenpflichtig zu entsorgen. Ich meine aber, dass ich eine wirksame Entbindung von dem Anschluss- und Benutzungszwang habe, die auch nicht aufgehoben ist. Wie ist die Rechtslage?
Thomas Hemmelgarn, Rechtsanwalt, WLV, antwortet: Häusliche Abwässer sind grundsätzlich der gemeindlichen Schmutzwasserkanalisation zuzuführen. Soweit diese Möglichkeit nicht besteht – welches in Ihrem Falle offensichtlich zutrifft –, kann die Pflicht zur Abwasserbeseitigung für Grundstücke außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile auf den Nutzungsberechtigten der Grundstücke übertragen werden.
Untere Wasserbehörde prüft im Einzelfall
Nach den Wassergesetzen der jeweiligen Bundesländer ist eine landbauliche Verwertung der häuslichen Abwässer auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Böden im Rahmen einer pflanzenbedarfsgerechten Düngung aber nur zulässig, wenn diese ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit im Einklang mit den wasserrechtlichen, abfallrechtlichen, boden- und immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen erfolgt. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, ist durch die zuständige Untere Wasserbehörde zu prüfen. Voraussetzung ist aber stets, dass die häuslichen Abwässer vor der Einleitung in Gülle-Jauchegruben und Aufbringung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in einer Kleinkläranlage voll biologisch zu reinigen sind. Die Anforderungen für die Errichtung und den Betrieb derartiger Kleinkläranlagen richten sich nach den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen und der jeweiligen Einzelfallgenehmigung durch die zuständige Untere Wasserbehörde.
Bestandsschutz gibt es im Wasserrecht nicht
Ein Bestandsschutz für eine in der Vergangenheit durchgeführte Abwasserbeseitigung in einer bestimmten Art und Weise gibt es im Wasserrecht nicht. Im Gegenteil sind die zuständigen Wasserbehörden nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und den jeweiligen landesrechtlichen Landeswassergesetzen verpflichtet, bei Altanlagen zur Abwasserbeseitigung die Beachtung nachträglich fortgeschriebener und gestiegener Anforderungen sicherzustellen. Fraglich ist auch – welches von hier mangels weiterer Unterlagen nicht bewertet werden kann –, ob sich aus dem von Ihnen erwähnten Schriftverkehr mit der Gemeinde tatsächlich eine wasserrechtlich relevante Genehmigung der vorhandenen Abwasserverhältnisse überhaupt ergibt. Hieraus könnten sich eventuell – formelle – Anforderungen ergeben, welche von der Unteren Wasserbehörde Ihnen gegenüber zu beachten sind. Zur Klärung könnten Sie hierzu nochmals anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.
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(Folge 36-2023)